Rechtskunde

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Flashcards on Rechtskunde, created by marinaschlachter on 14/06/2016.
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Question Answer
1. In welchem Verhältnis stehen ZGB und OR zueinander, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus? ZGB und OR bilden materiell eine EH. Formell ist das OR der fünfte Teil des ZGB, es hat aber eine eigene Nummerierung. Art. 7 ZGB bestimmt, dass die allgemeinen Bestimmungen des OR auch auf andere zivilrechtliche Verhältnisse Anwendung finden. Die Auslegung von Art. 7 ZGB ergibt aber, dass der Wortlaut zu eng gefasst ist und alle Bestimmungen des Allgemeine Teils des OR sich auf die Verhältnisse des ZRG anwenden lassen. Diese Übernahme darf allerdings nur sinngemäss, d.h. analog erfolgen. Regelungen allgemeiner Natur des ZRG finden unmittelbare Anwendung auf die obligationenrechtlichen Verhältnisse.
2. Was bedeutet „guter Glaube“? Fehlendes Unrechtsbewusstsein.
3. Paulina Poppen kauft sich von ihrem Gehalt als Lehrtochter einen iPad für CHF 550. Paulina ist aber erst 16 ½ Jahre alt und somit unmündig. Ihr Vater ist nicht bereit, sein Einverständnis zum Vertrag zu geben und verlangt vom Geschäft, den Vertrag zu annullieren. Das Geschäft weigert sich und droht mit Klage auf Erfüllung des Vertrags. Sie sind Anwalt von Vater Poppen. Was raten Sie ihm? Vater Poppen soll die Sache auf sich beruhen lassen. Zwar ist Paulina unmündig und somit beschränkt handlungsunfähig (ihre Urteilsfähigkeit kann hier angenommen werden), doch kann sie über einen Teil ihres Vermögens verfügen. Dazu gehört neben ihrem Taschengeld und kleineren Geldgeschenken auch ihr Lehrlingslohn. Ihre finanziellen Verpflichtungen müssen aber im Rahmen ihres Arbeitsverdienstes stehen. Für Ausgaben, die diesen Rahmen sprengen, ist die ausdrückliche Zustimmung der Eltern nötig. Paulinas iPad befindet sich wohl innerhalb dieses Rahmens. Anders hätte es ausgesehen, wenn sie sich für ein paar tausend Franken ein Heimkino gekauft hätte. In solchen Fällen wäre die Zustimmung der Eltern nötig gewesen.
4. Braucht jedermann einen Wohnsitz? Nach ZGB hat notwendig jedermann einen Wohnsitz (im Rechtssinn). Das Gesetz bestimmt in Art. 23 f. ZGB, welcher das ist.
6. Wie ist das Verhältnis des Allgemeinen Teils des OR zum Besonderen Teil geregelt? Ist eine bestimmte Rechtsfrage im Besonderen Teil nicht geregelt, so gelten die Bestimmungen des Allgemeinen Teils. (Ist die Rechtsfrage sowohl im AT als auch im BT geregelt, stellen sich z.T. schwierige Abgrenzungsfragen. Je nachdem, welche Normen sich gegenüberstehen, ist die Frage nach ihrem Verhältnis anders zu beantworten. So verdrängen z.B. die Regeln zur kaufrechtlichen Gewährleistung die Bestimmungen des Art. 97 OR weitgehend, während Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR (Grundlagenirrtum) neben dem Gewährleistungsrecht alternativ anwendbar ist.)
8. Käufer K klagt gegen den Verkäufer (Importeur) V, der ihm das Auto nicht zum vertraglich vereinbarten Kaufpreis liefern will. V wehrt sich und macht geltend, dass er auf Grund eines Vertrags zwischen ihm und dem Hersteller das Fahrzeug nicht zu einem so tiefen Preis verkaufen dürfe, da dies für das Image der Marke schädlich sei. Er habe dies beim vertraglich mit K ausgehandelten Preis übersehen. Kann sich der Verkäufer gegenüber dem Käufer auf dieses Argument berufen? Der Einwand von V, dass er den Vertrag mit dem Hersteller verletze, wenn er K das Auto zu einem so tiefen Preis verkaufe, ist nicht stichhaltig. Der Vertrag zwischen V und dem Hersteller begründet lediglich relative Rechte und Pflichten, sie gelten also nur zwischen den Vertragspartnern und können im konkreten Fall dem K (der am Vertrag nicht beteiligt ist) nicht entgegengehalten werden. Zudem hätte V die Verpflichtung, den Wagen nicht zu einem so tiefen Preis zu verkaufen, bereits bei Abschluss des Kaufvertrages mit K und nicht erst bei dessen Erfüllung beachten müssen.
9. Welches sind die Entstehungsgründe für eine Obligation? - Vertrag (Art. 1 bis 40 OR); - Unerlaubte Handlung (Art. 41 bis 61 OR); - Ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 bis 67 OR)
10. Das Schlafzimmer eines Einfamilienhauses brennt aus, weil der Mieter beim Rauchen eingeschlafen ist. Hat nun der Vermieter Anspruch auf Schadenersatz aus (Miet-)Vertrag oder aus unerlaubter Handlung? Prüfung eines Anspruchs aus Vertrag: Der Mieter hat die Pflicht, die gemietete Sache sorgfältig zu gebrauchen (Art. 257f. OR). Im vorliegenden Fall hat der Mieter gegen diese Vorschrift verstossen und wird darum ersatzpflichtig (Schlechterfüllung des Vertrags, Verletzung einer Nebenpflicht) Prüfung eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung: Verstoss gegen Verhaltenspflichten (Rechtswidrigkeit), Rechtsgutverletzung, Kausalität, Verschulden Die Voraussetzungen beider Anspruchsgrundlagen sind erfüllt. Gemäss BG herrscht stets Anspruchskonkurrenz, wenn durch die Verletzung einer vertraglichen Pflicht eine unerlaubte Handlung begangen wurde. Der Vermieter kann also beide Anspruchsgrundlagen gleichzeitig geltend machen; bei der Erfüllung eines Anspruchs geht der andere jedoch unter. Insbesondere mit Bezug auf die Beweislastverteilung ist es für den Vermieter in der Regel günstiger, den vertraglichen Anspruch geltend zu machen, denn bei einer Vertragsverletzung wird das Verschulden im Gegensatz zur unerlaubten Handlung vermutet.
1. Schreibt der Staat Ihnen vor: Ob Sie einen Vertrag schliessen dürfen? Mit wem Sie einen Vertrag schliessen dürfen? Welchen Inhalt der Vertrag haben soll? In welcher Form Sie einen Vertrag abschliessen? Die Entscheidung, (a) ob man einen Vertrag abschliessen will oder nicht, (b) mit wem man den Vertrag eingehen möchte, (c) welches der Inhalt sein soll und (d) in welcher Form der Vertrag geschlossen werden soll, ist nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit Sache der jeweiligen – (a) Abschlussfreiheit; (b) Partnerwahlfreiheit; (c) Inhaltsfreiheit und (d) Formfreiheit. – Die Vertragsfreiheit gilt aber nur im Grundsatz, also nicht uneingeschränkt: So können z.B. zum Schutz der schwächeren Vertragspartei bestimmte Vertragsinhalte zwingend vorgeschrieben oder aber auch verboten werden, oder die Einhaltung bestimmter Formvorschriften kann geboten sein. Abgesehen von gewissen Einschränkungen kann der Staat gerade mit Bezug auf die Vertragsfreiheit weder Inhalt noch Form oder Partner eines Vertrags vorschreiben.
2. Für C eröffnet sich die einmalige Chance, für einen Reiseveranstalter als Animateur auf den Malediven zu arbeiten. Einziger Haken: Arbeitsbeginn ist bereits in 2 Tagen. C, der noch als Sportartikelverkäufer arbeitet, bittet seinen Chef, das Arbeitsverhältnis per sofort aufzulösen. Wäre eine solche Vereinbarung im Hinblick auf die in Art. 335c OR festgehaltene Kündigungsfrist von bis zu 3 Monaten rechtens? Gemäss Art. 335c Abs. 2 OR kann die Kündigungsfrist durch die Parteien auf minimal einen Monat reduziert werden. Die Kündigung ist eine einseitige Willenserklärung zur Beendigung eines Vertrages, d.h. sie ist ohne Einverständnis der Gegenpartei gültig. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um einen Aufhebungsvertrag (Auflösung des Vertrags durch gegenseitige Willenserklärung). Wenn beide Parteien mit der Vertragsauflösen einverstanden sind, müssen die Parteien für die Auflösung des Vertrags keine Kündigungsfristen beachten. Eine solche Übereinkunft ist auch im Arbeitsrecht jederzeit möglich, was zwar nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist, sich aber aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit ergibt.
4. Sie erhalten folgenden an Sie persönlich adressierten Brief: „Dies ist ein Exklusivangebot für Sie zum Kauf von 10 Flaschen Rotwein, „Vino nobile di Montepulciano“, Jahrgang 2003 zu CHF 15 pro Flasche. Da dieses vorteilhafte Angebot kaum abzulehnen ist, gehen wir davon aus, dass Sie mit der Lieferung einverstanden sind und werden Ihnen den Rotwein zustellen, falls wir von Ihnen keine gegenteilige Antwort erhalten.“ Müssen Sie antworten bzw. das Angebot ablehnen, um nicht an den Vertrag gebunden zu sein? Grundsätzlich bedeutet Schweigen auf ein Angebot keine Annahme; dies gilt auch dann, wenn einen der Absender zu einer Antwort auffordert. Jedoch zwei Ausnahmen gemäss Art. 6 OR: - „besondere Natur des Geschäftes“ (z.B. Schenkung) - „besondere Umstände“ (z.B. auf Grund des Vertrauensverhältnisses im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung).  Im vorliegenden Fall trifft keine dieser Ausnahmen zu, folglich werden Sie durch Schweigen nicht vertraglich gebunden.
5. In einem Brief, abgeschickt am Dienstag, erklärt A dem Juwelier J, er wolle nun den Damenring für CHF 2 500, den er letzte Woche angesehen habe, kaufen. Der Brief trifft am Donnerstag um 9.00 Uhr im Geschäft ein. In welchen Fällen hat er seine (briefliche) Willenserklärung rechtzeitig widerrufen? Ein Widerruf einer Annahme ist grundsätzlich möglich, wenn (Art. 9 OR): - der Widerruf vor der Annahme eintrifft oder - der Widerruf beim Empfänger zwar später eintrifft als die Annahme, dieser aber von der Annahme noch keine Kenntnis hat. Eingetroffen (Zugegangen) = wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, also auch z.B. wenn sie im Briefkasten liegt, bei einer Hausgenossin oder an der Empfangsloge abgegeben wurde.
8. Welchen Formerfordernissen müssen Verträge genügen, wenn der Gesetzgeber nichts Besonderes vorgesehen hat? Grundsätzlich können Verträge formfrei abgeschlossen werden (Art. 11 OR), also auch mündlich. Es steht den Parteien aber frei, eine andere Form zu wählen (Art. 16 Abs. 1 OR) und sich somit aus freiem Willen eigene Formvorschriften aufzuerlegen.
9. Nachdem ein Lehrling einen halben Monat gearbeitet hat, stellt sich heraus, dass der Lehrvertrag die Formvorschrift verletzt. Art. 334a OR verlangt Schriftlichkeit, der Vertrag wurde jedoch nur mündlich abgeschlossen. Wie ist die Rechtslage? Der Lehrvertrag bedarf zur Gültigkeit grundsätzlich der schriftlichen Form (Art. 344a OR). Gemäss Art. 355 OR sind auf den Lehrvertrag die Bestimmungen des Einzelarbeitsvertrages ergänzend anwendbar.
11. In welche Gruppen und Untergruppen können die Fälle des Irrtums unterteilt werden? Es wird primär zwischen dem Erklärungsirrtum (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 1-3 OR) und dem Grundlagenirrtum (wesentlicher Motivirrtum; Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR) unterschieden. Beim
13. Welche Rechtsverhältnisse bestehen zwischen welchen beteiligten Personen, wenn eine Stellvertretung vorliegt? Welche Voraussetzung muss der Vertreter erfüllen, damit eine Stellvertretungswirkung eintritt? Bei der STV handelt ein Vertreter im Namen des Vertretenden gegenüber einem Dritten. Der Vertretene erteilt dem Vertreter die Vollmacht (Rechtsbeziehung zwischen Vertretenem und Vertreter). Der vom Vertreter abgeschlossene Vertrag kommt direkt zwischen dem Vertretenen und dem Dritten zustande. Zwischen dem Vertreter und dem Dritten besteht folglich kein Rechtsverhältnis. Je nach Umfang der Vollmacht unterscheidet man zwischen Generalvollmacht (ermöglicht dem Vertreter, alle üblicherweise anfallenden Rechtsgeschäfte für den Vertretenen zu übernehmen) und Spezialvollmacht (der Kreis der möglichen Rechtshandlungen wird durch den Vertretenen eingeschränkt.) Einen Spezialfall stellt die Substitutionsvollmacht dar: Der primäre Vertreter wird ermächtigt, gegebenenfalls einen sekundären Vertreter zu bestimmen, der an seiner Stelle für den Vertretenen tätig wird (Bsp.: Ein Anwalt ist bevollmächtigt, einen anderen Anwalt mit seinem Mandat zu betrauen).
2. Ein berühmter Tenor ist für eine Galavorstellung in Zürich engagiert worden. Wegen einer unvorhersehbaren Terminkollision möchte er sich durch einen Kollegen vertreten lassen. Ist dies möglich? Der Schuldner muss den Vertrag persönlich erfüllen, wenn es bei der Erfüllung auf seine Persönlichkeit ankommt (Art. 68 OR). Bei einer Operngala kommt es sehr wohl auf die Persönlichkeit des Tenors an. Ohne Zustimmung des Gläubigers kann er sich nicht vertreten lassen. Tut er dies trotzdem, so wird dem Gläubiger wegen Nichterfüllung schadenersatzpflichtig (Art. 97 OR).
6. Wann findet die Gefahrenübertragung bei einem Distanzkauf statt? Grundsätzlich trägt der Eigentümer der Sache das Risiko für deren zufälligen Untergang (Gefahr). Nutzen und Gefahr gehen also prinzipiell mit der Eigentumsübertragung auf den Erwerber über. Im Kaufrecht gilt diese Regelung jedoch nicht absolut: Nach Art. 185 Abs. 1 OR gehen Nutzen und Gefahr beim Stückkauf grundsätzlich mit dem Abschluss des Kaufvertrags auf den Käufer über, auch wenn die Übergabe bzw. der Eigentumsübergang noch nicht stattgefunden hat („Waren reisen auf Gefahr des Käufers“). Ist jedoch bei einem Stückkauf (Speziesware!!) Versendung vereinbart, wird Art. 185 Abs. 2 OR analog angewendet. Beim Gattungskauf unterscheidet man zwischen Platzkauf und Distanzkauf (auch Versendungskauf genannt, Art. 185 Abs. 2 OR). Beim Platzkauf geht die Gefahr mit der Ausscheidung über, beim Distanzkauf jedoch erst mit der Übergabe der Sache zur Versendung.
9. Was ist unter einem Werk im Sinne des Werkvertrages zu verstehen? Was ist Werklieferungsvertrag? Werk im Sinne des Werkvertragsrecht kann fast alles sein, auch sog. Geist-Werkverträge, z.B. die Erarbeitung eines Konzeptes, sind zugelassen. Als Abgrenzungskriterium zu anderen Verträgen auf Arbeits- und Dienstleistungen ist immer das Versprechen des Werkunternehmers, einen bestimmten Arbeitserfolg zu erbringen, massgebend. Ein Werklieferungsvertrag ist ein Werkvertrag mit der Besonderheit, dass der Unternehmer den Stoff liefert, das heisst, es werden Kauf- und Werkvertrag vermischt (Art. 365 Abs. 1 OR).
1. Liegt in den folgenden Fällen Schlechterfüllung oder Aliud- bzw. Falschlieferung vor? a. Bauer Hugentobler bestellt bei der Chriesi AG 100kg rote Kirschen, es werden ihm jedoch schwarze geliefert. Aliudlieferung: Es wird Ware einer anderen Gattung geliefert als abgemacht war. Merksatz: „Es ist kein Mangel der Gans, dass sie keine Ente ist.“ Die Gans ist keine qualitativ schlechte (mängelbehaftete) Ente, sondern sie ist keine Ente.
b. Es werden dem Bauern faule rote Kirschen geliefert. Schlechtlieferung: Die Gattung ist korrekt, allerdings stimmt etwas mit der Qualität nicht.
4. Welche allgemeinen Verzugswirkungen kennen Sie? Inwiefern ist es bezüglich der allgemeinen Verzugsfolgen von Bedeutung, ob der Schuldner den Verzug verschuldet hat? Der Verzug ändert grundsätzlich werden den Inhalt noch die Erfüllbarkeit der Forderung: der Schuldner darf nach wie vor leisten und der Gläubiger kann die Erfüllung verlangen und sie nötigenfalls einklagen. Mit Verzugseintritt kann der Gläubiger bei Geldschulden Verzugszins fordern (Art. 104 OR). Ist der Verzug dem Verschulden des Schuldner zuzuschreiben, hat dieser zudem dem Gläubiger einen allfälligen Verspätungsschaden zu ersetzen und er haftet für den zufälligen Untergang des Vertragsgegenstandes (Art. 103 OR). Die Pflicht zur Zahlung von Verzugszins besteht unabhängig von dessen Verschulden am Verzug. Für den Verspätungsschaden oder den zufälligen Untergang des Vertragsgegenstandes haftet der Schuldner dem Gläubiger jedoch nur, wenn er den Verzug verschuldet hat.
5. Welche speziellen Verzugsfolgen gibt es? Wo sind sie geregelt? Welche Gläubigerwahlrechte können unterschieden werden? Die allgemeinen Verzugsfolgen tangieren den Bestand des Vertrages nicht: der Gläubiger bleibt nach wie vor an den Vertrag gebunden. Mit den speziellen Verzugsfolgen (Art. 107 bis 109 OR) wird dem Gläubiger hingegen die Möglichkeit zugestanden, sich bei wesentlichen, schwerwiegenden Vertragsverletzungen von der Vertragsbindung zu befreien. Dem Gläubiger stehen – nach dem Verstreichen einer angemessenen Nachfrist (ausser in den Fällen von Art. 108 OR) – die drei Gläubigerwahlrechte von Art. 107 OR zur Verfügung. Er kann somit: - auf Erfüllung des Vertrags beharren (Vertrag & beidseitige Leistungspflicht bleiben bestehen); oder - auf die Erfüllung verzichten, den Vertrag aber aufrechterhalten (ihm ist das positive Interesse zu ersetzen, d.h. ist er so zu stellen wie wenn der Vertrag ordnungsgemäss erfüllt worden wäre; zu ersetzen ist damit insbesondere auch ein infolge des Verzugs entgangener Gewinn); oder - auf die Erfüllung verzichten und vom Vertrag zurücktreten (ihm ist das negative Interesse zu ersetzen, d.h. er ist so zu stellen, wie wenn der Vertrag gar nie bestanden hätte; zu er
7. P hat bei der Weinhandlung Bonvin 10 Flaschen Wein bestellt. Nach einigen Tagen wird der Wein geliefert. Die beiliegende Rechnung setzt eine Zahlungsfrist bis zum 30. Des nächsten Monats. P bezahlt jedoch nicht. Was kann der Weinhändler tun? Mit dem Unterlassen der Zahlung zum vereinbarten Zahlungstermin liegt eine pflichtwidrige Nichtleistung von P vor. Zudem ist die Forderung für den Kaufpreis der 10 Flaschen Wein fällig: Die Weinhandlung ist mit dem Eintritt der Fälligkeit berechtigt, die Leistung des Kaufpreises zu fordern. Grundsätzlich müsste, damit die Verzugswirkungen in Gang gesetzt werden, P von der Weinhandlung zur Zahlung ermahnt werden (Art. 102 Abs. 1 OR). Das wer nicht erforderlich, wenn nach Art. 102 Abs. 2 OR ein Verfallt vereinbart wäre. Das ist hier aber fraglich; der Termin wird ja einseitig gesetzt. Die Mahnung kann aber bereits in der Rechnungstellung enthalten sein, wenn diese „ die unmissverständliche Aufforderung des Gläubigers an den Schulder, die versprochene Leistung (nunmehr) unverzüglich zu erbringen“ (= Mahnung) zum Ausdruck bringt. Dies ist hier der Fall. Fraglich ist, wie dabei die Fristsetzung zu verstehen ist: Wäre der Schuldner sofort mit Erhalt der Rechnung in Verzug, in der Frist evt. Bereits eine Nachfrist zu sehen?Oder soll damit die Wirkung der Mahnung aufgeschoben werden („Dann a
8. Welche Arten von Kaufverträgen gibt es? Grundsätzlich kann zwischen Fahrniskauf (Art. 184 ff. OR) und Grundstückkauf (Art. 216 ff. OR) unterschieden werden. Beim Fahrniskauf werden weiter Stück- und Gattungsware unterschieden.
9. Nachdem Frau Kunz beim Antiquitätenhändler einen Biedermeiertisch und ein Spiegel in einem wertvollen Art-Dekor-Rahmen lange besichtigt hat, entschliesst sie sich zum Kauf. Den Kaufpreis von je CHF 10 000 für Tisch und Spiegel begleicht sie nicht sofort; sie soll dafür eine Rechnung erhalten. Die Möbel sollen von einem Angestellten des Händlers transportsicher verpackt und anderntags durch einen von Frau Kunz beauftragten Spediteur abgeholt werden. Über Nacht tropft bei einem völlig zufälligen Rohrbruch Wasser auf den Tisch, der aufquillt und sich verbiegt. Er ist nur durch eine CHF 1 000 teure Reparatur zu retten. Der Spiegel wird vom Spediteur überbracht. Der Angestellte des Händlers hatte den Spiegel aber nur lose eingewickelt; die Verpackung hat sich beim Transport gleich wieder aufgelöst. Infolge dessen hat er Spiegel durch einen Stoss beim Transport einen Sprung erhalten. Der sehr viel wertvollere Rahmen ist unbeschädigt; der Spiegel muss ersetzt werden. Wie ist die Rechtslage? Frau Kunz hat mit dem Händler einen Kaufvertrag abgeschlossen. Es handelt sich nicht um Versendungskauf, denn die Spedition war nicht Teil der vertraglich geschuldeten Leistung. Die Gefahr ging daher mit dem Abschluss des Vertrags auf Frau Kunz über (Art. 185 Abs. 1 OR). Sie muss den Kaufpreis zahlen und erhält zunächst nur die beschädigten Möbel. Diese waren bei Gefahrenübergang mangelfrei; Frau Kunz hatte sie besichtigt. Mängelgewährleistung (Art. 197 ff. OR) kommt also nicht in Betracht. Für den Schaden am Spiegel haftet der Händler aus der Verletzung der Vertraglichen Nebenpflicht Art. 97 OR: ER war zu transportsicherer Verpackung verpflichtet (Nebenpflicht aus Kaufvertrag). Dies hatte er seinen Angestellten vornehmen lasse, dessen pflichtwidriges Verhalten er sich nach Art. 101 OR zurechnen lassen muss. Der hierdurch verursachte Schaden ist der Vermögensnachteil durch die Reparaturkosten (Ersatz des Spiegels). Der Händler muss diesen Schaden ersetzten. Der Schaden am Tisch wurde hingegen nicht durch das Verschulden des Händlers verursacht, sondern durch Zufall. Deshalb haftet er
10. Down-Hill-Spezialistin Antonia Rast bestellt bei der „Bike Explorer“ ein Mountainbike auf Mass. Am 30.06.2002 wird das Bike termingerecht geliefert und von Antonia Rast zugleich auf Herz und Nieren geprüft. Es sind keine Mängel ersichtlich. Eine Woche später stürzt Antonia beim Training schwer und zieht sich erhebliche Verletzungen zu. Es entstehen Behandlungskosten von mehreren Tausend Franken. Zudem ist Antonia vier Monate arbeitsunfähig. Das Bike erleidet einen Totalschaden. Antonia Rast bringt, nachdem sie wieder einigermassen gehen, kann das Bike empört zurück. Es stellt sich heraus, dass der Unfall auf ein Versagen der Bremsen zurückzuführen ist. Welche Rechte stehen Antonia Rast zu? Antonia hat mit der Firma „Bike Explorer“ einen Werkvertrag abgeschlossen, denn das Rad sollte für sie aufs Mass angefertigt werden (Vertrag auf Arbeitsleistung; dabei Erfolg geschuldet). Die nicht funktionsgerechten Bremsen sind ein Werkmangel (Art. 368 Abs. 1 OR). Antonia hat da Bike nach der Ablieferung geprüft (Art. 367 Abs. 1 OR); in diesem Zeitpunkt war der Mangel nicht erkennbar (Art. 370 Abs. 1 OR). Sie hat den Mangel sogleich gemeldet, als er zutage trat (Art. 370 Abs. 3 OR). Ihr stehen damit die Gewährleistungsansprüche wegen des Werkmangels, bei Verschulden auch Schadenersatz zu (Art. 368 Abs. 1 und 2 OR; auch hier gilt wie bei Art. 97 OR der Grundsatz, wonach bei Nicht- oder Schlechtleistung das Verschulden vermutet wird, also der Leistungsschuldner das Gegenteil zu beweisen hat). Der Werkmangel war zwar nicht unerheblich, hätte sich aber mit verhältnismässigem Aufwand beseitigen lassen (Reparatur oder Ersatz der Bremsen). Antonia Rast stand somit das Minderungs- und das Nachbesserungsrecht zu (Art. 368 Abs. 2 OR). Der Sturz ist die Folge des Werkmangels. Aus dem Sturz e
3. Was verstehen Sie unter Verjährung? Was ist Verwirkung? Die Verjährung hindert die gerichtliche Durchsetzung einer Forderung sobald der Schuldner die Einrede der Verjährung erhebt (eine verjährte Forderung ist deshalb eine sog. Einredebelastete Forderung). Die Verjährung wird jedoch nicht von Amtes wegen berücksichtigt (dies ist z.B. vor Gericht wichtig: Der Richter weist eine Klage nicht wegen Verjährung der Forderung ab). Wer eine verjährte Forderung bezahlt, hat eine bestehende Forderung beglichen und kann deshalb nichts zurückfordern. Anders sieht es bei der Verwirkung aus: Sie bewirkt den Untergang der Forderung. Wer eien verwirkte Forderung bezahlt, begleicht eine Nichtschuld und kann diese daher zurückfordern. Die Verwirkung ist von Amtes wegen zu beachten (Die Klage auf Erfüllung einer verwirkten Forderung wird vom Gericht abgewiesen). Ob Verjährung oder Verwirkung vorliegt, ist nicht immer einfach zu sagen; der Gesetzestext spricht manchmal (aber selten!) von Verjährung, wo eigentlich Verwirkung gemeint ist.
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