Erstellt von Johanna DB
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5. Junges Deutschland / Vormärz 5.1 zeitliche Eingrenzung Zeit der politischen Restauration ab dem Wiener Kongress 1815 über die französische Julirevolution 1830 bis hin zur deutschen Märzrevolution (Namensgebung Vormärz!) 1848; parallel zum Biedermeier 1819 Karlsbader Beschlüsse: Hoffnungen der Liberalen weiter zerstört 1835: Verbot der Schriften der jungen Autoren: Aus Junges Deutschland wird Vormärz, dieser ist mehr radikaldemokratisch als liberal 5.2 Themen und Ziele der Epoche in Abgrenzung zum Biedermeier und zur Klassik Träger: junge Intellektuelle, liberales Bürgertum Abgrenzung gegen Idealismus (der Klassik); bewusste Loslösung vom Epigonienbewusstsein (= Menschenbild der Klassik): „Dieser Idealismus ist die schmächlichste Verachtung der Natur. Idealistische Gestalten = Holzpuppen, Leben muss die Dichtung haben, keine Ästhetik/Ideale“ (Büchner) Verarbeitung der unruhigen Zeit: progressiv-demokratische Ausrichtung gegen reaktionär-restaurative Politik (bedeutet: gegen Zäsur, Unterdrückung der Meinungsfreiheit, Absolutismus, Phillistertum, Dogmatismus): Revolutionsstimmung Engagement für Presse- und Meinungsfreiheit: Entstehung eines deutschen Journalismus „Junges Deutschland“= literarische Epoche mit liberaler Gesinnung; politische Literatur, Ausdruck des Lebensgefühls, kein Rückzug ins Private (Biedermeier) Wert der Dichtung liegt nicht in individueller Persönlichkeitskultur (Freiheit des einzelnen = stark beschränkt), sondern in der Wirkung auf das öffentliche Leben: Politik und Sozialkritik der Aktualität Durchsetzung politischer Ziele sowie Erneuerung ethischer, moralischer und religiöser Lebensprinzipien auf Grundlage von Philosophie und Naturwissenschaften (werden als „antichristlich“ und „gotteslästerlich“ bezeichnet) Suche nach neuem, realistischen Drama: ungeschminkte Wirklichkeit –) finden es in der Bilderbogentechnik (= scheinbar planlose Szenenfolge, ähnlich wie im Sturm und Drang) Vorgehensweise: große exemplarische Beispiele zum spiegelbildlichen Erfassen der Gegenwart Verlangen nach drastischer Lebensnähe –) Sprache salopp, provozierend, satirisch Denkweise kritisch, zeitnah, aggressiv, aber: ausgedrückt in Satire, Witz, Pointenreichtum (=verhüllte Kritik), da Vorsicht geboten für Sozialismus, Frauenemanzipation, freie Liebe Klarmachen der Determinierung des Verhaltens, aber: soziale Verhältnisse sehen sie als veränderbar --) Forderung nach Mitbestimmung 5.3 Rezeption Damals Ablehnung, da Publikum an klassisches Drama gewöhnt Bevölkerung lehnt sich weniger gegen Herrschaft auf, denn: Stabilität und Sicherheit in vorkrieglicher Ordnung, wollen die „guten alten Tage“ von vor 1789 zurück Erst später Begreifen der Leistung der Autoren des Frührealismus 5.4 Vertreter und Werke Georg Büchner: Woyzeck, Lenz, Der hessische Landbote, Dantons Tod, Leonce und Lena Christian Dietrich Grabbe: Die Hohenstaufen, Napoleon oder Die hundert Tage Karl Gutzkow: Wally, die Zweiflerin Heinrich Heine: Nachtgedanken, Matratzengruft Ferdinand Freiligrath Georg Herwegh 5.5 Historischer und geistesgeschichtlicher Hintergrund Akademische Jugend will sich Restauration widersetzen Zensur von Büchern und Zeitungen (bzw. allgemeiner: Pressezensur), Verbot der Bruderschaften, Überwachung der Universitäten –) Forderungen nach Bundesreform, Verfassungen, Pressefreiheit Hambacher Fest 1832 als größte Zusammenkunft der Liberalen ab 1833 verschärfte Verfolgungen einsetzende industrielle Revolution: neues Besitzbürgertum (distanziert sich von Arbeitern, strebt nach gesellschaftl. Einfluss) „Junghegelianer“: Übernahme des Gedanken der Dialektik von Hegel (negierte Gegensätze schlagen in positives Resultat um, Hegel bezeichnet es als Logik) Ludwig Feuerbach als Vordenker: Natur als Grund des Geistes, Wissenschaft statt Glauben Saint-Simon: Erst materielle Gleichheit macht persönliche Freiheit möglich 5.6 Sprache und Formmerkmale wirklichkeitsgetreue Darstellung der Geschichte, keine Lehre der Moral jeder Autor hat seinen eigenen Weg zur Kunst, die sich nicht festlegen lässt: autonome Kunstvorstellung Freilegung der Bewusstseinsschichten der Sprechenden im Drama: Wortwiederholungen, Satzbrüche, Ausrufe, Interjektionen Heine: Anklang von Formen der Romantik und des Volkslieds, aber: bewusster Bruch der Gefühlssprache durch Ironie offene Form des Dramas: Vielfalt der Handlung, Mehrsträngigkeit, autonome Nebenhandlungen, bruchstückhaft, mit vielen Aussparungen, z.T. unbestimmte Zeitstreckung, intensiv erlebter dramatischer Augenblick wichtiger als Sukzession (= zeitl. Abfolge), Fülle verschiedenartiger und eigentümlicher Lebens- und Handlungsräume, Raum charakteristisch, keine Standesvorbehalte. Person im Kampf mit allgemeinen Milieuverhältnissen, unreife/unfreie/unfertige/dumpf getriebene Menschen, Sprechweise nach Stand/Charakter/Situation (auch Mundart, restringierter und elaborierter Code), Prosa, auch Alltagssprache, Stilmischung, Körper spricht mit (Zunahme Regieanweisungen; Sprache wird durch Aktion, Gestik, Pantomime ersetzt), Satzfolge stockend/brüchig, Sprache unbeholfen/zerfahren/assoziativ/monologisch, Form kaleidoskopartig, empirische Totalität (Vorrang des Stoffes vor der Idee), offenes/disparates/brüchiges Weltbild, evtl. Integrationspunkt (Grundgedanke des Stücks kommt an dieser Stelle zum Ausdruck), zentrales Ich ohne Gegenspieler, wiederkehrernde Bilder und Metaphern; sprachlicher Pluralismus: viele unterschiedliche individuelle oder gruppenspez. Sprachformen bei verschiedenen Figuren (Unpersönliche Ausdrucksweise, häufige Ausrufe, Auslassungen, Antilaben …)
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