1958 begann eine Ära der Begegnung. Bundeskanzler
Konrad Adenauer war von der Wichtigkeit enger, regelmäßiger und
dauerhafter Beziehungen zwischen Frankeich und Deutschland überzeugt.
Als der französische Staatspräsident Charles de Gaulle ihn zu sich nach
Hause nach Colombey-les-deux-Eglises einlud, war Adenauer zunächst
skeptisch, denn de Gaulle galt als anti-deutsch. Doch de Gaulle schlug
Adenauer bei dieser ersten Begegnung eine enge deutsch-französische
Zusammenarbeit vor. Er wollte, dass Frankreich eine wichtige Rolle in der
Weltpolitik spielte, wusste jedoch, dass es dies nur im Rahmen eines
starken Europa tun könnte, das von den Großmächten USA und UdSSR
unabhängig war. Er sagte Adenauer, Frankeich befürchte nun keinen
deutschen Angriff mehr, und der einzig mögliche Partner für Frankreich
sei die Bundesrepublik – vorausgesetzt sie verzichte auf Atomwaffen und
betrachte die Ostgrenze als endgültig. Das erste Treffen de Gaulles und
Adenauers war der Beginn eines engen freundschaftlichen Verhältnisses
1963 wurde in Paris ein Vertrag über die
deutsch-französische Zusammenarbeit unterzeichnet. Er symbolisiert einen
Wendepunkt in den Beziehungen. Die Phase der Aussöhnung war weitgehend
abgeschlossen. Nun begann eine enge Kooperation beider Regierungen. Um
die Politik besser abzustimmen, waren regelmäßige Treffen zwischen dem
französischen Präsidenten und dem Bundeskanzler sowie zwischen Ministern
vorgesehen.
Das Deutsch-Französische Jugendwerk
wurde gegründet. Von beiden Regierungen finanziert, stellt es
Jugendaustauschprogramme und Sprachkurse in den Mittelpunkt seiner
Arbeit. Durch Begegnungen sollen Vorurteile abgebaut und eine gemeinsame
Identität geschaffen werden. Bis heute haben 8 Millionen Jugendliche
aus beiden Ländern an den Begegnungen teilgenommen.
Diapositiva 3
Frankreich und Deutschland spielten aufgrund ihrer
wirtschaftlichen Bedeutung eine Schlüsselrolle im europäischen
Einigungsprozess. Doch unterschiedliche Interessen führten immer wieder
zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Partnern.
Frankreich war der gemeinsame Agrarmarkt
wichtig. Da in Frankreich mehr Menschen in der Landwirtschaft
arbeiteten, wollte die Regierung in den 1960er Jahren den französischen
Markt schützen und europäische Absatzmärkte für die Überschussproduktion
– zum Beispiel von Weizen – sichern. Die damals teurer produzierende
deutsche Landwirtschaft fürchtete Nachteile aus dem einem gemeinsamen
Agrarmarkt.
Deutschland war die Zollunion
wichtig, weil die deutsche Industrie stark von Exporten ins Ausland
abhängig war. Frankreichs weniger entwickelte Industrie stand der
Öffnung der Zollgrenzen skeptischer gegenüber.Aber es gab auch andere politische Gegensätze.
Frankreich war zum Beispiel für ein Europa der Vaterländer. Deutschland
dagegen strebte die Überwindung der Nationalstaaten an.Trotz der deutsch-französischen Freundschaft führten diese Gegensätze immer wieder zu Spannungen in Brüssel.
1967: Wurde die „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“ zur Europäischen Gemeinschaft (EG). 1973 traten Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich bei.
Von der EWG zur EG
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1974 – 1981: Giscard d’Estaing – Schmidt
Als in der Bundesrepublik Helmut Schmidt Kanzler wurde
und in Frankreich Valérie Giscard d’Estaing Präsident, entwickelte sich
zwischen den beiden ein freundschaftliches Verhältnis. Auch hatten sie
ähnliche wirtschaftspolitische Vorstellungen.
Es gab neue politische Impulse, um dem seit der Öl-
und Weltwirtschaftskrise drohenden Zerfallsprozess der EG
entgegenzutreten. 1978 einigten sich Giscard d‘Estaing und Schmidt auf
ein europäisches Währungssystem, innerhalb dessen die
nationalen Währungen sich nur in gewissem Rahmen bewegen könnten. Damit
sollten die Wechselkurse innerhalb der Europäischen Gemeinschaft
stabilisiert werden.
Eine weitere Initiative führte 1979 zur ersten
Direktwahl des Europäischen Parlaments. Die Europäische Gemeinschaft
erweiterte sich 1981 um Griechenland. 1986 folgten Portugal und Spanien.
Diapositiva 5
1982 – 1995: Mitterrand - Kohl
Als François Mitterrand und Helmut Kohl an die
Regierung kamen, blieb die enge Freundschaft zwischen den Nachbarn eine
konstante Größe der Politik beider Länder. Trotz unterschiedlicher
politischer Herkunft der Staatsmänner.
Die militärische Kooperation wurde weiter
intensiviert. Über gemeinsame Manöver und Rüstungszusammenarbeit hinaus,
wurden neue Wege beschritten. 1990 wurde eine gemeinsame deutsch-französische Brigade gegründet, 1993 wurde die Brigade in das Eurokorps
eingebunden, dem auch Belgien, Spanien und Luxemburg angehören, und das
Einsätze für EU und NATO-Missionen steuert. 1994 waren als Teil der
deutsch-französischen Brigade erstmals deutsche Soldaten bei der Parade
auf den Champs-Elysées zu sehen. Ein Anblick, der manche, wie Valéry
Giscard d’Estaing, schmerzlich an die Vergangenheit – die Besetzung
Frankreichs durch die Deutschen während des zweiten Weltkriegs -
erinnern mochte.
Zum Defilee der deutschen Soldaten auf den
Champs-Elysées äußerte sich Giscard d’Estaing in einem Interview des
französischen Fernsehens: „Als ich in Paris noch zur Schule ging, hörte
ich jeden Morgen beim Aufwachen die Deutschen unter den Fenstern singen.
Bis 1944 hörten wir ihre Schritte auf der Straße. Der Gedanke daran,
dass man die deutschen Soldaten in diesem Jahr, wo wir all dieser
Schlachten, dieser Opfer gedenken, auf den Champs-Elysées
vorbeidefilieren sehen wird, geht mir schon zu Herzen“.
Die Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland
und der Deutschen Demokratischen Republik zu einem großen Deutschland
im Jahr 1990 ließ bei den Nachbarn, insbesondere in Frankreich, Ängste
entstehen. Die Beziehungen zwischen dem vereinigten, großen Deutschland
und Frankeich wurden nicht einfacher. Beide mussten sich in ihre neue
Rolle finden. Doch die Einheit wurde kooperativ mit den europäischen
Partnern vollzogen und von Frankreich konstruktiv mitgetragen.
Diapositiva 6
Die deutsch-französische Zusammenarbeit wurde auch in
den kommenden Jahren durch „Politiker-Paare“ befördert. 1997
verabschiedeten Bundeskanzler Helmut Kohl und Staatspräsident Jacques
Chirac in Weimar eine gemeinsame Erklärung über die kulturelle Zusammenarbeit. 1998 legten Bundeskanzler Gerhard Schröder und Jaques Chirac Saarbrücken als Sitz der geplanten Deutsch-Französischen Hochschule fest, die ein Verbund deutscher und französischer Hochschulen werden sollte und im Jahre 1999 ihre Arbeit aufnahm.
2002 wurde der „Euro“ - bereits seit
1999 die gemeinsame Währung der Europäischen Union - in Frankreich,
Deutschland und 10 weiteren Ländern der EU auch als Bargeld eingeführt.
Weitere Länder schlossen sich in den folgenden Jahren an.
Auch heute sind die Interessen Frankreichs und
Deutschlands nicht immer gleich, es gibt unterschiedliche Positionen und
Konflikte, die jedoch im Rahmen der Europäischen Union ausgetragen
werden.
Neben der politischen und der kulturellen
Zusammenarbeit ist es oft auch nüchternes wirtschaftliches
Interessenkalkül, das Deutsche und Franzosen immer wieder
zusammenarbeiten lässt. Mehrere tausend deutsche Firmen haben Filialen
in Frankeich, und fast ebenso viele französische Firmen haben
Niederlassungen in Deutschland.
Die deutsch-französischen Beziehungen sind zum Alltag
geworden. Sie in Gang zu halten, bedarf jedoch einer permanenten
Anstrengung. Wenn Deutschland und Frankreich auch künftig Motor der
europäischen Einigung sein wollen, müssen sie ihre Fähigkeit, gemeinsam
Lösungen zu erarbeiten, weiter pflegen und ausbauen.