3. Die (deutsche) Klassik (= Weimarer Klassik) 3.1 Begriff kulturelle Hochblüte (differenzierte Sprache, Bildung, Wissen um die eigene Geschichtlichkeit, geschlossenes Weltbild mit klarem Wertekanon); Ideal der Antike 3.2 zeitliche Eingrenzung 1786: Beginn von Goethes Italienreise(n): Suche nach Inspiration durch die Antike, Flucht vor dem Alltagsleben, Freiheit: Faszination für Italien, findet innere Befreiung 1789: französische Revolution: anfänglich Begeisterung, dann kritische Sicht und Ablehnung 1805/1832: Tod Schiller / Goethe (meist auf 1805 begrenzt) 3.3 Kunstideal der Klassik Bekenntnis zu einem sittlich-ethischen Humanitätsideal Verbindung der Ästhetik (Idee des Schönen, Gegenentwurf zu den Schrecken der frz. Revolution) mit der Ethik (Idee des Wahren und Guten) Harmonische Kunstvollendung und -begrenzung unter gleichem Anteil von Verstand und Gefühl / Geist und Natur (Suche nach Ausgleich: Ablehnung von überzogener Subjektivität, Bezähmung der Leidenschaften) 3.4 Topoi (= Themen) und Ziele der Klassik Humanität (Goethe: „nur in Anlagen angeboren, muss eigentlich angebildet werden […] Das Göttliche in unserem Geschlecht ist also Bildung zur Humanität“), Toleranz, Ordnung, Harmonie (Ausgleich der Gegensätze; s. 3.3), Sehnsucht, Freiheit des Menschen (Leitbegriffe der Aufklärung übernommen) Anlehnung an deutschen Idealismus (insbes. Kant) Korrelation (= Wechselbeziehung) zwischen menschlichem Gefühl und der Natur: Mensch im Einklang mit der Natur, in der er den Abglanz des Göttlichen erblickt Ziel: Selbsterziehung des Menschen nach Vorbild der antiken Philosophen, Fortführung von Kants Lehre über die Vernunft, denn: Der moralisch gebildete Mensch, und nur dieser, ist ganz frei. (Glaube an Bildungsfähigkeit, Bildung zur Gemeinschaft; Verantwortlichkeit) Eigene Gefühle reflektieren, durch den Verstand in den Griff bekommen: freier Wille Ambivalenz von Identifizieren und Distanzieren, Weltoffenheit Totalität: alle menschlichen Kräfte und Fertigkeiten sollen ausgebildet werden und dabei eine Einheit bilden (Veredelung des Menschen durch die schöne Kunst) Im Gegensatz zu Sturm und Drang: allgemeine Menschlichkeit und Wahrheit –) Allgemein formuliert: Verbesserung der Gesellschaft 3.5 Goethes Symbolbegriff und die Harmonie (Naturidealismus) Goethe über die Natur: „Die Phänomene sind nichts wert, als wenn sie uns [eine tiefer reichende Einsicht in die Natur gewähren, oder wenn sie uns] zum Nutzen anzuwenden sind.“ Goethe über die Symbolik: „Wo das Besondere das Allgemeine repräsentiert, nicht als Traum und Schatten, sondern als lebendig-augenblickliche Erfahrung des Unerforschlichen. [..] So, dass die Idee im Bild immer unendlich wirksam und unerreichbar bleibt und […] doch unaussprechlich bliebe.“ Durch die Erscheinung, den Anlass (Gelegenheit; Erlebnis; menschliche Erfahrung: oft ungewöhnlicher Umstand) wird im Dichter eine Idee geboren (allgemeine gesetzmäßige Wahrheit; das Innere /Höhere/ Göttliche etc.: will vom Dichter festgehalten werden), die sich in einem entsprechenden Bild widerspiegelt (zB. Naturvorgang, Gegenstand –) Symbolik: zB. Stauen des Stroms zur See, reifende Frucht, Sonnenauf- /untergang). 3 Bereiche (Erscheinung, Idee, Bild) sind vergänglich oder unbegreiflich: Schwebezustand, bei dem sich Konkretes, objektiv Anschauliches und Gedankliches die Waage halten und somit die Ausgewogenheit (Harmonie) aller 3 Elemente dargestellt wird. Beispielgedicht: Dornburg, September 1828: Erscheinung: verschiedene, gewöhnliche Morgen in Dornburg Idee, tiefere Empfindung macht diese Morgen zu besonderem Anlass, zum Bild: einziger dichterischer Morgen, Essenz aus den beobachteten Morgen: zeitloser Morgen Idee dahinter: Wissen um Geborgenheit in der Natur, Zuversicht in die göttliche Kraft Voraussetzung: Sicht auf den Menschen positiv –) Durch das Besondere kommt das Allgemeingültige zum Ausdruck. 3.6 Naturlyrik und Erlebnislyrik Naturlyrik = Natur und deren Erscheinungen als zentraler Gegenstand der Dichtung; sittliche Natur, natürliche Ordnung (Ideal der Harmonie dort verwirklicht) Erlebnislyrik = Arbeitsweise: subjektive Perspektive des lyrischen Ich Natur- und Erlebnislyrik werden identisch: lyrisches Ich so sehr eins mit der Natur, dass sich diese in seinen Empfindungen widerspiegelt 3.7 Schiller: die schöne Seele (Vernunftidealismus) Fortführung von Kants Lehren (Mensch als vernunftbegabtes (= intelligibles) Wesen als auch als Neigungswesen) „Bei einer schönen Seele sind die einzelnen Handlungen eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter ist es. In einer schönen Seele ist es also, wo Sinnlichkeit und Vernunft, Pflicht und Neigung harmonieren (Mensch als Doppelwesen], und Grazie ist ihr Ausdruck in der Erscheinung. [..] Aber diese Charakterschönheit, die reifste Frucht seiner Humanität, ist bloß eine Idee, welcher gemäß zu werden er mit anhaltender Wachsamkeit streben, aber die er bei aller Anstrengung nie ganz erreichen kann.“: Mensch, der Gutes und Pflichtgemäßes aus Neigung tut und dadurch zur inneren Harmonie findet, hat eine schöne Seele Wenn Mensch nach schöner Seele strebt, besitzt er Würde (Tragödienheld: Ja zur Pflicht verhindert nicht seinen äußeren Untergang, aber erreicht Freiheit) Ästhetische Deutung mit ethischer Forderung nach einer neuen, an der Antike orientierten Erziehung verbunden Beispiel für Figur mit schöner Seele: Maria Stuart (ist stilisiert, idealisiert) 3.8 Antikenverehrung 18. Jahrhundert: Epoche der sensationellen antiken Ausgrabungen: sehr idealisierte Deutung der Antike: Vorbildcharakter Gegenbewegung gegen das ausladende, wilde, effektreiche Barock: Suche nach „Wiedergeburt“ der einfachen, reinen, harmonischen, klar proportionierten Antike Idee, dass künstlerische Höchstleistungen (wie die der Antike) an wiederholbare Voraussetzungen gebunden sind Schiller: Verwendung geschichtlicher Fakten, aber Unterordnung dieser unter die Dichtkunst zum Zwecke der Hervorrufung von Rührung = poetische Wahrheit (Verbindung Ideendrama und Geschichtsdrama) Studium der Antike: Schiller liest wie auch viele andere Klassik-Autoren, Goethe erfährt (reist) z.T. mit Wilhelm Tischbein Winckelmann: Studien des klassischen Altertums: Inspiration für Autoren der Klassik: Ideal einer harmonischen Einheit von Leib und Seele / Natur und Kunst, ruhige und große Seele hinter allen antiken Werken (Schönheitsideal) 3.9 Sprache und Formmerkmale der Klassik geprägt vom Idealismus Gefühlsausdruck, durch Interjektionen, Ellipsen, Gedankenstriche, Wiederholungen Lyrik: klassische Strophenformen: Ode, Hymne, Sonett, Eligie, Epigramm (Maß- Gesetz und Formstrenge werden deutlich) Epik: v.a. Bildungsroman Drama: aristotelische Dramenform (= geschlossenes Drama), Blankverse Stilisierte Kunstsprache: entwickelt sich nicht aus Gesellschaft, sondern wird vom Autor geschaffen, keine Mundart –) individuelle Gefühle nur gedämpft, Extremes ausgeklammert, Diktion (=Sprechweise) sentenzhaft und rhythmisiert –) drücken alle Allgemein-Symbolisches aus 3.10 Autoren und Werke Johann Wolfgang von Goethe: Faust, Iphigenie auf Tauris (Schlüsselwerk der Klassik: Jambenverse, Inhalt spielt in Antike und konzentriert sich auf allgemein gültige Aussagen jenseits des vergänglichen Zeitgeschehens; Figur der Iphigenie: Humanität muss errungen werden, Glaube an das letztlich Gute des Seins) Friedrich Schiller: Maria Stuart, Don Carlos (ab 1794 Freundschaft und Zusammenarbeit im aufgeklärten, aristokratischen Weimar, positive Grundspannung) Johann Gottfried Herder: Briefe zur Beförderung der Humanität Christoph Martin Wieland, Herder, Goethe, Schiller: Viergestirn der Klassik Einfluss der Klassiker: bleibt auf Elite beschränkt, einfaches Volk liest bürgerliche Rührstücke zwischen Klassik und Romantik: u.a. Heinrich von Kleist: Penthesilea, Friedrich Hölderlin, Jean Paul
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