Interview mit Prof. Dr. Kira Klenke, Expertin für Studenten-ErfolgsCoaching

nur_u1-groß_sc.klenke.02_ibKira Klenke ist Professorin an der Hochschule Hannover sowie zertifizierte NLP-Trainerin. Ziel ihres Coaching-Ratgebers „Studieren kann man lernen: Mit weniger Mühe zu mehr Erfolg“ ist es, Studierenden Mut zu machen. Sie erklärt ihren Lesern, warum Schwierigkeiten beim Lernen viel leichter durch ein Umdenken gemeistert werden können, als beispielsweise durch die Verdoppelung der bisherigen Anstrengung. Blog: www.klenkecoaching.com.

1. Frau Prof. Dr. Klenke, Sie sind als Professorin an der Hochschule Hannover tätig und engagieren sich als Coach für Studenten. Vor Kurzem haben Sie das Buch „Studieren kann man lernen: Mit weniger Mühe zu mehr Erfolg” veröffentlicht, in welchem Sie Ihren Lesern Motivationsmethoden, Lerntechniken und mentale Tricks näherbringen, die an der Hochschule sonst nicht vermittelt werden. Können Sie uns kurz etwas mehr über Ihren Hintergrund verraten?

Schon als Schülerin habe ich die Mathematik geliebt, und deshalb dann dieses Fach auch studiert. Dabei war ich dann jedoch teilweise regelrecht geschockt, was uns die Professoren zugemutet haben. Ich dachte deshalb damals: „Ich bin zu blöd, ich pack das nicht!“ und: „All die anderen sind viel schlauer und besser als ich.“ Ich persönlich habe mein Mathematik-Studium nur deshalb „überlebt“ und mit Erfolg abgeschlossen, weil ich mir irgendwann einfach meine eigenen Lernwege gesucht habe. Und auf diese Weise dann auch entdeckt: „Im Gegenteil, mir liegt das Fach, und ich bin sogar besser als manch anderer.“

Heute unterrichte ich mit großer Freude Statistik an der Hochschule Hannover. Ich erlebe jedoch dabei immer wieder, wie sich Studierende (eigentlich völlig unnötig) mit dem Fach schwer tun, weil sie (meist aus ihrer Schulzeit) falsche Überzeugungen im Hinterkopf haben. Und, weil sie nicht ahnen, zu was sie alles in der Lage wären, wenn sie zum einen mehr an ihr eigenes Potenzial glauben würden, zum anderen mehr Eigen-Initiative in ihrem Lernprozess entwickeln würden. Jeder lernt etwas anders, und deshalb kann auch nur jeder für sich selber herausfinden, wie er oder sie am leichtesten, nämlich so wie es den persönlichen Neigungen entgegen kommt, lernen kann.

2. Warum haben Sie sich dazu entschieden, über dieses Thema zu schreiben?

Ich erlebe in meinen Lehrveranstaltungen in Hannover (entgegen dem, was man öfters in der Presse liest), dass sich die Studierenden wirklich bemühen ihr Bestes zu geben. Leider haben jedoch zu wenige das Lernen an sich gelernt, geschweige denn ein strategisch geschicktes Selbstmanagement. Damit meine ich beispielsweise, dass fast keiner der Studierenden das eigene Denken und eigene automatisierte (Lern-)Angewohnheiten hin und wieder mit etwas Abstand reflektiert. Und kaum eine/r weiß, dass es möglich ist, alte Mental-Programme im Kopf „upzugraden“.

Vor einem Jahr habe ich vor der ersten Stunde meiner Einführungsvorlesung Statistik schriftlich erfragt, was und wie die Studierenden über das Fach denken. Antworten, die ich erhalten habe waren zum Beispiel: „Ich hatte schon in der Schule Probleme mit Mathe, warum sollte das jetzt anders sein?“ oder „Wahrscheinlich kapiere ich sowieso wieder nichts.“

Es ist schier unmöglich, dass jemand, der/die so denkt, mit Erfolg oder gar Spaß an der Sache lernt. Dabei bin ich – basierend auf meiner jahrzehntelangen Erfahrung als Professorin – der festen Überzeugung: Jeder und jede, der oder die es geschafft hat bis zur Immatrikulation an einer Hochschule zu kommen, verfügt zweifelsfrei über ausreichend Intelligenz und auch die Ausdauer, um sein Studium auch mit Erfolg abzuschließen.

3. In Ihrem Buch beschreiben Sie verschiedene Techniken, um effektiver zu lernen. Können Sie uns ein paar Beispiele nennen?

Ich empfehle im Buch unter anderen das Kreative Schreiben fürs Studium, eine Methode, mit der man auch ohne große Übung schnell gute Erfolge erzielen kann: Zwei amerikanische Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass Studierende ihre Prüfungsängste loswerden und die Klausur-Note signifikant allein dadurch verbessern können, wenn sie direkt vor Beginn der Prüfung für etwa 10 Minuten alle ihre Sorgen und Bedenken in Bezug auf die Prüfung spontan und unsortiert zu Papier bringen.

Mit der Methode des sog. Success-Cube (zu dt. Erfolgswürfel), die im Buch detailliert erklärt wird, lässt sich mental der innere Erfolgsraum verändern und vergrößern. Dann, das haben mir Studierenden mehrfach bestätigt, lässt auch der äußere Erfolg nicht mehr lange auf sich warten.
Und, ich kann nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, sich selber eigene Lernziele zu setzen, anstatt nur ständig auf den Druck von außen zu reagieren. Eigene Ziele sind enorm wichtig, jedoch habe ich in Erfolgsworkshops mit Studierenden auch gemerkt, dass das Zielesetzen Übung erfordert und erst erlernt werden muss. Was alles dabei zu beachten ist, wird auch im Buch detailliert ausgeführt.

Um dann auch mit Ausdauer am Ball zu bleiben, kann man einen sogenannten Mindmovie nutzen. Das ist ein kleines, fürs eigene Ziel maßgeschneidertes Video mit aufmunternden Texten, inspirierenden Bildern und Musik. Im Buch wird auch ganz praktisch erklärt, wie man so einen Mindmovie technisch realisieren kann. Zwei solcher Beispielfilme finden Sie unter www.klenkecoaching.com/2011/10/18/studieren-lernen und www.klenkecoaching.com/2011/12/22/mindmovie-fur-erfolg-im-studium-teil-3.

Viel zu wenige Studierende wissen, dass es möglich ist, alte Mental-Programme im Kopf (meist stammen die noch aus der Schulzeit) „upzugraden“. Es ist möglich, alte Glaubenssätze wie den schon oben zitierten: „Ich hatte schon in der Schule Probleme mit Mathe, warum sollte das jetzt anders sein?“ loszuwerden und durch Konstruktiveres zu ersetzen, wie zum Beispiel „In mir steckt mehr!“ oder „Ich erreiche alles, was ich mir vorgenommen habe.“ Dem Thema „Arbeit an und Veränderung von Glaubenssätzen“ habe ich in meinem Studenten-Ratgeber ein ganzes Kapitel gewidmet.

4. Als Professorin haben Sie viele Jahre Lehrerfahrung. Was würden Sie Studierenden empfehlen, um ihr volles Potenzial zu entfalten?

Viele Studierende verdoppeln leider lediglich ihre bisherige Anstrengung, wenn sie mal durch eine Prüfung gefallen sind. Sie tun dann unter großer Anstrengung noch mehr von dem, was ihnen schon vorher nicht geholfen hatte. Dabei ist es gerade dann, wenn es mal zäh wird im Studium oder schwierig, höchste Zeit etwas zu verändern. Schon mit kleinen, auf den ersten Blick unscheinbaren Veränderungen lassen sich oft weitreichende Effekte erzeugen: Suchen Sie sich einen anderen Sitzplatz im Hörsaal oder besuchen Sie Ihren Prof mal in der Sprechstunde, stellen Sie Fragen in der Vorlesung oder Übung, räumen Sie Ihren Schreibtisch auf, nehmen Sie sich Wasser mit zum Lernen, surfen Sie konsequent immer erst nach 20 Uhr im Web, stehen Sie 30 Minuten früher auf, lernen Sie in der Bibliothek oder besorgen Sie sich ein anderes Lehrbuch.

Ansonsten empfehle ich gerne den Trick „Fake it ‚til you make it!“ (auf Deutsch: „Tu einfach so als ob, solange bis es wirklich klappt!“). Versuchen Sie mal, sich in der Vorlesung, der Übung oder in Ihrer Lerngruppe so zu verhalten, als seien Sie extrovertiert. Diskutieren Sie mit, haken Sie nach, stellen Sie Fragen, fassen Sie die Ergebnisse für alle zusammen. Und tun Sie das, obwohl Ihnen eigentlich gar nicht danach ist. Sie werden staunen. Schlagen Sie mal ein Lehrbuch so auf wie jemand, der alles immer beim ersten Mal direkt versteht. Sie werden merken, schon Ihre Körperhaltung ist eine andere und Ihre Stimmung auch! Und auch, wie Sie lesen und was Sie verstehen, wird sich dann verändern. Probieren Sie es bitte mal aus – verlieren können Sie dabei nichts, nur gewinnen.

5. Wie schätzen Sie den Einfluss neuer Lerntechnologien wie ExamTime ein und wie könnten Studierende davon profitieren?

Im Internet gibt es viele tolle Tools, die die meisten Studierenden nicht kennen. Dabei hinkt der deutsche Sprachraum dem englischen derzeit noch hinterher. Insbesondere wer Englisch kann, kann im Web etliche Angebote zur Lernunterstützung entdecken. Ich selber habe – während ich an meinem Coaching-Ratgeber geschrieben habe – die kostenlose Online-Software „habbit forge“ (zu dt. Gewohnheits-Schmiede, URL: http://www.habitforge.com) ausprobiert: Täglich wurde ich per e-Mail angefragt und musste abhaken, ob ich tatsächlich wie geplant für die vorher festgesetzte Zeit am Buch weiter geschrieben hatte. In regelmäßigen Abständen bekam ich von habit forge auch Erinnerungsmails, warum mir dieses Schreibprojekt so wichtig war (das hatte ich vorher selber auf der Plattform definiert). Und ebenso auch gelegentlich Mails, was es mich „kostet“, wenn ich schludere (auch das hatte ich vorher selber beschrieben). Man kann dort sogar für den Fall, dass man länger nicht so wie geplant am Projekt weiter gearbeitet hat, Straf-Zahlungen (in Form von Spendenbeträgen) selber vorher festsetzen.

Dies ist nur ein Beispiel, es gibt viele weitere englische Webseiten, die Ähnliches anbieten. Auf Deutsch habe ich so etwas noch nicht entdeckt, vielleicht wäre das ja eine neue Idee für ExamTime?

6. ExamTime bietet verschiedene Online-Lerntools wie Mindmaps, Karteikarten und interaktive Notizen an. Welches ist Ihr Favorit zum Lernen? Warum?

Mein persönlicher Favorit aus diesem Angebot sind die Karteikarten. Ich selber habe als Schülerin mit einer Lernkartei (damals noch mit einem kleinen physischen Karteikasten) Vokabeln und Grammatikregeln gelernt. Es gab mir ein gutes Gefühl der Sicherheit, als ich viele der Fragen täglich leichter beantworten konnte, und dass der Stapel der für mich schwierigen Fragen allmählich immer mehr schrumpfte.
Derzeit erlebt diese Methodik ja aufgrund der neuen elektronischen Möglichkeiten ein Comeback. Ich erlebe aber, dass meine Studierenden sich dem Tool nur zögerlich nähern. Deshalb habe ich das Erstellen von Lernkarteikarten gerade dieses Semester zum Inhalt einer Hausarbeit gemacht und bin gespannt, was dabei herauskommen wird.

7. Online Lernplattformen stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Welche Herausforderungen sehen Sie hier?

Es wird vermutlich noch eine Weile dauern, bis die Akzeptanz steigt. Sowohl die Lernenden als auch die Lehrenden müssen bereit sein, diesen neuen Lern- (und Lehr-)Möglichkeiten echt eine Chance geben, sie müssen sie vor allem erst einmal auszuprobieren.

8. Zum Abschluss: Wie denken Sie werden Technologien das Bildungssystem in der Zukunft beeinflussen?

Ich habe vor Kurzem damit begonnen, Lese-Events zu meinem Coaching-Ratgeber für Studierende in Form von Webinaren anzubieten. Diese Technik birgt (zumindest für mich als Webinar-Anfängerin) auch so ihre Tücken, denn neben fachlichen Inhalten, die zu transportieren sind, und der Interaktion mit den Teilnehmern, kamen für mich kleinere technische Herausforderungen (wie: mein Ton war plötzlich weg) erschwerend dazu. Da braucht man gute Nerven, finde ich. Andererseits ist durch neue Webinar-Software mit Abfrage-Tools und Chat-Kästen eine echte, lebhafte Interaktion und ein tatsächlicher, inhaltlicher Austausch mit den Teilnehmenden erstaunlich gut möglich. Und, weder ich noch meine Leser und Leserinnen müssen reisen, damit wir uns live zu begegnen. Gerade diese Technik birgt noch viel Potenzial, da bin ich mir ganz sicher.

ExamTime dankt Prof. Dr. Kira Klenke für das Interview

GoConqr

Über den GoConqr Blog

GoConqr ist eine kostenlose Webseite zum Erstellen, Teilen und Entdecken von Lernhilfen. Klick hier und erstell jetzt deine eigenen Mindmaps, Karteikarten, Lernquizzes, Notizen und Folien.