Zusammenfassung der Ressource
"Von der sozialen Frage zum Sozialstaat -
Eine Geschichte der Sozialen Sicherheit"
(1880-1980)
- 1880 - 1900
- SOZIALE FRAGE
- Ursachen: Industrialisierung, Wachstum der
Städte und allgemeine Bevölkerungszunahme
> Neue Formen der Armut und soziale
Notlagen. Diese gelten in den Augen der
Zeitgenossen als besonders gravierend.
- Bisher: Armut = selbstverschuldet und
Zeichen der Charakterschwäche.
Stigmatisierung und Ausgrenzung.
Strukturelle Armutsursachen
vernachlässigt.
- Lösungsansätze / Massnahmen
- 1877: Schweizer
Fabrikgesetz
- International innovativer
Arbeiterschutz: 11-Stundentag und
Verbot der Kinderarbeit.
- Staat greift in die
Vertragsfreiheit ein und erlässt
Richtlinien zum Schutz der
Arbeiterinnen und Arbeiter.
- Rechtsgrundlage:
revidierte
Bundesverfassung.
- Indikation: ärztliche
Untersuchungen zu
Arbeitbedingungen in den Fabriken
in den 1860er-Jahren > stark
rezipiert.
- Hilfskassen: lokale Vorläufer der
Sozialversicherungen, bieten
bescheidene Leistungen bei
Krankheit und Unfall.
- 1883/1884/1889 Deutschland:
Versicherung als neues Modell:
Rechtsanspruch statt
Bedürftigkeit
- Otto von Bismarck
- 1890: Schweiz: Schaffen der
Verfassungsgrundlage für
Sozialversicherungern
Anmerkungen:
- Als das Deutsche Reich in den 1880er-Jahren die ersten Sozialstaatsgesetze erliess, war der
schweizerische Bundesstaat noch nicht einmal berechtigt, sozialpolitisch aktiv zu werden. Als erster
Schritt wurde deshalb eine Verfassungsgrundlage für die Sozialstaatsgesetze geschaffen - zunächst in
der Kranken- und Unfallversicherung. Der Verfassungsartikel, der dem Bund die Kompetenz für die
Einrichtung einer obligatorischen Unfall- und Krankenversicherung erteilte, wurde in einer
Volksabstimmung vom 26. Oktober 1890 klar angenommen.
- 1900er-Jahre
- 1900:
Weltausstellung in
Paris
- Gründung der Internationalen
Vereinigung für gesetzlichen
Arbeiterschutz (IVGA)
- Gründung des Interantionalen Arbeitsamts in Basel
Anmerkungen:
- wirkte anfangs nur als Dokumentationsstelle
- 1900: Lex Forrer
Anmerkungen:
- Ludwig Forrer (1845-1921) gehörte um 1900 erst als freisinniger Nationalrat, später als Bundesrat zu den Hauptpromotoren der Kranken- und Unfallversicherung.
- von der Bundesversammlung
im Okt. 1899 mit grosser
Mehrheit verabschiedet
- Am 20. Mai 1900 mit
knapp 70%
abgelehnt.
- Gegenargumente: Antietatistische
Kranken- und Hilfskassen, die um
ihre Autonomie bangten.
- Die Vorlage war von allen
Parteien und den
Wirtschaftsverbänden
mitgetragen worden.
Heterogene Gegnerschaft
siegte.
- 1902:
Militärversicherung
eingeführt
- 1912: Unfallversicherung:
Obligatorisch,
Krankenversicherung:
Freiwillig
- 1913: Installation BSV
- Von der Armenpflege /
Fürsorge zur modernen
Sozialhilfe
- Um 1900 Rationalisierung und
Ausbau: Modernisierung der
städtischen Fürsorge in den
progressiven Städten.
- Devisen: Rationalisierung,
Zentralisierung, Bürokratisierung.
- Domäne von Juristen, Ärzten und
der entstehenden Sozialen Arbeit.
- 1914 - 1938: Erster
Weltkrieg, Krise
und Sozialpolitik
- 1914 - 1918 WWI: Fehlende
Sicherheitsnetze verschärfen
soziale Konflikte
- CH war nicht auf einen längeren Krieg
eingestellt > Soziale Not durch Mangelnde
Vorsorge, Nahrungsmittelknappheit und
steigende Preise. Städte ergreifen
Notmassnahmen, Bund reagiert zögerlich.
- 1916-1924 AHV-Debatten
- Einführung einer
eidg. AHV schwierig,
Pensionskassen
boomen in der
Zwischenkriegsphase
- 1919 Nach WWI: Gründung Völkerbund
(League of Nations) und Internationale
Arbeitsorganisation IAO (International
Labour Organization (ILO)
- Ziel: Soziale Sicherheit als
Beitrag zur internationalen
Friedensordnung
- 1924: Arbeitslosigkeit und
Arbeitslosenkassen
- Subventionen statt Versicherungspflicht
- Weil ein Obligatorium auf Bundesebene fehlt,
ist der Schutz gegen Arbeitslosigkeit
uneinheitlich. Nur 10% der Erwerbstätigen
sind versichert.
- 1925: Verfassungsartikel zur
Ausarbeitung der AHV wird
angenommen
- von linksbürgerlichen Kreisen seit 1880er-Jahre gefordert. 1912 auf
der Traktandenliste des Parlaments, durch WWI jedoch verzögert.
1918 war die AHIV grundsätzlich unbestritten, auch von
bürgerlichen Parteien (Hoffnung auf Entspannung des
Landesstreiks)
- Finanzierungsfrage ungeklärt und umstritten (Nachrriegszeit)
- KOMPROMISS (Initiative von Bundesrat Schulthess) IV und strittige Punkte
streichen, um Projekt zu retten.
Verfassungsartikel lässt Finanzierungsfrage
offen (Bsp. Streitpunkt direkte Steuern ja
oder nein)
- 1931: Lex Schulthess scheitert
Anmerkungen:
- Der freisinnige Politiker Edmund Schulthess (1868–1944) gehört von 1912 bis 1935 dem Bundesrat an. Als Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements ist er 1925 massgeblich an der Schaffung der Verfassungsgrundlage für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie für den ersten – 1931 an der Urne gescheiterten – Entwurf einer eidgenössischen AHV beteiligt.
- Bescheidenes Altersfürsorge-Paket
(Versicherungsobligatorium, einheitliche Renten
(200.-/Jahr ab 66. Altersjahr und Zuschüsse für
Bedürftige)
- Finanzierung durch Lohnprozente und Abgaben auf Alkohol und Tabak
- dezentrale Organisation: kantonale Versicherungskassen
- Befugnis der Kantone, Ergänzungsversicherungen einzurichten
- Befürworter: grosse Parteien und Verbände
- Obwohl Sozialdemokratische Partei Minimalismus der Vorlage und
abwartende Haltung der Wirtschaftskreise kritisierte
- Kritik / Gegner. heterogen (wie bei Lex Forrer)
- Liberalkonservative aus der Westschweiz und Bauernvertreter:
drohender "Etatismus" und angeblich überhöhte Versichertenbeiträge
- Aufziehende Wirtschaftskrise als gelegenes Gegenargument
- Katholisch-Konservative: Schwächung der
Selbstverantwortung und der privaten Wohlfahrt
- Referendumskommitee
- Kurz vor de Abstimmung präsentierte das RK eine
Fürsorgeinitiative, die eine auf dem Bedürftigkeitsprinzip
beruhende Alternative zur AHV ins Spiel brachte.
- Folgen der Ablehnung
- Linderung der Altersarmut blieb, soweit
sie nicht durch private oder kantonale
Versicherungen abgedeckt wurde, bis
nach WWII Sache der Gemeindefürsorge.
- 1932-1937: Weltwirtschaftskrise trifft die Schweiz
- politische Kräfte sind sich uneinig über die Krisenbewältigung
- Wirtschaftsverbände und bürgerliche Parteien
betrieben deflationistische Politik --> verschärfend
für die Lage der Bevölkerung
- Folgen
- Zahl der unterstützungsbedürftigen
Personen stieg auf 20%
- Betagte und Behinderte
besonders stark betroffen
- Städte richteten Notunterkünfte,
Suppenküchen etc. ein, wie in der Kriegs-
und Nachrkiegszeit
- Nur 1/3 der erwerbstätigen Männer und
1/5 der Frauen gegen Arbeitslosigkeit
versichert
- Ausgaben und Mitgliederzahlen der Arbeitslosenkassen explodierten
- Bund nahm 1931 die 1924 eingestellt
Unterstützung für ausgesteuerte
Stellensuchende wieder auf - Hauptlast
bleibt bei Arbeitslosenhilfe der Kantonen
und Gemeinde
- Auf Druck der Linken Arbeitsschaffungs-Bemühungen
aufgenommen, Wirkung zeigt sich jedoch erst 1936
- 1935: Social Security Act
(SSA) in den USA
- Antwort auf die Weltwirtschaftskrise
- Take-Off der Sozialen Sicherheit in der USA
- Teil des New Deal
- Bis anhin nur rudimentäre Soziale Sicherheit (ähnlich wie CH)
- Inhalt 1935: Altersversicherung, Zuschüsse an
bundestaatliche Hilfsprogramme; ab 1939
Hinterbliebenen-, ab1955 Invalidenversicherung
- Schrittweise Umsetzung: Bis 1937 wurden die Versichertenausweise ausgeteilt und der
Verwaltungsapparat aufgebaut, 1940 die ersten Renten ausgeschüttet. Die Konsolidierung dauerte
indes bis 1949. Nach und nach wurde der Kreis der Beitragspflichtigen ausgeweitet. Die SSA hatte
keinen negativen Einluss auf die Entwicklung komplementärer Vorsorgestrategien (berufliche
Vorsorge), da ihre Leistungen - wie später bei der schweizerischen AHV - nur den Grundbedarf
deckten.
- Finanzierung der Old Age Insurance (OAI) durch
Umlageverfahren, das keine Reservebildung nötig
machte.Deshalb nach WWII Modell für Rentenversicherungen
in zahlreichen andern Staaten --> Lohnabzüge, die je zur Hälfte
von den Arbeitnehmern und -gebern aufzubringen waren,
womit die angestrebte Versöhnung der Klassen deutlich
werden sollte.
- 1918: Landesstreik
- Streike in Europa ein verbreitetes
politisches Mittel um bessere
Arbeitsbedingungen, höhere Löhne,
Kriegsende und politische Veränderungen
zu fordern
- 1938 - 1948: Umbruch an der
inneren Front - Krise und
Sozialpolitik
- 1939: Mobilmachung
- nach den Erfahrungen von
WWI wurde sofort eine
Lohnausfallentschädigung für
Wehrmänner eingerichtet.
- ab 1940 Lohn- und Verdienstersatzordnung
(LVEO) (schliesst Selbständige ein)
- kriegsspezifische Erwerbsrisiken
- Grundlage für AHV
- sehr populär
- zementierte Geschlechterverhältnisse und Familienbilder
- sicherte verheirateten Männern bis zu
90% des Erwerbseinkommens (ledige
Männer stark im Nachteil)
- grosszügige Auszahlungen sollten
Anreiz für Frauenarbeit verringern
- 1942 GB: Beveridge Report
- britischer Ökonom &
Sozialstaatsexperte
William Henry Beveridge
- Im Wesentlichen eine aus Steuermitteln
finanzierte, staatlich organisierte,
egalitäre Einheitsversicherung, die alle
Bürger erfasst.
- vgl. hingegen Deutschl: vielfältig gegliederte,
sich selbst verwaltende
Sozialversicherungen, Finanzierung aus
paritätisch von Arbeitgeber und
Arbeitnehmer erbrachten Beiträgen, deren
Höhe vom Arbeitseinkommen abhängt.
- "from cradle to the grave" Bevölkerung beistehen und 5 "Hauptübel"
(giant evils) zu bekämpfen: Not, Krankheit, Unwissenheit,
Verelendung (squalor) und Beschäftigungslosigkeit (idleness).
- Großer Einfluss auf
Ausgestaltung der
Sozialversicherungsysteme in
Großbritannien &
skandinavische Staaten.
- Im Auftrag der britischen
Regierung verfasst. Wichtiges
Propagandainstrument
- stiess in der Schweiz auf Interesse, wurde
insgesamt jedoch kritisiert. Bohren-Bericht 1943:
nicht umsetzbar in CH aufgr. Föderalismus und
Einbindung nicht-staatlicher Akteure
- 1945: Familienschutzartikel
- eingeführt nach Annahme des
Gegenvorschlags zur
katholisch-konservativen Initiative
"Für die Familie"
- hätte Familie als Grundlage von Staat und
Gesellschaft in der Verfassung verankern wollen
- orientierte sich stark an der katholischen Soziallehre
- "natürliche Einheit" der Familie und die
traditionelle Rollenteilung
- hatte aber auch in anderen Kreisen
breite Unterstützung gefunden. Grund:
sinkende Geburten- und steigende
Scheidungsrate
- verfassungsrechtliche Grundlage
für Mutterschaftsversicherung
und Siedlungsbau
- Vorstösse für Mutterschaftsversicherung scheiterten
1984, 1987 und 1999. Erst 2004 kam eine Lösung im
Rahmen der Erwerbsersatzordnung zustande.
- Postulate blieben Stiefkinder des Sozialstaats. Die Familienausgleichskassen wurden
weitgehend kantonal und privat geregelt. Erst 2006 schuf ein Bundesgesetz die Grundlage
für eine Harmonisierung
- 1947 AHV - 80% JA
- ausserdem gleichentags (6. Juli) angenommen: Wirtschaftsartikel
(Eingreifen des Bundes in die Wirtschaft im Allgemeininteresse) und
Mitwirkung der Wirtschaftsverbände
- Rentenalter 65 für beide Geschlechter, Beiträge für Arbeitgeber
und -nehmer, nach Beitragsleistungen abgestufte Alters-,
Witwen- und Waisenrenten.
- bescheidene Renten, um private Vorsorge nicht
zu konkurrenzieren
- dezentrales System von Verbands- und
Kantonsausgleichskassen (analog
LVEO)
- Folge der globalen politischer Aufbruchsstimmung nach Sieg der Alliierten und Beverdige-Report
- 1942 linke Volksinitiative: LVEO in
AHV umwandeln
- 1944 setzte daraufhin
Expertenkommission ein und
präsentierte 1946 den
Gesetzesentwurf
- Forderung des Gewerkschaftsbundes: provisorische Umlenkung der
LVEO-Überschüsse in die Altersvorsorge durch Bundesrat. (gemäss
Vollmachten) Parlament bestätigt später diesen Beschluss. Löste
Finanzierungsproblem der AHV
- Grosse Unterstützung des Gesetzes im Parlament. Trotzdem
Referendum wie bereits 1931 (Koalition aus Westschweizer Liberalen,
Katholisch-Konservativen und Wirtschaftsvertretern.
- im Gegensatz zu WWI bedeutete WWII
sozialpolitischen Ausbauschub!
- sichtbarstes Zeichen: Einführung
der Lohn- und
Verdienstersatzordnung, nach
dem Krieg die Gründung der AHV
- Trotzdem blieb der Fortschritt insgesamt
bescheiden. Sozialleistungsquote ging nach
dem Krieg wieder zurück. Erweiterung der
Sozialwerke auf AHV beschränkt. Weiterhin
geringer Zentralisierungsgrad
- 1970er-Jahre: Die Wende der
70er-Jahre und die "Krise des
Wohlfahrtsstaates" - bis 1990
- 1976: Einführung der Arbeitslosenversicherung
- Reaktion auf die Wirtschaftskrise
- Die Umsetzung zieht sich allerding in die Länge.
Erst 1984 tritt eine definitive Lösung in Kraft.
- 1985: Einführung der BVG
- Seit 1972 ist die Drei-Säulen-Doktrin in der Verfassung verankert
- Reform der Pensionskassen fällt bescheidener aus als vorgesehen
- 1974/75 Rezession in der Schweiz (nach 30-jährigem Wirtschaftsboom)
- 1975: Einführung des Wohnsitzprinzips in der Sozialhilfe
- 1979: Einführung indexierter
AHV-Renten
- Inflation in der Hochkonjunktur mindert den Wert der AHV-Renten und zwingt die Politik, die
Rentenhöhe in unregelmässigen Abständen anzupassen. Ab 9. AHV-Revision werden die Renten
jedes Jahr automatisch der Lohn- und Preisentwicklung angepasst.
- 1984: Revision der Unfallversicherung
- Konkurrenz für die Suva: Private Versicherer können ebenfalls in der obligatorischen
Unfallversicherung tätig sein.
- Der Versicherungsschutz gilt nun für alle
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
- 1987: Scheitern der Teilrevision des
Krankenversicherungsgesetzes
- Sollte den Anstieg der Gesundheitskosten
bremsen. Vorlage von Bundesrat und Parlament
nach gescheiterter Reform von 1974
- 1947 - 1974: Wachstum und
soziale Sicherheit - die
goldenen Jahre?
- 1949: Blockierter Ausbau
der Krankenversicherung
(Tuberkulose)
- 75% Nein: Ablehnung einer Ergänzung des
Tuberkulosegesetzes von 1928
- die Hälfte der Bevölkerung hatte eine freiwillige
Zusatzversicherung gegen Tuberkulose
- hätte eine obligatorische Tuberkuloseversicherung
eingeführt. Überlegung: Infizierte, die sich keine Kur
leisten können, als Gesundheitsrisiko >
prophylaktischer Charakter.
- Politischer Widerstand aus bürgerlichen Kreisen führte
zum Referendum. Kritik: Untersuchungszwang und
damit verbundene Kosten, und dass die Vorlage
gering verdienende Bevölkerungsschichten obligatorisch
gegen Krankheit versichert hätte.
- Man befürchtete, dass der Bund
durch die Hintertür eine
obligatorische KV einführen wolle.
- 1950 - 1975: Sozialstaat in der
Hochkonjunktur
- Wirtschaftsboom dank ausländischen ArbeiterInnen:
starke Zunahme von AusländerInnen (von 6 auf 17%) aus
Italien, später Spanien, Portugal, Jugoslawien
- Rotationsprinzip: Aufenthaltsbewilligungen für ein Jahr,
danach vorübergehende Ausreise. Erst ab Mitte 1960er
Jahre erleichterter Familiennachzug und Niederlassung
möglich.
- Schwarzenbach-Initiative gegen
"Überfremdung": verschärfte
Migrationspolitik und fremdenfeindliches
Klima.
- Massnahmen durch Bund: Kontingente und
Höchstzahlen aus bestimmten Ländern und für
einzelne Unternehmen
- Auswirkungen für
Sozialversicherungen
- 1929 war CH bereits Abkommen der IAO beigetreten gegen
Diskriminierung in der Unfallversicherung
- AHV wurde von Anfang an von AusländerInnen
mitfinanziert, ohne Garantie auf Leistungen
- zahlreiche bilaterale Abkommen mit anderen
Staaten für Leistungsbezug im Ausland
- Bsp. Abkommen mit Italien von 1949, 1951 und 1964 erleichterten IV- und
AHV-Rentenbezug im Ausland und führte obligatorische KV für ItalienerInnen ein
- Diskriminierung in den freiwilligen Versicherungszweigen bei Saisonniers:
nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert, keine berufliche Vorsorge
- 1952: Internationales Sozialrecht (IAO): Abkommen über
Mindestnormen in der Sozialen Sicherheit für die
Mitgliedsstaaten
- nach Auflösung des Völkerbundes wurde IAO 1945 zu
einer Spezialorganisation der UNO
- CH trat UNO nicht bei, blieb aber
Mitglied der IAO
- Normen in 9 Bereichen, u.a. medizinische
Versorgung, Alter, Invalidität, Mutterschutz
- Delegierte des Bundes
stimmten zu. Ratifizierung
erwies sich als schwierig
- CH erfüllte die Auflagen nur im Bereich
Unfall. IV fehlte, AHV war zu tief.
- Versicherungsschutz in CH sei nicht
ungenügend, sondern Abkommen
inadäquat für CH
- Erst 1977 teilweise Ratifizierung, allerdings mit Ausnahme des
Teils zum Krankentaggeld (bis heute nicht eingeführt). D.h,,
nachdem die IV geschaffen (1960) und die Altersvorsorge auf
eine neue Grundlage gestellt (1972) worden waren und sich
Familienzulagen auf kantonaler Ebene durchgesetzt hatten.
- 1957: Deutsche Rentenreform
- von Bundeskanzler Adenauer lanciert
- passte die Renten den Wirtschaftsentwicklungen an
- 1960: Einführung der IV
- 1966: Einführung der EL
- 200'000 AHV-RentnerInnen lebten
unter dem Existenzminimum > von
Fürsorge oder Verwandten abhängig.
- Debatten um existenzsichernde Renten
- Die AHV sollte eine Basisversicherung bleiben
(von Gewerkschaften und Arbeitgebern
unterstützt). Dafür musste aber "ein System von
besonders ausgestalteten Bedarfsleistungen (...)
treten, die dem sozial schwächsten Teil der
Bevölkerung eine minimale Existenz
garantieren".
- Somit wurde das 3-Säulen-Prinzip vorweggenommen
- Im Gegensatz zur Fürsorge bestand für EL von
Anfang an ein Rechtsanspruch
- ausschliesslich über Subventionen finanziert
- 1964: Revision des KUVG
- aufgrund verschiedenster Verbandsinteressen (Gut
organisierte und referendumsmächtige
Interessensgruppen, v.a. Krankenkassen, Ärzte &
Pharmaindustrie) langwierige Debatten um Reformen.
Schlussendlich nur punktuelle Reformen.
- kantonale Obligatorien bestanden bereits, sodass
mittlerweile 89% der Bevölkerung krankenversichert
war. Wegen Ablehnung des Tuberkulosegesetzes
noch immer kein nationales Obligatorium.
- 1972: Verankerung des
Drei-Säulen-Prinzips in
der Verfassung
- Abstimmung: Wahl zwischen zwei Modellen.
Umbau der AHV zur Volkspension oder
moderate Anpassung im 3-S.-Modell.
Entscheid klar für letzteres.
- Alternativer Vorschlag der Partei der Arbeit (PdA): stärkere
AHV, min. 60% des Einkommens abdecken, jährliche Rente
von 6000.- garantieren,
- hätte das Ende der öffentlichen
und privaten Pensionskassen
bedeutet - hätten in das neue
System "eingebaut" werden
sollen
- nur dank dem Druck der
PdA-Initiative wurde der
Gegenvorschlag ausgearbeitet und
konnte ein
Versicherungsobligatorium
eingeführt werden.
- Fand Unterstützung von bürgerlichen
Parteien, Wirtschaftsverbänden, sowie der
Sozialdemokratische Partei (SPS) und
Gewerkschaften.
- Kombination aus einer existenzsichernden
AHV (1. Säule), einem
Pensionskassenobligatorium (2. Säule) und
der freiwilligen Selbstvorsorge (3. Säule).
- "Schweizerische" Lösung. Minimale
staatliche Vorsorge und viel Raum für
private Vorsorge.
- 1974: gescheiterte Reform des KUVG
- zwei Grundsatzfragen
- Wie sollten die Leistungen
künftig finanziert werden?
- Versicherungsobligatorium wie in
anderen Ländern?
- drei Varianten zur Abstimmung
- Volksinitiative der SPS: umfassendes
Versicherungsobligatorium (Krankenpflege,
Mutterschaft, Unfallversicherung), u.a. über
Lohnprozehnte finanziert
- Gegenvorschlag des Parlaments, (Unterstüzung von
bürgerlichen Parteien, Verbänden, Krankenkassen und
Ärzten): kein Beitrittsobligatorium in der
Pflegeversicherung, aber oblig. Krankengeld-
und Unfallvers. für Arbeitnehmer. Diese
Vorlage beruhte auf einem Finanzierungsmix, der - trotz
der Beschränkung des Obligatoriums - auch
Lohnprozehnte einschloss.
- Status Quo
- wurde gewählt
- Wirtschaftliche Aspekte:
- Ausbau des Sozialstaats während
Hochkonjunktur der Nachkriegszeit: hohe
Wachstumsraten, steigende Löhne,
Vollbeschäftigung und Erweiterung der
Staatstätigkeit.
- Wachstum kam Mitte der 1970er-Jahre
vorübergehend zum Erliegen.
- Bis 1990 wiederholte konjunkturellen Ab-
und Aufschwünge.
- Zunehmende Skepsis gegenüber weiterem
Ausbau der Sozialwerke bei bürgerlichen
Parteien, Wirtschaft und Gewerbe.
Konsolidierung und punktuelle Reformen der
bestehenden Sozialwerke rückten nun ins
Zentrum.
- Nach 1945 sukzessive Einführung neuer
Versicherungszweige und -obligatorien.
Zwischen 1950 und 1990 stieg die
Soziallastenquote von 10 auf 21%
- 1960 - 1975: Modernisierung der Sozialhilfe
- nach Einführung der AHV und IV sowie neuen
Sozialarbeitsmodellen aus den USA nahm die Zahl der
Fürsorge-Abhängigen ab 1960 deutlich ab.
- Modell des Social Casework aus den USA: Einzelfallhilfe,
Empowerment, Förderung der Selbständigkeit, Abgabge
von Bargeld statt Naturalien, weg von Kontrolle und
Disziplinierung, Terminologie "Klienten" und "Beratung"
- 1990 - heute