M17 Kultur im Spannungsfeld von Ästhetik und Ethnologie Bonz

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Karteikarten zur Vorlesung "Kultur im Spannungsfeld von Ästhetik und Ethnologie" bei Herrn Bonz an der Katho Münster im Sommersemester 2020
yeah boi
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Resumen del Recurso

Pregunta Respuesta
V1: Titel 'Kultur' - EIN Wort, ZWEI Begriffe //es geht darum, wie die beiden Aspekte zusammenhängen
V1: Was ist Kultur im ästhetischen Sinn? Kunst, allgemeiner: 'expressive culture', Kultur als Ausdrucksform
V1: Was ist Kultur im Sinne der Sozialwissenschaften und besonders der Ethnologie? Lebensweise, die sich Menschen teilen. ( hat eine Nähe zu: 'gesellschaftliche Verhältnisse', 'Kulturhistorische Situation' )
V1: Was wird in der Vorlesung verwendet, um den Zusammenhang zu erläutern? Exemplarische, kulturwissenschaftliche Studien Einflussreiche Den-Strömungen Herausragende ForscherInnen //Theorien werden dabei als Denk-Werkzeuge verstanden, als 'Brillen', die uns helfen zu sehen und zu verstehen.
V1: Die Relevanz der Lebensweise als kultureller Kontext 2 Beispiele Norbert Elias: Der Prozeß der Zivilisation und die emotionale Erregung Ingeborg Weber-Kellermann: Erntebräuche Mitte des 19. Jahrhunderts und im Nationalsozialismus
V1: Norbert Elias: Der Prozeß der Zivilisation und die emotionale Erregung In der Öffentlichkeit emotionale Erregung zu zeigen, wird im Zuge der europäischen Kulturgeschichte, die er als 'Prozeß der Zivilisation' bezeichnet, zunehmend tabuisiert. Ausnahme: Freizeitbeschäftigungen Sie bilden eine "Enklave, in der mit sozialer Billigung Erregungsverhalten gezeigt werden kann".
V1: Genaueres zu diesem kulturellen Ausdrucksbereichs: die Freizeitbeschäftigung vom 'mimetischen' Typ Die meisten, wenn nicht alle öffentlich ausgetragenen Freizeitbeschäftigungen zählen dazu Sie bieten eine "emotionale Anregung und Aufmunterung, die zu einer angenehmen Spannung und Erregung" führen.
V1: Was für eine Qualität haben die Emotionen, die in mimetischen Freizeitbeschäftigungen erlebt werden? Die erlebten Emotionen entsprechen den Emotionen des 'wirklichen Lebens': Die Emotionen (vor allem die objektiv negativen) werden mitempfunden, aber in einer Weise von der im wirklichen Leben i.d.R. keine ernsthafte Gefahr ausgeht. Sie werden in eine Tonart transportiert und "verlieren ihren Stachel". Sie werden mit einer 'Art Freude' vermischt.
V1: Elias über das öffentliche Erleben von Emotionen Er hält das öffentliche Erleben von Emotionen für eine psychische Notwendigkeit Freizeitbeschäftigung ermöglichen es starke Gefühle zu erleben, die in den Alltagsroutinen oft fehlen. Ihre Funktion ist nicht die Befreiung von Spannungen, sondern die Wiederherstellung des Maßes an Spannung, ohne das die psychische Gesundheit gefährdet ist.
V1: Elias über die kulturelle Funktion von Freizeitbeschäftigungen in der westlichen Kultur Sie sind ein Ausdruck der Suche nach Erregung. [Ästhetik] Oder: Der Versuch auf die Suche nach Erregung zu antworten. Eine Suche, die in der modernen "Kontrolle und Unterdrückung offenkundiger Emotionalität in unserem alltäglichen Leben" ihre Ursache hat.
V1: Elias über Kultur [Ästhetik, Ausdruck] und kultureller Kontext [Lebensweise] mimetische Freizeitbeschäftigungen = Kultur im Sinne von Ästhetik, Ausdruck, expressive culture moderne westliche Kultur = Kultur im Sinne der Lebensweise Die beiden Aspekte stehen nach Elias also in einem Zusammenhang: Es ist die moderne westliche Kultur, in der, für die Subjekte dieser Kultur, Freizeitbeschäftigungen Sinn machen.
V1: Ingeborg Weber-Kellermann: Erntebräuche Mitte des 19. Jahrhunderts und im Nationalsozialismus Die Relevanz des Kontextes wird in ihrer Beschäftigung mi Erntebräuchen deutlich. Die kulturelle Ausdrucksform, Kultur im Sinne von Ästhetik, expressive culture, ist hier der Brauch der Überreichung der Erntekrone/des Erntekranzes.
V1: geschichtlicher Kontext der Erntebräuche -um 1865 -Landwirtschaftliche Großbetriebe in Preußen -Saisonarbeiter mähen mit der Sense riesige Felder -der Gutbesitzer ist von der Leistung der Arbeiter abhängig -die Überreichung des Erntekranzes durch die Arbeiter an den Gutsherrn hat die Bedeutung, dass die Arbeiter vom Gutsherrn die Anerkennung ihrer Leistung, oder auch: seiner Abhängigkeit von ihnen einfordern -als Gegengabe spendiert er ein Fest
V1: Weber-Kellermann über die Kranzüberreichung (1/2) Die Kranzüberreichung wollte etwa sagen: Dieser Kranz ist das Zeichen unserer Arbeit. Ihr habt uns gut bewirtet und geehrt, dies ist auch Voraussetzung für weitere Arbeit/Erntesegen. Wenn ihr einen weiteren Erntesegen/weitere Arbeit wollt, spendiert uns ein Fest als Zeichen der Gegenseitigkeit!
V1: Weber-Kellermann über die Kranzüberreichung (2/2) Weber-Kellermann ist wichtig festzuhalten, dass die kulturelle Ausdrucksform (Überreichhung) [Ästhetik] in diesem historischen / kulturellen Kontext [Lebensweise] der sozioökonomischen Wirklichkeit entspricht. Der Gutsherr ist während der Erntezeit tatsächlich auf die Landarbeiter angewiesen.
V1: Erntekranzüberreichung im neuen Kontext des Nationalsozialismus (1/2) Nazis behaupten, im Bauerntum finde sich eine Kontinuität 'germanischer Lebensform' Hierzu gehörte für die Nazis der Erntedank an die Gottheit Wotan An dessen Stelle tritt nun Hitler, empfängt jährlich im Rahmen eines großen Menschenauflaufs Erntekranz aus den Händen des 'Volkes' Brauch ist in diesem Kontext Geste der Unterwürfigkeit
V1: Erntekranzüberreichung im neuen Kontext des Nationalsozialismus (2/2) Weber-Kellermann ist wichtig festzuhalten, dass die kulturelle Ausdrucksform (Überreichung) [Ästhetik] in diesem historischen/kulturellen Kontext NICHT der sozioökonomischen Wirklichkeit entspricht. Der Brauch ist unverbunden mit der sozioökonomischen Realität, da nur noch etwa 20% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind. Die expressive culture (Brauch) ist hier 'ideologisiert'.
V2: Titel 'Soap Talk' Beispiel für den Zusammenhang zwischen Kultur als Ausdrucksform (Ästhetik) und Kultur im ethnologischen Verständnis (Lebensweise). Nach dem von Marie Gillespie 1995 veröffentlichten Buch "Television, Ethnicity and Cultural Change"
V2: Untersuchungsfeld von Gillespie's Studie Jugendliche in Southhall, ein Vorort von London, in den 1980er Jahren. Southhall ist durch Migration aus dem Punjab (Indien, Pakistan) geprägt. Gillespie unterrichtete Medienpädagogik und Film, hieraus entwickelte sich eine mehrjährige ethnografische Studie.
V2: Kontext zu Gillespie's Studie Die australische Serie "Neighbours" ist DAS Gesprächsthema unter den Jugendlichen. Gillespie fragt sich, wie sich das erklären lässt, da auf den ersten Blick fallen markante Unterschiede auf: Der Cast besteht nur aus weißen SchauspielerInnen und die Handlung spielt in einer Straße eines fiktiven Vororts von Melbourne (wohlhabend).
V2: Der Soaptalk der Jugendlichen (1/2) ...kreist um die familiären Bedingungen, die in der Serie dargestellt sind. Attraktiv erscheint den Jugendlichen z.B. die Patchwork-Familie Robinson. Sie ist matriarchalisch organisiert. Die Frau im Zentrum zeichnet sich durch ihre Funktion der verständnisvollen Ratgeberin für die jugendlichen Familienmitglieder aus.
V2: Der Soaptalk der Jugendlichen (2/2) Die Realität der Jugendlichen (im Sinne von Kultur als Lebensweise) ist durch die patriarchalische Familienordnung geprägt. Sie geht hinsichtlich der gesellschaftlichen Wirklichkeit mit der Trennung der Lebensbereiche von Männern (Öffentlichkeit) und Frauen (Haushalt) einher, auch wenn diese durch die Berufstätigkeit vieler Frauen nicht mehr ungebrochene Gültigkeit besitzt. Familiäre Probleme sind innerhalb der Familie schwer zu thematisieren, da es tabu ist, den Erwachsenen zu widersprechen.
V2: Was ist die Soap für die Jugendlichen? Eine Möglichkeit ihre sozialen und kulturellen Erfahrungen vergleichend zu bewerten und ihre Hoffnung/ihr Verlangen nach Veränderung zu artikulieren. Soap Talk ermöglicht es ihnen ihre Probleme, indirekt, zu besprechen. Dies geschieht durch die Diskussion eines konkreten Charakters oder Situation und wie man an selber Stelle gehandelt hätte.
V2: Die Kultur im ethnologischen Verständnis (Lebensweise) in Southhall (1/2) ... ist durch Tratsch und Gerüchte geprägt. Gillespie lernt durch teilnehmende Beobachtung und Interviews, dass die Lebensweise durch Werte geprägt ist, die aus einem anderen Kontext stammen, dem der Lebensweise im Punjab. Diese Werte scheinen durch die Migration sogar verstärkt worden zu sein, möglicherweise durch die kulturelle Verunsicherung. Die patriarchalische Kultur bildet einen Aspekt der symbolischen Ordnung, deren Fixpunkt die Familie bilder, die die einzelnen Personen in den Augen der Leute, und in den eigenen Augen definiert.
V2: Die Kultur im ethnologischen Verständnis (Lebensweise) in Southhall (2/2) Subjekt ist man durch die Zugehörigkeit zur Familie. Die Familienehre (izzat) stellt daher das höchste Gut dar. Diese ist ständig bedroht durch das Verhalten der Mitglieder < der Jugendlichen < der Mädchen. Der hohe Stellenwert, der in der Kultur von Southall dem Tratsch und den Gerüchten zukommt, hat hiermit zu tun. Sie stellen die Kommunikationsform dar, die rund um die Familienehre kreist und sie bedroht.
V2: Über Andere und ihr Privatleben zu sprechen, vermeintlich Intimes interessant zu finden und öffentlich zu machen, Indiskretion zu begehen, die Privatsphäre Einzelner zu verletzen... ... kennzeichnet - aus Sicht der Jugendlichen- das Leben in Southall. ... kennzeichnet auch die Soap und wie die Jugendlichen mit der Soap umgehen.
V2: Tratsch und Gerüchte aus Sicht der beiden Kulturbegriffe Lebensweise: Herrschen vor, die Jugendlichen leiden darunter. Expressive culture: Attraktiv, den Jugendlichen wird so ermöglicht, Aspekte der Lebensweise auszudrücken und zu besprechen.
V2: Fazit Soap Talk Die expressive culture des Soap Talks ermöglicht es den Jugendlichen indirekt, verklausuliert, über diese Themen zu sprechen, die direkt nicht ansprechbar sind, weil dies tabu ist. Im Hintergrund steht hierbei der hohe Stellenwert, den de Familienehre (izzat) im Kontext der Kultur (Lebensweise) in Southall zum Zeitpunkt der Studie besitzt.
V3: Titel Hahnenkampf //Geertz' Interpretation der Bedeutung des Hahnenkampfes in einem Dorf auf Bali in den 1950er Jahren Untersuchung: 1958 Erstveröffentlichung: 1972 Methodik der Forschung: Ethnografische Feldforschung
V3: Fragestellung Welche Bedeutung hat der Hahnenkampf? Was sagt der Hahnenkampf als Phänomen der expressive culture über die Kultur im Sinne der Lebensweise aus?
V3: Vorüberlegung "... nur dem äußeren Anschein nach kämpfen Hähne gegeneinander, in Wirklichkeit sind es Männer."
V3: Welche Bedeutung hat der Hahnenkampf`? Die einzige Form in der Geerts eine offene Auseinandersetzung erlebt In ihm drückt sich eine Auseinandersetzung aus, die in der balinesischen Kultur in verdeckter Weise eine zentrale Rolle Spielt: Statusrivalität "Da nun Prestige (...) vielleicht die zentrale Kraft dieser Gesellschaft darstellt, finden wir dasselbe auch im Hahnenkampf wieder." Der Hahn als Medium, durch den der Hahnenkämpfer in die Arena tritt und symbolisch um seinen Status kämpft, ohne diesen tatsächlich zu gefährden.
V3: Die Wetten Erfüllen praktisch die selbe Funktion wie der Kampf. Es wird um viel Geld gewettet, als Zeichen des Status. Gewinn und Verlust ist aber statistisch nur temporär und gleicht sich über lange Zeit aus. Daher kommt es auch hier nicht zu einer tatsächlichen Veränderung des Status oder des materiellen Hab und Guts.
V3: Was sagt der Hahnenkampf, als Phänomen der expressive culture, noch über die Kultur im Sinne von Lebensweise aus? "Das Individuum ist über seine Zugehörigkeit zu traditionell bestehenden Gruppen definiert." Der Hahnenkampf als Simulation der sozialen Matrix. Man Wetter auf die Besitzer entlang der gemeinsamen Gruppenangehörigkeit(en). //man Wettet nicht gegen die Familie/das Dorf/die Kaste
V3: Der Hahnenkampf als kulturelle Ausdrucksform -Der Hahnenkampf lässt nichts geschehen -Demütigung auf allegorische Weise -Freude im Stillen bei Sieg -Kein Status verändert sich wirklich -keine soziale Mobilität -man kann die kurzen, starken Emotionen durch die Simulation einer sozialen Mobilität erleben -macht die lebensweltlichen Kultur und ihre Werte kurz greifbar und verleiht ihr Bedeutung, ohne tatsächlichen Kampf (der sonst vielleicht nötig wäre) -der Hahnenkampf ist also eine Metapher für die in der Lebensweise zu findende Statusrivalität
V4: Rekapitulation V3 Ansatz der Kulturforschung der darin Besteht Lebensweisen ausgehend von ästhetischen Phänomenen zu erforschen. Vorbild: Franz Boars geb. in Minden in Westphalen, Auswanderung in die USA, Begründung der Kulturanthropologie
V4: Titel Unbewusstes
V4: Das Unbewusste nach Sigmund Freud Eine Vorstellung davon, was in der Psychoanalyse unter dem Unbewussten verstanden wird, vermittelt Freuds kurzer Text über das Vergessen von Eigennamen Die falschen Namen sind Freud nicht ohne Grund eingefallen, Teile von ihnen kamen im vorherigen, schmerzlichen Gespräch vor. Der schmerzliche Gedankengang wurde verdrängt und damit auch die nötigen Wortteile für "Signorelli". Das Unbewusste umfasst das Verdrängte, dort wird auch "gedacht" jedoch in einer anderen Weise, als wir "Denken" sonst definieren.
V4: Das Unbewusste als Untersuchungsgegenstand der Kulturforschung (2/2) Rieken: Das Unbewusste ist eine mächtige Kraft, "mit deren Auswirkungen man immer rechnen sollte und die man zumindest auch teilweise wahrnehmen kann." Georges Devereux: Was im Unterbewussten eines Menschen wirksam ist, ist das, was von ihm im Zuge seiner psychischen Entwicklung, seiner Sozialisation, seiner Enkulturation verdrängt werden musste. Dies kann prinzipiell in drei Bereichen angesiedelt sein.
V4: Das Unbewusste als Untersuchungsgegenstand der Kulturforschung (2/2) 1: Die Verdrängung kann individuelle Ursachen haben, die in der Lebensgeschichte eines Menschen liegen. 2: Sie kann im Bereich des allgemeinen Menschen liegen (Incest, Mord innerhalb der eigenen Gruppe ect.) 3: Sie kann kulturspezifisch sein (In unterschiedlichen Kulturen [Lebensweise], muss unterschiedliches Verdrängt werden)
V4: Verdrängung, und damit die Arbeit des Unbewussten, aus kulturspezifischen Gründen (1/2) "Jeden Kultur gestattet gewissen Phantasien, Trieben und anderen Manifestationen des Psychischen den Zutritt und das Verweilen auf dem bewussten Niveau und verlangt, dass andere verdrängt werden. Dies ist der Grund, warum allen Mitgliedern ein und derselben Kultur eine gewisse Anzahl unbewusster Konflikte gemeinsam ist." -Devereux Expressive culture kann Hinweise auf diese in einer Kultur [Lebensweise] kollektiv verdrängten Gedanken geben. Kunst bietet die Möglichkeit, das auszudrücken, was tabu ist. So können z.B. Ängste auf Kunst projiziert werden und somit zum Ausdruck gebracht werden. (man denke an Märchen)
V4: Verdrängung, und damit die Arbeit des Unbewussten, aus kulturspezifischen Gründen (2/2) Für Devereux hat expressive culture die Funktion einen kulturellen Sicherheitsventils. ODER, die Funktion eines Kühlschranks, in den Phantasien "eingelagert" werden können, die zu stark mit Affekten beladen sind um verdrängt zu werden jedoch auf Grund der kulturelle Tabuisierung nicht vom Subjekt sich selbst zugeordnet werden können. Sie werden in das unpersönliche Gefüge der Kultur gebracht und damit in abstrakter und allgemeiner Form artikuliert und eben nicht als ein individuelles Problem einzelner Personen.
V4: Das Unbewusste, verbunden mit und vielleicht auch neben dem Verdrängten, enthält Beziehungen und Beziehungsformen, die für das Subjekt konstitutiv sind (1/3) Wie kann man sich die Psychoanalyse als Therapieform vorstellen, oder genauer: Wie kann man sich ihre Funktionsweise als Therapieform vorstellen? Mögliche Antwort: Die PS hat ein spezielles Setting: 50 min / mehrmals pro W. Haltung des Analysanden: freies Assoziieren (sagt alles, was ihm durch den Kopf geht, egal wie scheinbar unzusammenhängend oder peinlich; Denken, wie im Unbewussten
V4: Das Unbewusste, verbunden mit und vielleicht auch neben dem Verdrängten, enthält Beziehungen und Beziehungsformen, die für das Subjekt konstitutiv sind (2/3) Haltung der PsychoanalytikerIn: gleichschwebende Aufmerksamkeit (hört zu, aber achtet gleichsam darauf was in IHR vorgeht, welche Einflüsse, Assoziationen, Erinnerungen SIE erlebt, währen ER sich äußert) (Sie macht daraufhin Andeutungen auf diese, damit der Analysand seinen Einfällen und Gedankengängen weiter nachgehen kann) Wie kann dies therapeutisch wirksam werden? Durch Übertragung/Übertragungsneurose, also erkennen von gelernten, internalisierten kognitiven Beziehungen
V4: Das Unbewusste, verbunden mit und vielleicht auch neben dem Verdrängten, enthält Beziehungen und Beziehungsformen, die für das Subjekt konstitutiv sind (3/3) Gegenübertragung: Die Eingebungen/die Gefühle die im sonstigen Prozess bei der PsychoanalytikerIn auftreten. Es handelt sich um Reaktionen, um Antworten auf die Übertragungen des Analysanden, daher enthält die Gegenübertragung die Übertragung des Analysanden in der Form die durch die psychische Verfasstheit der Psychoanalytikerin "verschlüsselt" ist. Es handelt sich um die Antwort, die IHR Unbewusstes, auf das Unbewusste des Analysanden gibt. "Auf der Übertragungsebene, kommunizieren zwei Subjekte auf der Ebene des Unbewussten miteinander"
V4: Aber was wird eigentlich übertragen? Woher kommen die im Subjekt wirksamen Beziehungen, die es zum Subjekt machen? Es handelt sich dabei um: 1: idiosynkratische (individuelle) Erfahrungen in den Beziehungen zu den Menschen, mit denen man zu tun hat während des Aufwachsens. 2: kulturelle Prägungen, wie sie zum Beispiel im Umgang mit Institutionen und Rollenträgern erfahren werden (Schule, Ärzte u.a.) 3: allgemein menschliche Beziehungserfahrungen (z.B. Ödipuskomplex)
V5: Titel Diskurs //folgende 3 Vorlesungen handeln von Denkansetzen die dem STRUKTURALISMUS zugeordnet werden können
V5: Diskurs nach Foucault Diskurs = symbolische Ordnung Als 'Diskurs' bezeichnet Foucault die Artikulationsmächtigkeit wissenschaftlicher Denkkategorien (= Episteme) "Was aber, wenn empirisches Wissen zu einer gegebenen Zeit und innerhalb einer gegebenen Kultur wirklich eine wohldefinierte Regelmäßigkeit besäße?" Diese Regelmäßigkeit liegt auf der Ebene des Diskurses der Episteme
V5: "Diese Regelmäßigkeit liegt auf der Ebene des Diskurses der Episteme" Was meint Foucault damit? (1/2) Kuhn über Paradigma (meint dasselbe wie Episteme): Paradigma = Wissenschaftliche Theorie Als wissenschaftliche Theorie funktioniert das Paradigma, "indem es dem Wissenschaftler sagt, welche Entitäten es in der Natur gibt und welche nicht, und wie sie sich verhalten. Durch diese Informationen entsteht eine Landkarte, deren Einzelheiten durch reife wissenschaftliche Forschung aufgehellt werden." Neben Theorien enthält das Paradigma auch "die Richtungen für die Erstellung einer Landkarte. Wenn der Wissenschaftler ein Paradigma erlernt, erwirbt er sich Theorien, Methoden und Normen, gewöhnlich in einer unentwirrbaren Mischung."
V5: "Diese Regelmäßigkeit liegt auf der Ebene des Diskurses der Episteme" Was meint Foucault damit? (2/2) Das Paradigma ist ein "Vorverständnis", eine Schublade: "In keiner Weise ist es das Ziel der normalen Wissenschaft, neue Phänomene zu finden; und tatsächlich werden die nicht in die Schublade hineinpassenden oft überhaupt nicht gesehen." Die großen Momente sind für Kuhn daher die Paradigmentwechsel: "Die normale Wissenschaft strebt nicht nach neuen Tatsachen und Theorien; und findet auch keine, wenn sie erfolgreich ist. Neue und unvermutete Phänomene werden jedoch oft von der Wissenschaft genug entdeckt und immer wieder sind von Wissenschaftlern grundlegende Theorien aufgestellt worden." Die Wissenschaft muss also besonders erfolgreich in der Herbeiführung eines Paradigmenwechsels sein.
V5: Die Artikulationsmächtigkeit des Paradigmas zeigt sich, wenn ein bestehendes Paradigma durch ein neues Paradigma abgelöst wird. Foucault: Die archäologische Untersuchung hat zwei große Diskontinuitäten in der episteme [Paradigmenwechsel] der abendländischen Kultur freigelegt, die, die, klassische Zeitalter in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts einleitet und die, die Anfang des neunzehnten Jahrhunderts die Schwelle unserer modernen Epoche bezeichnet. Die Ordnung, auf deren Hintergrund wir denken, hat nicht die gleiche Seinsweise, wie in der Klassik. Auf der archäologischen Ebene sieht man, dass das System der Positivitäten sich an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhunderts auf massive Weise gewandelt hat. Das heißt nicht, dass die Vernunft Fortschritte gemacht hat, sondern dass die Seinsweise der Dinge und der Ordnung grundlegend geändert worden ist, die die Dinge dem Wissen anbietet, indem sie sie aufteilt.
V5: Was meint Foucault mit "Diskurs"? Der Diskurs bildet das "positiv Unbewusste des Wissen, eine Ebene, die dem Bewusstsein des Wissenschaftlers entgleitet und dennoch Teil des wissenschaftlichen Diskurses ist"; die Kategorien, mit denen wahrgenommen und gedacht wird. NICHT: zu reden, uns auszutauschen, zu verständigen, zu diskutieren. SONDERN: Eine Ebene, auf der sich regelt, was überhaupt sagbar ist. Diskurs ist für Ihn nicht die Kommunikation, sonder das, was Kommunikation ermöglicht.
V5: In welchem Verhältnis steht der Mensch zum Diskurs? Das Subjekt ist vom Diskurs abhängig! (= symbolische Ordnung) Der Mensch ist Subjekt eines Diskurses, also Subjekt einer bestimmten Art und Weise, die Wirklichkeit wahrzunehmen.
V6: Titel Habitus (nach Bourdieu)
V6: Übertragung von schichtspezifischem, impliziten Wissen Als entscheidend für den schulischen Erfolg erachtet Bourdieu die im Sozialisationsprozess stattfindende Übertragung eines schichtspezifischen, impliziten Wissens von Eltern auf das Kind. Dieses Wissen umfasst kulturelle Bildung, Werte und Haltungen gegenüber den gesellschaftlichen Institutionen. //Der wirksame Teil des kulturellen Erbens, die zweckfreie Bildung und die Sprache wird ohne methodische Bemühungen übertragen. Gerade das trägt dazu bei die Angehörigen einer Klasse in ihrer Überzeugung zu stärken, Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen wären nur Resultat von Lernprozessen, nur ihrer Begabung zu verdanken.
V6: Der Habitus, als im Subjekt wirksame Wahrnehmungs- und Handlungskategorien, entspricht den 'objektiven sozialen Strukturen' Die "Wahrnehmungs- und Handlungskategorien" des Individuums befinden sich mit den "objektiven Strukturen in Einklang, weil sie das Produkt der Inkorporation dieser Strukturen sind."
V6: Der Habitus als praktischer Sinn (1/3) Als Erbe, das heißt als Subjekt eines Habitus erfährt das Individuum die Wirklichkeit so, wie der engagierte Spieler ein Spiel erlebt. Das Vorhandensein des Habitus erscheint hierbei als die fundamentale Voraussetzung für die Beteiligung am Spiel. Denn der Habitus erzeugt erst den 'Sinn' für das Spiel. Bourdieu bezeichnet diesen Sinn deshalb als 'praktischen Sinn': "Als Ergebnis der Spielerfahrung, also der objektiven Strukturen des Spielraums, sorgt der Sinn für das Spiel dafür, dass dieses für die Spieler subjektiven Sinn" macht. Mit dem Sinn für das Spiel erhält das Individuum "Bedeutung und Daseinsgrund aber auch Richtung, Orientierung, Zukunft".
V6: Der Habitus als praktischer Sinn (2/3) Als Sinn für das Spiel ist der Habitus jetzt als kultureller Mechanismus benannt, der im Subjekt auch Motivationen erzeugt in denen das Subjekt des Habitus eine Wirklichkeit, eine Richtung erhält, eine Orientierung entsteht, auch zeitlicher Art, eine Idee von der Zukunft, wird der Habitus als Mechanismus zur Erzeugung von Interessen erkennbar.
V6: Der Habitus als praktischer Sinn (3/3) „Der praktische Sinn wählt bestimmte Objekte und Handlungen und folglich bestimmte ihrer Aspekte aus, indem er diejenigen betont, die ihn etwas angehen oder bestimmen, was er in der jeweiligen Situation zu leisten hat und unterscheidet so zwischen relevanten Eigenschaften und irrelevanten.“ Der Habitus bringt, für das Subjekt, eine ganze Welt hervor und nicht nur Fragmente.
V6: Der Habitus erzeugt eine kulturelle Zeit (1/2) Beispiel: Gabentausch bei den Kabylen Im Gegensatz zu der strukturalistischen Theorie von Claude Levi-Strauss, die das Prinzip des Gabentauschs fokussiert: eine Gabe verpflichtet zu einer gleichwertigen Gegengabe, interessiert sich Bourdieu für den Zeitraum, der zwischen den beiden Handlungen für die Beteiligten liegt.
V6: Der Habitus erzeugt eine kulturelle Zeit (2/2) Die Zeit die zwischen Gabe und Gegengabe liegt ist demnach eine erfüllte Zeit. Das ist mir das wichtige, nicht diese Details, die ich grade zitiert habe, sondern dieser Umstand, dass im Habitus eine Zeit entsteht, eine sinnerfüllte Zeit. Vor allem aber ist es eine Zeit die tatsächlich im Habitus entsteht. Einer Zeit, die bei den Kabylen durch das Prinzip des Gabentauschs fundamental durch einen Habitus bestimmt ist. Es ist der Zeitraum dessen Struktur und Ausdehnung es bedarf, damit ein Begehren in ihr nicht nur vorliegen, sondern darüber hinaus auch spielen kann. Was Bourdieu mit „Strategien“ meint, ist, dass innerhalb dieses Zeitraums eine Motivation der Subjekte durch den Habitus gegeben ist.
V6: Der Zusammenhang von Habitus und Zeit Der praktische Sinn des Habitus schlägt sich zum einen in Handlungen nieder und entfalte sich darüber hinaus in der Zeit. //Beispiel Fußball Bonz: Der an einem spiel beteiligte ist im künftigen Präsent, ist mit dem künftigen der Welt identifiziert. Verallgemeinert: Im Geltungsbereich des Spiels wird die Zeit im Subjekt des Habitus in eine Kontinuität erlebt. Zeit entsteht im Rahmen des Spiels. Es entsteht im Habitus.
V7: Titel Symbolische Ordnung Subjekt der Kultur zu sein heißt, in einer Beziehung zu ihrer symbolischen Ordnung zu stehen
V7: Was ist symbolische Ordnung? Bei Foucau und Boudieu haben wir das ethnologische Verständnis von Kultur kennengelernt als durch Kategorien gekennzeichnet mit denen Menschen die Wirklichkeit erleben und die ihrem Tun zugrunde liegen. Die Wirklichkeit ordnet sich in diesen Kategorien zur Welt, die man sich mit anderen Menschen teilt. Der Kulturtheoretische Fachbegriff ist „Symbolische Ordnung“, mit diesem hat man es in der Regel zu tun, wenn es um Kultur im Sinne von Lebensweisen geht.
V7: Es stellen sich 3 zentrale Fragen: Wie kommen die Menschen zur symbolischen Ordnung? Kann man in unterschiedlichen Beziehungen zur symbolischen Ordnung stehen? Kann man vielleicht sogar relativ unverbunden mit einer symbolischen Ordnung sein?
V7: 3 kulturtheoretische Ansätze, die in unterschiedlicher Weise Abstände zwischen Menschen und symbolischen Ordnungen thematisieren. JUDITH BUTTLER Judith Butler: sich auf Foucault beziehend: durch den Diskurs in dem die Frage nach dem Geschlecht nur 2 Optionen umfasst, ist alles andere nicht denkbar. Sie nennt Zweigeschlechtlichkeit eine kulturelle Fiktion und eine Folge des Diskurses. Sie erweitert diese Theorie mit dem Begriff der PERFORMANZ. Um sich selbst als Mann oder Frau zu kategorisieren und zu verstehen, müssen wir die Zweigeschlechtlichkeit durchgehend "aufführen" um diese aufrecht zu erhalten, damit sie nicht ihre Gültigkeit verliert. Umkehrschluss: Nur indem wir die symbolische Macht "tun", behält diese ihre Macht über uns.
V7: 3 kulturtheoretische Ansätze, die in unterschiedlicher Weise Abstände zwischen Menschen und symbolischen Ordnungen thematisieren. MATTHIAS WALTZ Matthias Waltz: "Die Ordnung der Namen" "Im Bürgertum wird auf den guten Namen der Familie Wert gelegt. Dieser bildet einen Knotenpunkt in einer symbolischen Ordnung von Familiennamen. ABER: Die Familiennamen verlieren ihre Bindungskraft, und die Bürgerkinder übernehmen nicht mehr in selbstverständlicher Weise die Lebensweise der Eltern. Manche verweigern sich der symbolischen Ordnung der bürgerlichen Welt und entscheiden sich für eine Leben in der Gegenordnung; der Welt der Kunst. Das heißt aber nicht, dass sie gegenüber der Anforderungen die von der bürgerlichen Welt an das Subjekt gerichtet werden frei wären. Sie spüren diese Erwartungen und Verpflichtungen und kämpfen gegen diese an. Auf diesen Kampf gründet sich ihre Welt, die alternative symbolische Ordnung der Kunst. Das schwierige, schlechte Verhältnis in dem sie zur bürgerlichen Welt stehen, lässt Waltz sie als "Neurotiker" bezeichnen.
V7: 3 kulturtheoretische Ansätze, die in unterschiedlicher Weise Abstände zwischen Menschen und symbolischen Ordnungen thematisieren. EDWARD SAID Othering - die Aufwertung des Selbst mittels Abwertung des Anderen Im europäischen Denken zu dieser Zeit (70er) wird der Orient als das "exotische Andere" entworfen, damit sich die europäische Gesellschaft vor diesem Hintergrund als zivilisierter und besser abheben kann. Durch seine Studie sprechen wir heute von "OTHERING" und meinen damit den Mechanismus der Dekonstruktion und Entwertung eines Anderen meinen. Er lässt sich immer dann beobachten, wenn Menschen in ihrer Identität bedroht sind, denn die Entwertung der Anderen bewirkt für einen selbst ein Überlegenheitsgefühl, da es die eigene Identität stärkt. Eine solche Krise der Identität können wir jetzt auch mit Hilfe des Systems "Symbolische Ordnung" benennen. Wenn die Kategorien der Symbolischen Ordnung in der das Subjekt steht ihre Selbstverständlichkeit verlieren, gerät das Subjekt in eine Unsicherheit im Bezug auf seine Welt und sich selbst. Durch das abwerten anderer "schützt" man sich und bestätigt die eigenen Kategorien seiner symbolischen Ordnung. "Das Subjekt wird wieder mit der symbolischen Ordnung vernäht."
V7: Die symbolische Ordnung der Anderen -Claude Lévi-Strauss Studie: "Das wilde Denken" (1962) -> hat andere Arten und Weisen zum Gegenstand, in welcher die Natur, die Wirklichkeit, verstanden und erklärt wird, als wir sie aus unserer europäischen Tradition gewohnt sind. Die Vorlesung fokussiert drei Aspekte: a) ein Beispiel für die anderen Kategorien, mit denen in anderen Kulturen die Wirklichkeit erklärt (klassifiziert) wird bzw. wurde b) der Umstand, dass diese ein ganzes Universum artikulieren, eine ganze Welt c) die Subjektivierung des Menschen auf Positionen, die in die Architektur dieser Welt eingelassen sind
V7: Beispiel: Die Klassifizierung der Wirklichkeit bei den Osage-Sioux (1/2) Die Osage teilen die Lebensweise und de Dinge in drei Kategorien ein: Himmel (Sonne, Stern, Kranich, Himmelskörper, Nacht, Konstellation der Plejaden) Wasser (Muscheln, Schildkröte, Binsenkraut, Nebel, Fische) Erde (schwarzer und weißer Bär, Puma, Stachelschwein, Hirsch, Adler) Adler??? JA! Denn: Adler-> Blitz->Feuer->Kohle->Erde Der Adler ist also als einer der "Herren der Kohle " ein Erd-Tier"
V7: Beispiel: Die Klassifizierung der Wirklichkeit bei den Osage-Sioux (2/2) Im dreiteiligen kosmologischen Schema klingt bereits an, dass die klassifizierenden Schemata die Möglichkeit bieten das natürliche und Soziale Universum in der Form einer organisierten Totalität zu erfassen. //also als ganze Welt, als DIE Welt, DAS eine Universum Eine weitere wichtige Kategorie ist die Zahl 13. Es gibt eine 13 des Himmels, eine 13 der Erde und eine 13 des Wassers. Jedes Teil der Systeme hat einen Antagonisten, somit erhöht sich die absolute Zahl der Dinge in jedem Element auf 26. Mittels des Systems der 7 Tiere findet eine Verfeinerung der Klassifizierung statt (Lev.Str: "Detotalisierung"). Der Bereich der Arten bildet noch nicht die Grenze der Klassifizierungsweisen, die Arten werden darüber hinaus auch in sich differenziert nach Körperteilen. So wird auch zurückgebunden an die symbolische Ordnung (Lev.Str.: "Retotalisierung") So gab es beispielsweise "Herren der Kohle", auf Grund von schwarzen Pfoten, Schnautzen oder Fell/Farbe. Detotalisierung: Schnautze, Pfote, Schwanz.... Retotalisierung: Alle schwarz->Kohle->eine Kategorie
V7: Als Subjekt der Kultur der Osage entsteht der Mensch auf einer Position innerhalb der symbolischen Ordnung Der Mensch erscheint als unmittelbar eingebunden in die vom "wilden Denken" klassifizierte Welt. Die einzelnen Gruppen sind durch die Totems "eingelassen" in die Architektur ihres Universums, ihrer symbolischen Ordnung. Menschen sind verbunden mit ihrem Totems und damit mit all dem, was mit ihnen in Verbindung steht. Eigennamen werden nach der Klassifizierung des Clans gewählt. Man wird als Mensch in die Struktur subjektiviert, u.a. indem man regelrecht in sie eingeschrieben wird.
V7: 'Imaginäre' und 'symbolische' Identifikation (1/2) Mit Begriffen des Psychoanalytikers Lacan kann der Identifikationsmechanismus des Othering auch als "imaginäre Identifikation" bezeichnet werden, hier geht es immer um das Selbstbild, darum, es als etwas Großartiges bestätigt zu bekommen und zu diesem Zweck andere zu entwerten. Der mit Lévi-Strauss beschriebene Identifikationsmechanismus wird als symbolische Identifikation bezeichnet und ist dadurch gekennzeichnet, dass das Subjekt eine Position verbindlich einnimmt, die im Rahmen einer symbolischen Ordnung vorliegt. Der einzelne erhält seine Identität durch die Gruppe (Clan), die mit einem ganzen Ausschnitt der symbolischen Ordnung verbunden ist (Totem).
V7: Abschluss. Der Begriff "symbolische Ordnung" steht für nichts anderes als Kultur im Sinne von Lebensweise! Denn er bezeichnet einen wesentlichen Aspekt von Kultur im Sinne von Lebensweisen
V8: Titel Ultras... ...am Beispiel der Bremer Ultra Gruppe "Infamous Youth" //Aber vor allem Othering und Performanz
V8: Othering Es geht um Vorstellungen, darum, wie man andere wahrnimmt und wie man sich selbst wahrnimmt. Das Andere wird bei Othering also entworfen, um entwertet zu werden, damit das Eigene eine Aufwertung bzw. Bestätigung erfährt. Das findet im Kleineren und Größeren in unserem Alltag statt. Es steckt auch eine Selbstidealisierung darin, eine imaginäre Identifikation: Man bestätigt sich selbst, indem die Idealisierung, an der das Selbst hängt, dadurch eine Bestätigung erfährt, dass Anderes entwertet wird. Othering ist oft mit Rassismus verbunden. Othering verhindert die wirkliche Anerkennung, auch das Entstehen einer Beziehung. Stattdessen wird man in einem Bild gefangen genommen, in einer Zuschreibung, die unter Umständen nichts mit dem zu tun hat, wie man sich selbst wahrnimmt.
V8: Performanz Die symbolische Ordnung muss belebt werden, getan werden, um zu bestehen. Ultras: TUN ihre symbolische Ordnung durchgehend in den symbolischen Beziehungen zu anderen Gruppen wie dem Verein, anderen Ultra-Gruppen oder der Polizei.
V8: Zeitraum Eine Vorstellung von der Zeit entsteht erst im Rahmen einer symbolischen Ordnung. Beispielhaft wären Wochentage. Dass wir eine Idee von unserer Zukunft haben, liegt an den Kategorien mit denen wir die Wirklichkeit wahrnehmen, also an unserem Habitus.
V8: Ultras als Kultur im Sinne von Lebensweise Denken und Handeln nach eigener symbolischer Ordnung. Das Subjekt entsteht identifiziert sich durch die Gruppe und diese wiederum definiert sich durch die symbolische Beziehung zu anderen Gruppen oder auch durch Othering, also imaginäre Identifikation.
V8: Ultras als expressive culture Steht im Kontext der Lebensweise des rechtsstaatliche, demokratischen, kapitalistischen, westlichen Systems. Viele verschiedenen Lebensweisen Koexistieren, sozusagen als "Subkultur" in dieser Kultur. In dieser Subkultur der Ultras findet ihr Handeln Bedeutung als expressive culture. Das Ultradasein ist also sowohl Kultur im ästhetischen Sinn, als auch Kultur im Sinne von Lebensweise.
V8: Erlebt man sich eher in der Abgrenzung/Abwertung anderer Teams und der damit verbundenen Aufwertung der eigenen symb. Ordnung (Othering) , oder eher in Beziehungen zu anderen Gruppen von denen man sich unterscheidet, aber auch anerkannt wird? (symbolische Beziehungsform9 Beides fließt ein! Was sich stärker ausprägt, kommt auf die Werte und Handlungsmuster der Gruppe an, aber in den meisten fällen kommt man ganz ohne symbolische Beziehungen nicht aus.
V8: Bedeutung des Aufklebers Wunsch nach Sichtbarkeit/Anerkennung Zeigt sich auch in anderen Aspekten, man möchte auch, dass soziales und politisches Engagement gesehen/anerkannt wird.
V8: Die Gruppe entsteht in Beziehungen zu anderen Gruppen Der Kontakt ist nicht nur durch rivalisierende Abgrenzung bestimmt, sondern außerdem auch durch Kontakt und Austausch. Man will auch respektiert und anerkannt werden von anderen Gruppen. Das Verhältnis lässt sich mit dem Konzept des symbolischen Gabentausch begreifen. Es sind also symbolische Beziehungen. "Symbolisch" heißt in diesem Fall, dass es Beziehungen sind, die verbindlich sind, weil sie über Gabe und Schulden Verlaufen. Bannerklau -> Ehrverletzung -> negative Gabe -> Gegengabe: Ehrverletzung DIE BEZIEHUNGEN KONSTITUIEREN DIE GRUPPE ALS GANZE UND MIT IHR DAS EINZELNE SUBJEKT DER GRUPPE. Die Einzelnen Positionen entstehen im Medium des Gabentauschs. Die Subjektivität des einzelnen hängt an der Gruppe, denn die Gruppe bildet die Position, auf der das Subjekt steht.
V9: Titel Von der 'Depression' zur Kreativität
V9: Soziales Sterben Man kann als Mensch die Erfahrung machen, für andere die Bedeutung zu verlieren, oder auch, dass für einen selbst all das, was bislang Bedeutung besaß, diese verloren hat. Was Sinn machte, macht auf einmal keinen mehr und man selbst in seiner Subjektivität ist hiervon betroffen, da man als Subjekt einer symbolischen Ordnung, die plötzlich keinen Sinn mehr macht, die Bedeutung als Subjekt verliert. Dies geschieht im Moment des Übergangs von einer Kultur in die Andere, im Moment des Paradigmenwechsels. Beispiel: Feldforschung -> Kulturschock Dieses soziale Sterben geht einher mit dem leben in spätmodernen, westlichen Gesellschaften, es gehört zu unserem Alltag.
V9: Ungültigkeit einer symbolischen Ordnung In der aktuellen Kulturforschung kommt diese Ungültigkeit einer symbolischen Ordnung immer wieder zum Ausdruck. Zwei prominente Beispiele: Das Verständnis von Performance bei der Theaterwissenschaftlerin Erika Fischer-Lichte Die Akteur-Netzwerktheorie des Soziologen Bruno Latour
V9: Performance nach Erika Fischer-Lichte (1/3) Artikel: "Auf dem Wege zur performativen Kultur Ereignis: Im Jahre 1952: Während der Sommerschule des Black Mountain College fand ein "untitled Event" statt. Kaum gemeinsame Vorbereitung, lediglich Zeiten für Aktionen, Pausen und Stille vorgegeben. So sollte sichergestellt werden, dass zwischen den Aktionen keine kausale Beziehung entstehen würde und dass alles was nach der Aktion geschieht auch nur im Beobachter selbst stattfindet. Ort: Speisesaal des Collages, Dreiecke. Auf jedem Stuhl eine Tasse, keine Erläuterung. Etliche Aufführungen verschiedenster Künste, nach besagter Gliederung. Am Ende werden die Tassen mit Kaffee gefüllt, egal ob sie als Aschenbecher benutzt wurden, oder nicht.
V9: Performance nach Erika Fischer-Lichte (2/3) Interpretation durch Fischer-Lichte: Eine Reihe von Aspekten: Die Performance bezieht sich nicht auf eine Referenz. Eine solche Referenz wäre im Bereich der performativen Künste etwa der Text eines Theaterstücks im klassischen Theater. Eine solche Referenz ist hier nicht vorhanden. Damit einhergehend besitzt die Performance auch keinen Zusammenhang. Weder was die künstlichen Mittel, noch was die Inhalte, die Handlungen angeht. Was ihr damit in einer augenfälligen Weise abgeht, sind zwei Aspekte, die eine symbolische Ordnung leisten würde: Eine Referenz abzugeben, auf die sich alles, was geschieht, bezieht Und die damit alle Geschehnisse in einen Zusammenhang stellen würde. DAS schafft die symbolische Ordnung in ihren Subjekten. Sie ordnet die Wirklichkeit zu einer Welt. Sie macht, dass Handlungen, Dinge, andere Menschen in einem Zusammenhang erscheinen, Bedeutung besitzen, Sinn machen.
V9: Performance nach Erika Fischer-Lichte (3/3) In Erika Fischer-Lichtes Verständnis der Performance als Kunstform erfolgt die Sinnstiftung hingegen individuell, auf Grund der Assoziationen, der Erinnerungen, der Wahrnehmungsmuster, der Diskurse, über die die einzelnen Zuschauer individuell verfügen. So setzen sie sich selbst einen Sinnzusammenhang für die Ereignisse zusammen. E-F-L sagt deutlich, dass sie in der Performance eine Aussage über gesellschaftliche Tendenzen sieht, anders gesagt: Als Phänomen der expressive culture sagt die Performance etwas über die Kultur im Sinne von Lebensweise aus
V9: Akteur-Netzwerk Theorie //Bruno Latour der bekanntesten Vertreter dieses sozialwissenschaftlichen Forschungsansatzes Latour billigt auch nicht menschlichen Entitäten einen Akteurstatus zu (Tiere, Maschinen, Ideen) Nach Latour ist Gesellschaft und Kultur nicht von dauer und erhält sich selbst nur durch Performanz, durch stetigen Wandel, Verfall oder Schöpfung. Eine bestehende, allgemeingültige symbolische Ordnung ohne Mobilität gleiche dem Zerfall selbiger. "Sobald man aufhört, Gruppen zu bilden und umzubilden, gibt es keine Gruppen mehr."
V9: Die 'Depression' - Vorüberlegungen Dass in der jüngeren Kulturtheorie die symbolische Ordnung als abwesend beschrieben wird, oder auch abwesend gemacht wird, heißt nicht, sie sei ein unwichtiges oder gar falsches Konzept. Aber was heißt es dann? Es heißt, dass sich die Überlagerung von Latour und Fischer-Lichte so verstehen lässt: Sie sind ein Hinweis darauf, dass unsere spätmoderne westliche Kultur eine Kultur ist, in der die symbolische Ordnung nicht immer wirkungsmächtig ist. Damit ist nicht gemeint, sie wäre nicht da. Aber sie bindet die Menschen nicht wirklich und dauerhaft.
V9: Die 'Depression' - Erläuterung Die Depression hat ihre Ursache darin, dass, für die Menschen die so erleben, eine symbolische Ordnung nicht beständig ist. Natürlich nehmen die Menschen auch heute die Wirklichkeit mit Kategorien der symbolischen Ordnung wahr, aber immer wieder fallen sie aus ihr heraus und die Kategorien und die Welt die sich in ihr erzeugt haben entleeren sich. UND DAMIT ENTLEERT SICH AUCH DAS SUBJEKT!
V9: Techno Music - ein kreativer Umgang damit, NICHT Subjekt einer symbolischen Ordnung zu sein. Herausgelöst sein Ethnografische Studie von Bonz rund um die Kultur von House, EDM und Techno in den 90er Jahren Diese Kultur ist dadurch gekennzeichnet gerade mit der UNwirksamkeit einer symbolischen Ordnung zu arbeiten. Eben WEIL die Subjekte nicht mit einer s.O. identifiziert sind, können sie den Zustand genießen stundenlang zu tanzen. ZUGLEICH gibt es in der Kultur jedoch eine Bewegung hin zur Etablierung einer s.O. Etwa durch: Etablierung von Zeitschriften und auch die Etablierung von Netzwerken. Am eindrücklichsten jedoch bemerkbar beim tanzen selbst!
V9: Techno Music - ein kreativer Umgang damit, NICHT Subjekt einer symbolischen Ordnung zu sein. Weg zur symbolischen Ordnung Gerade aus dem Grund, dass man ja eigentlich ganz leer und mit nichts identifiziert ist, ergibt sich die Möglichkeit mit dem Track, der durch seine Spuren Assoziationen bildet, zu "verschmelzen" oder anders: Man ist mit mit einem Element des Tracks in Beziehung gesetzt. Der Track wird Ordnung, und somit Kultur im Sinne von Lebensweise. In der Welt die diese Kultur, wenn auch nur für den Moment, erschafft, wird das Individuum zum Subjekt, Subjekt des Tracks. Damit findet hier das statt, was in der strukturalen Psychoanalyse als Subjektivierungsvorgang beschrieben wird.
V9: Subjektivierungsvorgang in der strukturalen Psychoanalyse Das Kleinkind erlebt sich im Modus einer imaginären Identifikation in einer idealisierten Gestalt als etwas Wunderbares. Unter der Hand jedoch findet es sich in einem anderen Zustand wieder, der dadurch gekennzeichnet ist, dass sich Phänomene benennen lassen. Was gerade noch einzigartig und großartig erschien, erweist sich als Teil eines Gesamtzusammenhanges. Das ist der Eintritt des Kindes in die symbolische Ordnung. Diese Erfahrung wird bei der Kultur des Tanzes zu elektronischer Musik durchgehend nachgespielt. Eine narzisstische Erfahrung, die in der Herausbildung einer symbolischen Ordnung mündet.
V9: Techno als expressive culture Als expressive culture lässt sich Techno also als Kunst der spätmodernen Kultur so verstehen: Dass sie einen zentralen Aspekt der Kultur in Szene setzt: NICHT mit einer symbolischen Ordnung identifiziert zu sein, gerade deshalb bestimmte Genüsse erleben zu , aber auch immer hinzustreben zu einer Identifikation im Bereich der symbolischen Ordnung.
V9: 'Übergangsobjekt' und 'Übergangsraum' Der Übergangsraum besitzt in der spätmodernen westlichen Kultur eine große Relevanz. Vor dem Hintergrund der Beobachtung, dass die symbolische Ordnung in der spätmodernen westlichen Kultur ihre Subjekte nicht wirklich identifizieren vermag, könnte die Ursache dafür wie folgt aussehen: Nicht wirklich mit EINER symbolischen Ordnung identifiziert bewegen wir uns ständig zwischen verschiedenen symbolischen Ordnungen. Es sind wie leicht verschiedene Welten, die nebeneinander existieren. Wenn wir uns zwischen ihnen bewegen, heißt das, wir müssen die Grenze zwischen äußerer Realität und innerem Wirklichkeitserleben immer wieder neu justieren, ständig. Um das leisten zu können, brauchen wir einen Übergangsraum. In diesem Raum können wir die Grenzziehungsbemühungen sein und uns gehen lassen; erholen.
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