Periodisierung gesamteuropäische Bewegung, die in D. relativ spät einsetzt Vordenker: v.a. Leibniz (1646-1716) ➔ Spätbarock ➔ als nennenswerte Bewegung aber erst ab 1720 französische Revolution bildet gewissermaßen Ziel- und Endpunkt der Aufklärung solche Datierungen sind immer problematisch ➔ sie können höchstens Anhaltspunkte liefern, sollten aber nicht als absolut verstanden werden Periodisierungsproblem: Frühere Forschung: Literatur des 18. JH ins Aufklärung und Sturm und Drang unterteilt ➔ Gegensatz von Vernunft und Gefühl ➔ in Klassik aufgehoben ➔ gilt als überholt Aufklärung heute als dialektische Bewegung, in der es um eine ganzheitliche Entwicklung geht: nicht nur Vernunft, sondern auch Gefühl und Subjektivität des Einzelnen kommen zur Entfaltung Dialektik spiegelt sich auch im Gegeneinander von Rationalismus und Empfindsamkeit wieder Aufklärung lässt sich in drei Phasen unterteilen: Frühaufklärung a. 1720-1759: V.a. von Gottsched geprägt ➔ Lessings 17. Literaturbrief n 1759 stellt den endgültigen Bruch mit der Frühaufklärung dar Hochaufklärung: 1759-1767: v.a. durch Lessing und zunehmende Aufwertung des Gefühls geprägt Spätaufklärung: 1767-1789: v.a. von Sturm und Drang geprägt
Literarische (und sonstige) Strömungen : klassische Aufklärungsliteratur Pietismus Empfindsamkeit Rokoko Sturm und Drang ➔ Eindeutige Trennung zwischen den Strömungen ist nicht immer möglich
Begriff Aufklärung erstmals von Wieland 1770 verwendet ➔ sowohl historischer als auch universaler Begriff dient zur Kennzeichnung der Epoche man versteht aber auch einen epochenübergreifenden Prozess, der bis heute andauert ➔ falsche Vorstellungen klären und Befreiung von überkommenen Autoritäten Kosselek: Epoche der Aufklärung als "Sattelzeit"
Philosophisches Aufklärung vor allem Emanzipationsbewegung —> Ziel: autonome Selbstbestimmung des Individuums Kant definiert in diesem Sinne die Aufklärung als den Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit Gerichtet gegen die kirchlichen und die staatlichen Autoritäten ➔ haben bis ins 18. JH das Leben des Einzelnen bestimmt Gesellschaftspolitisch: va. zunehmende Säkularisierung und Auflösung des feudalen Herrschaftssystem Höhepunkt in frz. Revolution philosophischen Grundlagen v.a. aus frz. Rationalismus (Descartes) und englischem Empirismus (Hobbes, Locke, Hume) Rationalismus geht davon aus, dass das Wahrheit für sich beanspruchen kann, was der Vernunft zugänglich ist Empirismus legt den Schwerpunkt auf Erfahrungen ➔ Gemeinsam: Bedeutung der Wissenschaft hervorheben, während überkommenden Autoritäten dadurch relativiert werden bestimmende Instanz ist der vernünftig denkende bzw. empirisch forschende Mensch ➔ Vorher Gott, Kirche und Herrscher Wird die Vernunft bzw. der menschliche Verstand zum universellen Mittel der Erkenntnis erklärt, kommt es zu einer Aufwertung des Individuums und zu einer Aufklärung der empirisch gegebenen, diesseitigen Umwelt Leibniz gilt als Vater der dt. Aufklärung ➔ besonders wirkmächtig durch die folgenden Gedanken: Satz vom zureichenden Grund: ➔ Abwertung des Irrationalen und Wunderbaren ➔ Eigenverantwortlichkeit Monaologie: Welt besteht aus unendlich vielen Monaten ➔ geistige Wesenheiten, die nicht teilbar sind und von Gott (Urmonade) in einer prästabilierten (vorausbestimmten) Harmonie aufeinander abgestimmt wurde ➔ Seelen auch solche Monaten ➔ Alle Monaten sind verschieden! Prinzip der Individualität Welt, wie sie Gott geschaffen hat ist die bester möglichen Welten ➔ Aufwertung Diesseits/Optimismus Bindet Ethik an die Vernunft Leibniz Philosophie übersetzt und weitergeführt von Christian Wolf: Vernunft nicht nur das alles entscheidende Wahrheitskriterium sondern auch Maßstab für gut und böse ➔ gut ist, was vernünftig ist Kant als Vollender und Überwinder der Aufklärung (1724-1804) "Kritik der reinen Vernunft" (1781) wichtigsten Kennzeichen der Aufklärung in Kürze: Berufung auf die Vernunft als Maßstab für persönliches und ges. Handeln ➔ Verstand und Wissenschaft statt Aberglaube und Vorurteil Hinwendung zum Diesseits Positives Menschenbild: Mensch ist von Natur aus gut ➔ Bildung von entscheidender Bedeutung Aufwertung des Einzelnen Gleichheit aller Menschen : Idee der allgemeinen Menschenrechte Religionskritik Propagierung einer Vernunftreligion: Deismus, der sich auf eine natürliche Theologie stützt Fortschrittsglaube und ein genereller Optimismus Zentrale Metapher der Aufklärung = Licht, ➔ enlightenment ➔ enormer Optimismus
Sozialhistorisches Kleinstaaterei: HHR seit 30jährigem Krieg in Vielzahl von Kleinstaaten zersplittert ➔ Kaiser: symbolische Bedeutung ging vor allem auf Kosten der unteren Bevölkerungsschichten ➔ aufwendige Hofhaltung nur durch rücksichtslose Ausbeutung aufrecht zu erhalten Auflösung der mittelalterlichen Ständegesellschaft: Handel gewinnt an Bedeutung, Modernisierung des staatlichen Verwaltungsapparates führt zu Berufsbeamtentum --> neue soziale Schicht entsteht: Bürgertum --> grenzt sich vom Adel und von den unteren Bevölkerungsschichten ab Begriff Volk im 18.JH rein soziologisch verstanden --> nicht die Nation, sondern die Unterschichten Zunehmende Emanzipation des Bürgertums --> gerät in Konflikt mit dem Adel --> stellt dessen kulturelle und politische Vorherrschaft in Frage und verlangt mehr Einfluss -> Selbstbewusstsein der Bürger durch zunehmenden Wohlstand, politische Funktionen und Philosophie der Aufklärung Dt. Sonderweg: Widerstand des Bürgertums gegen Absolutismus weniger im politischen als im kulturellen Leben --> kompensierte politische Ohnmacht, indem man eine bürgerliche Ethik als allgemeinmenschliches Ideal propagierte --> gegen Lebenspraxis des Feudalismus Im Gegensatz zu Frankreich, England und den USA, mündete die Aufklärung nicht in eine Revolution, sondern der Absolutismus wurde infolge des Wiener Kongress neu restituiert
Literatursoziologisches: Adressaten- und Funktionswandel der Literatur: kulturellen Zentren nicht mehr die Höfe, sondern die aufblühenden Handelsstätte anstatt höfische bürgerliche Dichtung --> Ziel: Unterhaltung und Erziehung des Bürgertums Problem: eine literarische Öffentlichkeit musste erst geschaffen werden --> Analphabeten und Interesse an anspruchsvoller Literatur Herausbildung einer literarischen Öffentlichkeit: folgende Faktoren spielten eine wichtige Rolle: ab 1713 etablierten sich sog. moralische Wochenschriften unter dem Namen eines fiktiven Verfassers --> enthielten v.a. populärwissenschaftliche Abhandlungen und moralphilosophische Erörterungen --> Ziel: aufklärerisches Gedankengut verbreiten, um auf erzieherisch auf die Bevölkerung einzuwirken Gründung sog. Lesegesellschaften --> vorwiegend Adlige und Wohlhabende --> Lektüre als gesellschaftliches Ereignis Leihbibliotheken entstehen Strukturwandel der Öffentlichkeit --> erst die zunehmende Verbreitung von Literatur ermöglichte das Entstehen einer politischen Öffentlichkeit --> Prozess der Aufklärung auch Aufbruch des Bürgertums aus dem Privaten in die öffentliche Sphäre literarische Öffentlichkeit = politische Öffentlichkeit Abkehr von höfischer Dichtung führt zum entstehen eines literarischen Marktes --> Buchproduktion nahm ab 1750 dramatisch zu --> Entwicklung des Modernen Verlagswesens weitreichende Konsequenzen für Selbstverständnis der Dichter: statt Hofdichter selbstständiger Schriftsteller --> neben Schreiben andere Berufe, um zu überleben Autoren zunehmend vom Geschmack des Publikums abhängig --> geistige Freiheit durch Zensur massiv eingeschränkt Durch Steigerung der Buchproduktion erhöhter Konkurrenzdruck --> kein Urheberrecht bis ins 19. JH Entstehung des Geniekultes
Poetologisches Ziel der Aufklärungsliteratur v.a. pädagogisch: Bürgertum erziehen und bilden --< zu Humanität und Selbstständigkeit Kunst demnach kein Selbstzweck, sondern dient der Vermittlung einer aufgeklärten Haltung ➔ soll nützen und erfreuen auf Horaz zurückgehender Topos: "prodesse et delectare" ➔ von nahezu allen Literaten aufgegriffen ➔ um Gewichtung wird aber immer wieder gestritten Drama und Fabel als beliebtesten Gattungen der Aufklärung, aber auch Roman Blütezeit Kinder- und Jugendliteratur entsteht Lyrik zur Anfangszeit untergeordnete Rolle Theater entwickelt sich als Bildungsstätte schlechthin ➔ die jungen Intellektuellen zieht es zur Bühne Häufige Topoi der frühen Aufklärungsliteratur: Verzicht auf Wunderbares ➔ Prinzip der poetischen Wahrscheinlichkeit Abwehr von Zufälligkeit und Schicksal zugunsten von Kausalität und Selbstverantwortlichkeit Alles in der Natur hat seine Ordnung und Gesetzmäßigkeit ➔ sollte auch in Kunst so sein Herausstreichen der Beispielhaftigkeit des Geschehen ➔ didaktischer Impetus Harmonisierung von autonomen Vernunftgebrauch einerseits und Unterordnung unter die sozialen Institutionen, Werte und Normen andererseits
Person: 1700-1766 Professor in Leipzig zw. 1730 und 40 tonangebende Figur im literarischen Leben in Deutschland ➔ gilt als Literaturpapst der Frühaufklärung ➔ bezeichnet sich selbst als Lehrmeister der Deutschen wichtigsten Veröffentlichungen: Herausgeber zweier Wochenschriften: "die vernünftigen Tandlerinnen" "der Biedermann" Übersetzer einer Vielzahl frz. Stücke ins Deutsche führendes Mitglied der dt. Gesellschaft poetologisches Hauptwerk: "Versuch einer Kritischen Dichtkunst vor die Deutschen" 1730 ➔ Musterstück: "Der sterbende Cato" "Grundlegend einer deutschen Sprachkunst"1748: großen Einfluss auf endgültige Festlegung der dt. Schriftsprache keine Theaterkultur wie in England oder Frankreich zu Beginn des 18. JH ➔ Nullpunktsituation es gab niveaulose Wanderbühnen, die auf Jahrmärkten auftraten ➔ Pöbeltheater und das feudale Hoftheater➔ Repräsentationstheater eines seiner Hauptziele: dt. Theater zu reformieren und so etwas wie ein dt. Theater ins Leben zu rufen Orientierung am Theater der Antike und frz. Klassizismus Rationalismus als philosophische Grundlage
Normative Regelpoetik in der "Critischen Dichtkunst normative Regelpoetik, deren Ziel es ist, den Weg zu einer dt. Nationalliteratur zu weisen ➔ bes. Schwerpunkt auf Theater ➔ Umgestaltung zu einer öffentlichen Bildungsinstitution zwei Leitmotive: Literatur bzw. Theater muss klaren und vernünftigen Regeln folgen Hauptziel muss es sein, den Menschen zu einem vernünftigen und sittlichen Leben zu erziehen ➔ beide Regeln typisch für Denken der Frühaufklärung ➔ gegen Tradition des Barockes Mimesis und poetische Wahrscheinlichkeit: Im Zentrum seht Mimesis-Konzept ➔ Nachahmung der Natur, auf Drama bezogen: "Nachahmung handelnder Menschen" ➔ Gottsched nimmt Gedanken auf und leitet das Prinzip der poetischen Wahrscheinlichkeit ab ➔ Irrationales und Wunderbares muss vermieden werden Regelmäßigkeit: Natur aus Sicht des Rationalismus v.a. durch Gesetzmäßigkeiten gekennzeichnet ➔ Literatur nur dann schön, wenn sie nachvollziehbaren Gesetzmäßigkeiten folgt ➔ die Gesetzmäßigkeiten bzw. Regeln sind das Anliegen seiner Poetologie ➔ In der Kunst hat sich die Ordnung der Schöpfung widerzuspiegeln Geschmack nichts Subjektives, sondern etwas Objektives Mechanistischer Schaffensprozess: Auch die Entstehung eines literarischen Werkes hat bestimmten Regeln zu folgen ➔ Ausgangspunkt immer der moralische Lehrsatz ➔ dieser muss in eine Fabel gekleidet werden, die den Satz möglichst anschaulich vermitteln kann ➔ Fabel ins Historische projizieren, um die Handlung wahrscheinlicher werden zu lassen potenzierte Einkleidung Form: 5 Akte, gebundene Rede (Alexandriner), geschlossene Form Prodesse et deectare: Literatur soll nutzen bringen und andererseits unterhalten bzw. erfreuen ➔ Bei Gottsched liegt Schwerpunkt aber auf Nutzen Moralische Erziehung als Zweck von Literatur ➔ unterhaltsame Gestaltung lediglich als Mittel zum Zweck ➔ moral-ktische Funktionalisierung der Poesie Die 3 Einheiten: wichtigsten Regeln, die Gottsched propagiert Einheit der Zeit und Ortes v.a. durch Prinzip der Wahrscheinlichkeit Monologe zu vermeiden, da sie unnatürlich wirken Notwendigkeit einer einheitlichen Handlung aus der Tatsache, dass jedem Drama ein bestimmter Lehrsatz zugrunde liegt, von dem Nebenhandlungen ablenken würden Unterscheidung Tragödie/Komödie: Tragödie löst Schrecken (phobos) un Mitleid (Eleos) aus ➔ In Komödie soll Lasterhaftes verlacht werden, um sich davon zu lösen Ständeklausel: In Tragödie nur vornehme Leute ➔ Argument der Fallhöhe Helden der Tragödie sollen Bewunderung auslösen und müssen mit moralischer Integrität ausgestattet werden Katharsis in der Tragödie: ausgelösten Effekte sollen die Aufnahme der moralischen Lehre begünstigen Katharsis-Effekt durch Ständeklausel: Fürsten wird ein Spiegel vorgehalten, Bürgern wird es erleichtert, sich mit ihrer Situation abzufinden bzw. sie würdig zu tragen ➔ dient der Affirmation des Systems ➔ gesellschaftskritische Moment noch nicht vorhanden Katharsis in der Komödie: keine Charaktere, sondern Typen werden dargestellt indem Zuschauer über die Laster lachen, vermögen sie sich im Leben von ihnen zu lösen ➔ Komödie soll belustigen und erbauen Harlekin bzw. Hanswurst: werden von Gottsched vehement abgelehnt ➔ Widersprechen Ideal der Regelhaftigkeit und Wahrscheinlichkeit, und dem päd. Anspruch rationalistische, moralisch- didaktische Regelpoetik hat Konsequenzen für das Selbstverständnis der Dichter: Dichter wird einerseits aufgewertet, andererseits wird er in seiner Freiheit eingeschränkt und seine Kunst zu einem erlernbaren Handwerk degradiert
Der sterbende Cato 1731/32 Tragödie, gilt als Musterstück, an dem sich andere dt. Dichter orientieren können setzt seine Poetik nahezu 1:1 um drei Einheiten werden eingehalten enorm erfolgreich und löst Inn der Folgezeit einen Tragödienboom aus
Kritik an Gottsched in drei Phasen: 1. Phase: 1740: Literaturfehde zw. Leipzig und Zürich ➔ Zürcher sprechen sich für das Wunderbare in der Literatur aus 2. Phase ab 1744: Nicolai und Schlegel: Schlegel relativiert den päd. nutzen der Tragödie zugunsten des Vergnügens ➔ Tendenz findet sich bei Nicolai noch stärker ➔ Es geht nicht um die Vermittlung eines moralischen Lehrsatzes, sondern beim Zuschauer soll Rührung ausgelöst werden 3. Phase: 1759: Lessing ➔ spricht ihm in seinem 17. Literaturbrief jeglichen Verdienst um das deutsche Theater ab Lessings scharfe Kritik vom Hintergrund der damaligen Zeit verständlich, historisch jedoch ungerecht ➔ durch ihn sind Lessings Reformen der 60er Jahre erst möglich geworden Entwicklung: von der Wanderbühne zum Nationaltheater nimmt mit ihm ihren Ausgang
Person und Situation Lessings: 1729-1781 Sohn eines protestantischen Pfarrers in D. führender Literaturkritiker Journalist, Dramaturg und Dramatiker seiner Zeit ➔ einer der wichtigsten Gestalten der dt. Aufklärung versucht als einer der ersten als freier Schriftsteller eine Existenz zu gründen, scheitert aber bald nach Abbruch seines Theologiestudiums ➔ zu verschiedenen Anstellungen gezwungen gilt als theologischer Schriftsteller als der Begründer der modernen Religionsphilosophie wichtigsten Werke und Veröffentlichungen: Miss Sara Sampson 1755 Briefwechsel mit Mendelsohn und Nicolai über das Trauerspiel 1756/57 Briefe, die neuste Literatur betreffend (sog. Literaturbriefe, zusammen mit Mendelsohn und Nicolai herausgegeben) 1759-1765 Philotas 1759 Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie 1766 Hamburgische Dramaturgie 1767-1769 ➔ wöchentlich erscheinende Theaterzeitung Minna von Barnhelm oder Soldatenglück 1767 Emilia Galotti 1772 Wolfenbüttler Fragmente 1774-1778: Veröffentlichung der religionskritischen Überlegungen seines verstorbenen Freundes Reimarius ➔ tarnt sie als Funde aus der Wolfenbüttler Bibliothek Nathan der Weise1779 Die Erziehung des Menschengeschlechts 1780 Gefühl und Subjektivität des Einzelnen spielen eine zunehmend größere Rolle Tendenz ist keine Gegenbewegung der Aufklärung, sondern eine Ergänzung ➔ Strömung der Empfindsamkeit bed. Vertreter: Klopstock und Gellert urspr. unter anderem im prot. Pietismus Kennzeichen: Verweltlichung des religiösen Naturgefühls, Rückzug ins Innere bzw. gesteigertes Interesse an den eigenen Stimmungen und Regungen, Gefühlsschwankungen und Schwärmerei geht einher mit einer vermehrten Rezeption des englischen Empirismus bzw. Sensualismus, den Anfängen einer empirischen Psychologie und der Entwicklung des Geniekultes ➔ Empfindsamkeit mündet in Sturm und Drang Philosophisch bedeutsam: Werke von Rousseau, Shaftesbury und Hutcheson Rousseau: Mensch von Natur aus gut, hat sich aber durch Kultur und Vergesellschaftung von sich selbst entfremdet ➔ Utopie des "edlen Wilden", der in seinem urspr. Naturzustand lebt, ausschließlich aus Selbstliebe und Mitleid handelt und niemandem etwas böses will ➔ Mitleid als Ursprung der sozialen Tugend Moralphilosophie von Shaftesbury und Hutcheson: richtet sich gegen negative Philosophie Hobbes ➔ sie halten den Menschen dagegen für gut, Moral wird als angeborener Sinn beschrieben, Mitleid als natürlicher Trieb des Menschen
Lessings Dramentheorie: verfolgt das selbe Ziel wie Gottsched: Etablierung einer deutschen Theaterkultur -➔ angestrebte Nationaltheater für ihn gleichbedeutend mit einem bürgerlichen Theater lehnt Regelpoetik Gottscheds in nahezu allen Belangen ab ➔ diese Poetik hätte die dt. Lage nicht verbessert, sondern verschlimmert wichtigsten Aspekte des 17. Literaturbriefs: radikale Absage an Gottsched leitet in den 60ern eigene Theaterreformen ein ➔ markiert Beginn der Hochaufklärung stellt dem frz. Klassizismus v.a. das englische Theater v.a. Shakespeare entgegen ➔ Idee des Naturgenies verwirklicht ➔ misst ihn trotzdem an der aristotelische Poetik, anders als später Herder und Goehte das dt. Theater habe sich an ihm zu orientieren, da er diese Poetik besser umgesetzt habe, auch wenn er sie womöglich gar nicht kannte ➔ leitet Shakespeare Rezeption in Deutschland ein neue Funktionsbestimmungen der Tragödie: beruft sich mit seiner Dramentheorie auch auf aristotelische Poetik, er interpretiert sie jedoch völlig anders als Gottsched ➔ aus seiner Sicht ist das Ziel nicht die Vermittlung eines moralischen Lehrsatzes, sondern die Vermittlung von Mitleid und Furcht ➔ es kommt also auf die beim Zuschauer ausgelösten Affekte an, sie sind kein Mittel, sondern deren Zweck! neues Katharsis-Verständnis: Die Leidenschaften, die in der Tragödie gereinigt werden, sind Mitleid und Furcht ➔ unser Mitleid und unsere Furcht durch das Mitleid und die Furcht der Tragödie gereinigt werden sollen Reinigung meint dabei nicht Minderung der Leidenschaften, sondern Steigerung. Mitleid und Tugend für Lessing NICHT klar voneinander zu trennen ➔ unsere Tugend gründet auf der Fähigkeit, Mitleid empfinden zu können ➔ "Der mitleidigste Mensch ist der beste Mensch" Kurz: Leidenschaften Furcht und Mitleid nicht nur Auslöser, sondern zugleich Ziel der Katharsis ➔ Furcht ist dabei Teilaspekt des Mitleids Tragödie = Gedicht, welches Mitleid erregt phobos wird bei ihm nicht als Schrecken übersetzt, sondern als Furcht ➔ Furcht interpretiert er als auf uns selbst bezogenes Mitleid ➔ Furcht, dass das was dem Helden passiert, auch uns passieren könnte klassische Philologie: phobos = Schauder eleos= Jammer Katharsis= Triebreduktion ➔ durch die Auslegung der gezeigten Affekte in der Tragödie, werden sie zugleich abgebaut Lessing liest Aristoteles durch die Brille seiner Zeit ➔ Furcht und Mitleid sind für ihn von daher nicht zu trennen, sondern bedingen sich gegenseitig : Nur das löst Mitleid bei uns aus, vor dem wir zugleich fürchten, dass es auch uns selbst zust0ßen könnte ➔ andererseits fürchten wir uns nur von dem. das wir bei anderen bemitleiden Prinzip der Identifikation: Mitleid kann nur durch Identifikation entstehen ➔ Illusionstheater wendet sich gegen eine unrealistische Heroisierung (barockes Märtyrerdrama) ➔ nur Bewunderung führt zu Distanz fordert Figuren, die den Zuschauern ähnlich sind es muss sich also um gemischte Charaktere handeln ➔ weder vollkommen gut, noch vollkommen böse ➔ Unglück nicht Schicksal, sondern Folge eines tragischen Fehlers Aufhebung der Ständeklausel ➔ Schicksale, die dem eigenen Schicksal am nächsten kommen dringen nach seiner Meinung am tiefsten in die Seele ➔ Gottsched argumentiert mit der Fallhöhe, Lessing genau andersherum Es muss aber nicht auf herrschaftliches Personal verzichtet werden ➔ WennKönige usw. auf die Bühne kommen, dann nicht in ihrer herrschaftlichen Funktion, sondern als Menschen ➔ familiäre und persönliche Bindungen Tragödie nach Lessing schildert keine Haupt- und Staatsaktionen mehr, sondern intime Probleme einzelner Privatleute, die an den Folgen ihrer eigenen Handlungen scheitern ➔ Tragödie als intime, bürgerliche und psychologische Gattung Figurenrealismus ➔ Sprachrealismus: alltagsnähere und realistischere Sprache ➔ ungebundene Rede Drei Einheiten: Nach Lessing kommt es auf Einheit der Handlung an ➔ simpel und natürlich, wahr und menschlich ➔ zum Leben der Zuschauer in Bezug stehen Einheit des Ortes und der Zeit sind dagegen sekundär und stehen der Einheit der Handlung sogar oft im Weg! Poetische Nachahmung der Natur: Gegenbegriff zu Gottscheds Mimesis-Begriff ➔ es soll das Wesentliche und typische dargestellt werden ➔ Unwichtiges und Zufälliges sollen bewusst weggelassen werden Zur Komödie: Unterscheidung zwischen Lachen und Verlachen ➔ Ziel der Komödie ist Lachen ➔ Katharsiseffekt liegt im Lachen selbst ➔ schult unsere Fähigkeit, dass Lächerliche zu bemerken Entscheidend sind die Charaktere und nicht die Situation Auch Tugend kann ein Thema der Komödie sein ➔ Abwendung von der sächsischen Komödie ➔ Grundlage für das "ernste Lustspiel"
Vergleich zu Gottsched bzw. zur heroischen Tragödie des Barock: Lessing spricht dem Theater auch eine moralische Bedeutung zu ➔ pädagogische Impetus bleibt erhalten ➔ Lessing geht es aber nicht um Belehrung (Gottsched), sondern um Läuterung Tragödie transportiert weniger moralischen Inhalt, als das sie eine moralische Wirkung hat ➔ worum es geht wird nicht rational übernommen, sondern emotional erfahren Vernunft ➔ Gefühl, Rationalismus ➔ Rousseau und "moral Sense philosophy"; Regelpoetik ➔ Wirkungspoetik Gottsched orientiert sich an den frz. Klassizisten, Versteht Dichtung als erlernbares Handwerk versteht, das sich v.a. durch die genaue Einhaltung der Regeln auszeichnet ; Lessings Vorbild ist dagegen Shakespeare, er spricht dem Dichter Gestaltungsfreiraum und Genialität zu ➔ Güte der Literatur ergibt sich aus der Wirkung und nicht aus den Regeln Überwindung der feudalen Theatervorstellung hin zu einem bürgerlichen Theater Die Verursachung des Tragischen wird in den Menschen und in die Welt gelegt ➔ Anstelle des Schicksals treten das Handeln und die Fehler des Einzelnen ➔ Guthke: Gattung der Säkularisation Dem heroischen Stoizismus der barocken Tragödie wird die bürgerliche Empfindsamkeit gegenübergestellt
Vorbemerkung zum bürgerlichen Trauerspiel - Entstehung und allgemeine Kennzeichen Entstehen in 2. Hälfte des 18. Jh erstes dt. Trauerspiel: "Miss Sara Sampson" von Lessing 1755 Vorstufe: "Cardenio und Celinde" von Gryphius um 1649 ➔ aber nur aus Quellentreue im bürgerlichen Milieu angesiedelt Vorbilder aus England: "Der Kaufmann von London" von Lillo 1731 Begriff "bürgerlich" zunächst nicht auf bestimmtes soziales Milieu oder gar selbstbewusstes Bürgertum bezogen, sondern eher im Sinne von menschlich, privat und familiär ➔ auch in bürgerlichen Trauerspielen können durchaus Adlige auftreten Wieland 1773 spricht daher auch von "Privat-Trauerspiel" Aber: mit Blick auf soziologische Komponente: Figuren von Anfang an aus dem Mittelstand Begriff bürgerlich wird zunächst nicht in einem politologischen-soziologischen Sinn verwendet➔ entspricht dem damaligen Selbstverständnis des Bürgertums ➔ Man definierte sich weniger über den eigenen Stand, als über die moralische Gesinnung Versuch, vom Hochadel abzugrenzen und die eigene pol. Ohnmacht zu kompensieren ➔ Moralische statt politische Überlegenheit tugendhafte Welt der bürgerlichen Familie, deren Zusammenleben durch liebe und Gefühl gekennzeichnet vs. intrigante und von kaltherzigem Kalkül bestimmte Hofwelt auch die früheren bürgerlichen Trauerspiele haben daher eine, wenn auch meist latente, pol. Dimension ➔ neues Selbstbewusstsein des Bürgertums drückt sich aus➔ artikuliert die eigenen Ansprüche und Ideale, wenn auch nur im ethischen Bereich und auf kultureller Ebene Kennzeichen: Figuren aus dem Leben werden dargestellt: gemischte Charaktere s geht um private Ereignisse ➔ familiäre Konflikte, nicht um politische Gegenwartsnähe des Stoffes Prosa ➔ unheroische Charakter des bürgerlichen Trauerspiels moralische Gesinnung und Lebensgefühl des Bürgertums werden zum Ausdruck gebracht
Entwicklung: Gero von Wilpert unterscheidet drei Phasen: Thema: Entfaltung der bürgerlichen Prinzipien, meinst im Zusammenstoß mit der Willkür des Adels; Ziel: zunächst v.a. durch Empfindsamkeit (Miss Sara Sampson)geprägt, später zunehmend pol. (Kabale und Liebe) Thema; Konflikte innerhalb des eigenen Standes, Individuum als Opfer der kleinbürgerlichen Moral und pedantischen Pflicht- und Ehrgefühls; Ziel: Darstellung der inneren Tragikdes Bürgertums (Hebbel: Maria Magdalena) Thema; Zusammenstoß mit dem aufkommenden Arbeiterstand; Ziel: kritische Entlarvung des selbstzufriedenen Bürgertums (Naturalismus, Ibsen und Hauptmann)
Formales markiert die erste "empfindsame" Phase des bürgerlichen Trauerspiels ➔ großer Erfolg und löste regelrechte Modewelle aus Attribut bürgerlich: privates Umfeld und rührende Wirkung des Stückes gesellschaftliche Hintergrund der Figuren allenfalls angedeutet, keine gesellschaftskritischen Elemente allenfalls Hinweise auf Melefonts höfisches Libertin-Leben und die Szene, in der Sir Williams seinen Diener als gleichberechtigt erklärt --< schon schwachen Impulse werden durch die Verlegung des Handlungsgeschehens nach England noch weiter abgeschwächt Einheit des Ortes und der Zeit werden weitestgehend gewahrt ➔ Handlungsstruktur aber wesentlich komplexer Je nach Schwerpunktlegung zwei Höhepunkte: Vater-Tochter -Konflikt ➔ III,3 : Waitwell übergibt Sara den Brief ➔ Versöhnungsangebot des Vaters Konflikt zwischen Sara und Marwood: IV,8 : Begegnung der zwei Frauen Tragischer Fehler: Katastrophe bricht nicht von außen über die Figuren herein. sondern wird selbst herbeigeführt ➔ Sir William, der zu spät verzeiht, Sara, die flieht, Mellefont, der die Hochzeit hinauszögert Selbstbestimmung des Menschen ➔ typisch Aufklärung statt statischen Figuren des Barocktheaters bei Lessing dynamische Figuren ➔ Dialog dient nicht nur dazu, die verschiedenen Positionen darzustellen, sondern liefert den Figuren Entwicklungsimpulse Sara entwickelt sich durch ihr Gespräch mit Waitwell und ihrer Begegnung mit Marwood zur wirklichen Tugendhaftigkeit ➔ Mellefont folgt ihrem Beispiel ➔ Veränderlichkeit des Menschen
Inhaltliches und Interpretationsansätze Figurenkonstellation einfügen! Vielschichtige Figuren: gemischte Charaktere Sir William: macht sich Vorwürfe, seiner Tochter nicht von Anfang an vergeben zu haben Mellefont: hin. und hergerissen zw. aufrichtiger Liebe zu Sara und seinem Freiheitsbedürfnis ➔ zögert Ehe bewusst heraus Sara: nicht makellos, findet erst im 5. Akt zu ihrer wirklichen Augen Flucht vor dem Vater als tragischer Fehler Hang zur Selbstgefälligkeit ➔ siehe Dialog mit Waitwell und Auseinandersetzung mit Marwood Marwood: bleibt im Letzten der klassische Bösewicht, antikes Vorbild: Medea inneren Konflikte der Figuren: Sara: Pflicht vs Liebe; Gehorsam vs. Autonomie Sr William: Autorität, Strenge und Konsequenz vs. Liebe zur Tochter Mellefont: Freiheitsliebe vs. Liebe zu Sara/Ehe Figuren des Stückes befinden sich in einer permanenten Gefühlserregung ➔ fangen immer wieder zu weinen an Empfindungen haben und sie zum Ausdruck bringen ➔ Zeichen von Menschlichkeit Abgrenzung von der moralisch positiven Empfindsamkeit: Überschreitet die Grenzen der Vernunft nicht ➔ Kalkül und Leidenschaft von Marwood präsentiert ➔ Marwoods Intrigenspiel gelingt nicht zu letzt durch ihre Mimik Verinnerlichung und Individualisierung der Moral: zur entscheidenden Instanz wird das eigene Gewissen, das eigene Ich und die eigenen Empfindungen Sara betont, dass sie Mellefont um ihrer Selbstwillen heiraten will ➔ es geht nicht um die Einhaltung gesellschaftlicher Konventionen, sonder um die Beruhigung ihres Gewissen ➔ Marwood geht es um die Wahrung ihres guten Namens Sir Williams misst die Verfehlungen seiner Tochter nicht an den damals gängigen Normen, sondern an seinem eigenen Empfinden Individualisierung der Moral wird aber auch kritisch beleuchtet ➔ führt zu Orientierungskrisen (Mellefonts Zögern zur Eheschließung) Ziel der Tragödie: Mitleid fördern ➔ Humanisierung der sozialen Beziehungen: Zusammenhang von Mitleid und Humanität wird an den Figuren exemplarisch verdeutlicht Sir William: Verstößt seine Tochter nicht und erklärt Sicht entgegen der gesellschaftlichen Konventionen dazu bereit, Marwoods und Mellefonts Tochter Arabella aufzuziehen Sara zu Beginn die Tendenz, sich gegenüber anderen zu erheben ➔ Haltung am Ende des Stückes von Mitleid geprägt ➔ Ihr Vermächtnis ist Vergebung; Verzeiht Mellefont und ihrer Dienerin Betty und sogar durch das Zerreißen des Briefes ihrer Mörderin sie wird im 5. Akt zum Inbegriff der Menschlichkeit erklärt ➔ nicht mehr irdische Tochter, sondern schon fast ein Engel ➔ Lessing kann sich also nicht ganz von der Tradition des barocken Märtyrerdramas trennen
Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück. Ein Lustspiel Inhaltliches Historischer Hintergrund: Siebenjährige Krieg zw. Österreich und Preußen Aufgabe des Major von Tellheim: in Sachsen Kriegskontributionen für die pr. Besatzungstruppen einzutreiben ➔ hat das nicht mit der geforderten Strenge getan. sondern sich mit der Minimalsumme zufrieden gegeben und das fehlende Geld aus eigener Tasche vorgestreckt --Y Preußen wirft ihm Bestechlichkeit vor ➔ Unehrenhafte Verabschiedung ➔ ihm zustehendes Geld wird bis auf weiteres einbehalten Kurzinhalt: 22. August 1763: Tellheim befindet sich mit seinem einzigen verbliebenen Diener Just in einem Berliner Gasthof ➔ wartet auf den Ausgang seines Prozesses Minna von Barnhelm tritt auf ➔ Wirt will ihm deshalb ein schlechteres Zimmer geben, er beschließt abzureisen Major will durch seinen Diener seinen Verlobungsring beim Wirt versetzen lassen Minna erkennt den Ring wieder stellt Tellheim zur Rede, ob er sie noch liebe ➔ Tellheim glaubt aus gekränktem Ehrgefühl ihrer nicht mehr Wert zu sein ➔ Bruch scheint unvermeidlich List Minnas: sie vertauscht ihren eigenen Verlobungsring mit dem Tellheims, den sie vom Wirt erhalten hat und gibt ihm mit gespielter Verbitterung diesen Ring zurück ➔ behauptet von einen Oheim enterbt worden zu sein Nun für Tellheim eine Ehrensache, die so unglückliche Minna zu heiraten Wird am Ende rehabilitiert, sodass einem guten Ausgang nichts mehr im Wege steht Figurenkonstellation
Formales drei Einheiten gewahrt, Ständeklausel aber missachtet Besonderheiten: Abkehr von der sächsischen Typenkomödie: insbesondere die beiden Hauptfiguren stellen komplexe und vielschichtige Charaktere dar Elemente der Typenkomödie bleiben aber erhalten: Wirt zB typische Komödienfigur, ebenso der treue Diener Just und Franziska, die schlagfertige Kammerzofe erste "ernste Komödie" in Deutschland: nicht mehr nur Laster verlachen, das Stück enthält neben komischen, auch rührende Elemente Große Realitätsnähe: es wird ein zeitgeschichtlicher Stoff auf die Bühne gebracht Geschlechterrollen: Minna für die damalige Zeit sehr emanzipiert ➔ ergreift die Initiative zentrale Konflikt: (Geld vs.) Ehre vs. Liebe streitbar ist die Frage, auf welche Weise der Konflikt gelöst wird: ändert sich Tellheims Einstellung durch ihre List oder nicht? verschiedene Begriffe von Ehre stehen einander gegenüber: staatsbürgerliche Ehre, soldatische bzw. höfische Ehre, Standesehre ➔ höfische Ehre im Laufe des Stückes als etwas rein äußerliches entlarvt ➔ staatsbürgerliche Ehre bleibt bis zum Ende wichtig nicht zuletzt der König sorgt für einen glücklichen Ausgang ➔ drückt Hoffnung auf aufgeklärte Monarchie aus
Formales: Sozialpolitisierung des bürgerlichen Trauerspiels: Bürgerliches Trauerspiel tritt in eine neue Phase ➔ Standeszugehörigkeit der Figuren wird klar benannt und an bestimmte Verhaltensweisen und Mentalitäten geknüpft ➔ Konflikt zwischen höfischem Adel und Bürgertum rückt ins Zentrum empfindsame Moment tritt einer Sozial- und gesellschaftskritischen Motiven zurück Eines der ersten pol. Dramen in D. ➔ großen Einfluss auf die Dichter des Sturm und Drangs ➔ vgl. Kabale und Liebe oder Goethes Werther, der vor seinem Selbstmord Emilia Galotti liest Lessing besonders bemüht, seine theoretischen Forderungen praktisch umzusetzen ➔ gelingt ihm nicht in allen Aspekte Einheit der Zeit und der Handlung werden eingehalten, die des Ortes nicht: Residenz, Elternhaus, Lustschloss des Prinzen Lessing greift ein häufig dargestelltes Dramenmotiv auf: geht auf den antiken Historiker Livius zurück: uchuldige Römerin Virginia wird von ihrem Vater getötet, um sie vor der Nachstellung Appius Claudius zu bewahren um die Kritik am Hof abzuschwächen, nimmt Lessing der Vorlage die höfische Spitze und verlegt Handlung nach Italien➔ nicht der Prinz, sondern sein Kammerherr Marinelli als der eig. Bösewicht Uraufführung am herzoglichen Hof in Braunschweig
Inhaltliches 1. Akt: Exposition und erregendes Moment: Residenz des Prinzen, Zuschauer erfährt von seiner Liebe zu Emilia Künstler Conti bringt dem Prinzen zwei Gemälde: eines von Gräfin Orsina, eines von Emilia ➔ explizite Charakterisierung des gegensätzlichen Frauenpaares Kammerherr Marinelli berichtet dem Prinzen von der noch am selben Tag stattfindenden Hochzeit zw. Graf Appiani und Emilia ➔ Blankovollmacht alles zu unternehmen, was die Hochzeit verhindert 2. Akt: Im Hause Galotti: Emilia ist in der Messe kleine Auseinandersetzung zw. dem Vater Odoardo, lebt auf dem Land, und seiner Frau Claudia Emilia kehrt von der Messe zurück und ist bestürzt über die Avancen, die ihr der Prinz gemacht hat lässt sich überzeugen, dem Bräutigam nichts davon zu erzählen Appiani tritt auf ➔ Auseinandersetzungen zwischen ihm und Marinelli (durch Auftrag vom Prinz dazu überzeugen, die Hochzeit zu verschieben) 3. Akt: Klimax und Wendepunkt: Im Lustschloss des Prinzen Prinz enttäuscht über den fehlgeschlagenen Plan Marinellis, dann aber über seinen zweiten Plan erschreckt ➔ wird aber bereits ausgeführt Hochzeitsgesellschaft wird auf dem Weg zur Trauung überfallen ➔ man hört Schüsse ➔ Appiani wird getötet ➔ Emilia wird ohne vom Tod zu wissen, in das Lustschloss des Prinzen gerettet ➔ Mutter kommt später nach, ahnt von der Intrige 4. Akt: Orsina tritt auf und wird vom Prinzen kalt abserviert ➔ zieht aus der Situation und den Bemerkungen Marinellis scharfsinnige Schlüsse und durchschaut die Intrige berichtet dem Vater davon, als dieser aufs Schloss nachkommt und gibt ihm einen Dolch 5. Akt: Odoardo schwankt zw. drei Alternativen: seine Tochter ihrem Schicksal überlassen den Prinzen zu ermorden seine eigene Tochter töten, um sie dem Zugriff des Prinzen zu entziehen ➔ Emilia fordert dies von ihm, da sie sich davor fürchtet, verführbar zu sein Odoardo tötet seine Tochter und kündigt an, sich dem Gericht zu stellen, wirft den Dolch dem Prinz vor die Füße und verweist ihn auf den göttlichen Richter Der Prinz verstößt Marinelli
Figurenkonstellation Odoardo: autoritär, patriarchalisch, bürgerliche Tugenden verkörpernd ➔ Hof gegenüber äußerst kritisch ➔ lebt deshalb auf dem Land Emilia: schön, fromm, naiv, tugendhaft, gehorsam, beherrscht und bis in den Tod passiv ➔ tritt als Hauptfigur selten in Erscheinung und lässt sich von anderen beeinflussen ➔ wird durch das Ende zur Märtyrerin erhöht Orsina: ehemalige Mätresse des Prinzen ➔ Kontrastfigur zu Emilia➔ intelligent und zynisch, erfahren, emanzipiert, leidenschaftlich und affektstark Prinz: menschlich, gemischter Charakter, der von verständlichen Leidenschaften getrieben ist, deshalb aber auch ungeeignet für seine Funktion als Herrscher Marinelli: typischer Intrigant: kaltblütig und gewissenlos, intelligent, dem Herrscher ergeben, aber verfolgt auch eigene Interessen dient dazu, die Kritik am Hof abzuschwächen bzw. abzuschirmen vgl. Wurm in Kabale und Liebe
äußere Konflikte Familie Galotti und Appiani vs. Prinz -> Emilia als Gegenstand des Streits Graf Appiani vs. Kammerherr Marinelli Prinz vs. Gräfin Orsina innere Konflikte Odoardo: Vaterrolle gegenüber Emilia vs. Untertanenstatus gegenüber dem Prinzen Emilia: Moralisches Ideal vs. persönliche Schwäche Anspruch auf Autonomie im Zentrum, insbes. in den moralischen Fragen ➔ Anspruch scheitert am herrschenden System Autonomie der Galotti gegenüber der höf. Welt kann nur durch den Freitod bewahrt werden ➔ selbst Leben auf dem Land erweist sich als Illusion Schluss des Dramas ist umstritten : Lessing motiviert den Mord an Emilia weniger politisch als moralisch ➔ Psychologisierend und Privatisierung der Vorlage ➔ keine politischen Konsequenzen aus der Tat Ordoado verweist auf die himmlische Gerechtigkeit ➔ entweder Vertröstung aufs Jenseits oder als Kritik an der unpolitischen Haltung des dt. Bürgertums interpretieren
Vorgeschichte entscheidendend für die Entstehungsgeschichte: sog. Fragmentenstreit zw. Lessing und orthodoxen Theologen, insbesondere dem Hamburger Pastor Goeze ➔ Anlass: Veröffentlichung der "Wolfenbütteler Fragmente" ➔ enthielten Teile eines religionskritischen Werkes von Reimarius wichtigsten Thesen: Anzweiflung der Wundergeschichten Leugnung der Auferstehung und Gottessohnschait Jesu ➔ Aufzeigen von Widersprüchen innerhalb der Evangelien gegen Verbalinspirationen und Dogmatismus, für einen Deismus 1778: Es wird Lessing verboten, sich weiterhin zu theologischen Fragen zu äußern ➔ Zuflucht im Theater und beginnt mit Nathan der Weise hist. Hintergrund: Religion- Aufklärung
Formales: Handlungsort ist Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge (Mitte des 12. JH) Pyramidaler Aufbau: 1. Akt: Exposition: Charakterisierung Nathan und Einführung in seine Lebenswelt 2. Akt: Vertiefung: Welt des Sultans, Begegnung zw. Nathan und dem Temepherr 3. Akt: Klimax: Ringparabel: steht in der Mitte des Gedichtes und bildet den Schlüssel zu dessen Verständnis 4. Akt: retardierendes Moment: Tempelherr fällt in sein altes Denkschema zurück uns wendet sich an den Patriarchen 5. Akt: Glückliche Lösung: Zusammenführen der Familie, harmonisches Schlusstableau 5-hebiger Jambus ➔ Blankvers ➔ Stilisierung und Idealisierung der Sprache und soll dem Drama ein orientalisches Kolorit verleihen ➔ Verfremdung begründet die Stellung des Blankverses im dt. Versdrama Ideendrama: im wesentlichen Idee der Wolfsbütteler Fragmente dramatisch zu veranschaulichen ➔ daher Sprache, klassische Form und analytischer Aufbau Analytisches Drama: anfangs unbekannte Tatbestände werden im Laufe der Handlung aufgedeckt ➔ siehe Verwandtschaftsverhältnisse enthält komische und rührende Elemente ➔ erfüllt die Merkmale einer ersten Komödie Ringparabel als Zentrum des Dramas: übernimmt Lessing von Boccaccio ➔ erweitert sie aber um den Rat des Richters -> erweitert die urspr. Aussage: Wahrheitsfrage urspr. offengelassen ➔ Bei Lessing Wahrheit kein Besitz, sondern Aufgabe, sie hat sich im Handeln zu bewähren ➔ propagierte Toleranz daher keine Skepsis, sondern praktische Herausforderung Parabel durch die Handlung des Dramas gespiegelt ➔ Wahrheit der verschiedenen Religionen erweist sich im humanitären Verhalten der Hauptfiguren, die trotz unterschiedlicher Religion miteinander verwandt sind
Inhaltliches Vorurteile gegenüber Juden in Frage gestellt ➔ Nathan zwar reich, aber nicht geizig der gierig ➔ verleiht sein Geld nur ungern, verschenkt es lieber Nathan (=Vernunft und Aufklärung) vs. Patriarch (Orthodoxer Theologe, hauptsächlich Macht) Nathan als eine Utopie, in der Lessing geschichtsphilosophisches Ideal einer im Zeichen der Vernunft geeinten Menschheit Wirklichkeit wird Drama der Vorsehung ➔ Theodizee: Nathans eigene Geschichte: Familie von Christen ermordet bekommt dafür Rachel anvertraut Drama der Autonomie Tmeplherr entscheidet sich für die richtige Autorität ➔ folgt Nathan und Saladin➔ Tragödie wird auf diese Weise verhindert Dürrenmatt: Nathan s "umgekehrter Ödipus"
Spätaufklärung! Allgemeines Datierung: 1770-1785/89 1767: Herders Fragmente: "Über die neuere deutsche Literatur" 1785: Goethes und Schillers Wendung zur Klassik, eingeleitet durch Goethes Italienreise und Schillers Kantstudien Protestbewegung: Bewegung von der jungen Generation getragen, die zu politischer Untätigkeit verurteilt, ihre Revolte in der Kunst sucht ➔ jungen Wilden ➔ Protest gegen: einseitigen Rationalismus, Vergesellschaftung und erstarrte Konventionen, die als einengend und unecht erlebt werden hierarchische Strukturen in Staat und Familie, die den einzelnen in seiner freien Entfaltung hindern die ständische Gesellschaftsordnung und ihre sozialen Ungerechtigkeiten die Regelgläubigkeit in der Kunst (Gottsched, frz. Klassizismus, usw.) wichtigsten Vertreter: Gerstenberg "Ugulino" 1768 Heinrich Leopold Wagner: "Die Kindermörderin" 1776 Goethe: "Götz von Berlichingen 1771,1773; "Prometheus" 1774 Lenz: "Der Hofmeister oder die Vorteile der Privaterziehung" 1774; "Anmerkungen übers Theater nebst angehängtem übersetzten Stück Shakespeare" 1774; "Die Soldaten"1776 Klinger: "Die Zwillinge" 1776; "Sturm und Drang" urspr. Wirrwarr 1776 Schiller: "Die Räuber" 1781 "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua" 1783 "Kabale und Liebe" 1784 Nachzügler, erlebt seine Sturm und Drang Zeit, als diese bereites am Ausklingen ist Philosophisches und literarische Einflüsse: Rousseaus Kulturkritik englische Empirismus➔ nicht die Logik der Vernunft, sondern unsere Sinneswahrnehmungen bestimmen unsere Erkenntnis ➔ was wir wissen ist Ergebnis unserer sinnlichen Wahrnehmung und nicht die Folge des log. Denkens Lessing Klopstocks empfindsame Lyrik Johann Gottfried Herder gilt als die "Erweckerfiur" der Sturm und Drang Zeit Kontinuitätsthese: Sturm und Drang heute nicht mehr als Gegenbewegung, sondern als deren Fortführung und Radikalisierung verstanden ➔ nur weil einige Gedanken der Aufklärung abgelehnt werden, findet nicht ein vollkommener Bruch statt Geniebegriff findet sich schon bei Lessing ➔ zum Geniekult gesteigert Vernunftgedanke wird nicht aufgegeben, sondern an Gefühl und Phantasie gebunden Die Empfindsamkeit wird zum Gefühlsrausch weitergeführt Zielgruppe zum gesamten Volk ausgeweitet Zum Geniekult: Dichter gilt als Originalgenie ➔ bedarf keiner äußeren Regeln und Muster, sondern schafft sich diese selbst ➔ alles, was von außen auferlegt wird, schränkt ihn nur ein individuelle Schaffensprozess erfolgt intuitiv und lässt sich daher nicht erlernen Schaffenskraft des Dichters ist angeboren und in zweifachem Wortsinn eine göttliche Gabe: Geschenk Gottes und der Natur, und der Begabte ist selbst zur göttlichen Schöpferkraft in der Lage ➔ Der die Natur nachahmende Künstler ist keiner, der Natur wiederholt, sondern der analog zur Natur produziert ➔ Naturnachahmung heißt demnach, selbst schöpferisch zu werden wichtigsten Kennzeichen des Genies: Spontaneität, Natürlichkeit im Sinne von Ursprünglichkeit und Naivität, Intuition, Originalität, Subjektivität, Gefühlsbezogenheit, Freiheit und Autonomie Begriff weißt gesellschaftspolitisch auf die zunehmende Emanzipation des Bürgertums, literatursoziologisch auf Veränderung des literarischen Marktes, ästhetisch gegen Gottscheds Regelpoetik gerichtet Sinnbild des Geniekultes: Figur des Prometheus ➔ hat der gr. Mythologie zufolge den Menschen erschaffen, den Göttern das Feuer abgetrotzt und wurde zur Strafe von Zeus an einen Felsen im Kaukasus gekettet, wo ihm ein Adler jeden Tag ein Stück seiner Leber herausriss Shakespeare als Genie schlechthin Geniekult gegen gottscheds Regelpoetik Kant definiert Genie in "Kritik der ästhetischen Urteilskraft" als "angeborene Gemütslage, durch welche die Natur der Kunst die Regeln gibt" Individualität, Subjektivität und Selbstbestimmung: Geniekult entspricht starke Betonung des Individuellen und Subjektiven ➔ Selbstverwirklichung in Leben und Kunst ➔ Kunst ist demnach Ausdruck der vom Dieter subjektiv erfahreneren aus der eigenen Individualität heraus geschaffenen Welt Zum Naturbegriff: Im Gegensatz zur Frühaufklärung wird Natur nicht in ihrer Vernünftigen Ordnung, sondern in ihrer Vielfalt und Ursprünglichkeit gesehen ➔ Inbegriff des Göttlichen und elementaren ➔ es gilt zu ihr zurückzukehren ➔ Rousseaus Kulurpessimismus vs. Naturoptimismus so wie der Dichter, wird auch die Natur vergöttlicht Dichter bzw. seine Werke werden als Natur beschrieben ➔ keine Regelpoetik. sondern originärer Schöpfungswillen; beruhen auf intensiven Empfindungen statt auf kühlem Rationalismus Herder unterscheidet zwischen Natur- und Kunstpoesie: Naturpoesie= kommt aus dem Herzen, er sieht sie in der Volkspoesie verwirklicht; Kunstpoesie= schematische Dichtung, wie Gottsched sie propagiert hat➔ wird radikal abgelehnt Ideal der Volkstümlichkeit: gilt im Sturm und Drang als unverstellt und natürlich ➔ Herder holt daher die eigene Tradition zurück ins Bewusstsein ➔ 1778/79 Herausgabe einer Sammlung von Volksliedern ausgeprägter Patriotismus ➔ entspringt der Sehnsucht zu den eigenen Wurzeln und Ursprüngen zurückzukehren Sympathie mit unschuldigen Kindern naiven Frauen, der Landbevölkerung, Handwerkern, Kleinbürgern, mit den ersten Menschen, den Griechen Homers. den alten Germanen und mit urwüchsigen Kraftgestalten
Die wichtigsten poetologischen Schriften - Grundsätzliches es gibt keine Poetologie des Sturm und Drangs, zum. nicht im klassischen Wortsinn ➔ es gibt Schriften, die sich theoretisch mit Literatur auseinandersetzen, aber sie sind äußerst selten und weichen z.T. stark voneinander ab ➔ meist bewusst in einem improvisatorischen Ton gehalten Regellosigkeit wird zum Prinzip erklärt➔ anstelle theoretischer Maxime tritt das frei schaffende Genie ➔ poetologische Überlegungen werden bewusst vermieden Sturm und Drang Bewegung keine einheitliche, sondern vielschichtige, oft in sich widersprüchliche Strömung, die sich nicht unbedingt auf einen Nenner bringen lässt Stil der Schriften: An Stelle logischer Argumentation tritt Pathos und Ironie ➔ Schriften sind im Bekenntniston gehalten, emotional aufgeladen, aphoristisch und improvisatorisch
Johann Gottfried Herder: "Über die neuere deutsche Literatur. Fragmente" 1766-1767 meist als Beginn des Sturm und Drangs angesehen ➔ knüpfen bewusst an Lessings Literaturbriefe ➔ zwei Themen im Zentrum: Problem der Sprache und die Nachahmung der gr. und röm. Antike betont Einzigartigkeit jeder Sprache und Kultur ➔ Poesie als unverfälschter Ausdruck der Volksseele ➔ tritt für Nationalliteratur ein, die an den eigenen Traditionen anknüpft, als andere zu kopieren den antiken Vorbildern gleichtun heißt für ihn nicht, die aufgestellten Regeln zu übernehmen, sondern wie sie, aus eigenem Ursprung schöpferisch tätig zu sein ➔ in den Wettstreit mit ihnen treten "Von deutscher Art und Kunst" 1773: enthält zwei Aufsätze: 1. Briefauszug Herder: Unterscheidung zwischen ursprünglicher Natur- und verbindeter Kunstpoesie ab; 2.: Auseinandersetzung mit Shakespeare, den er zu Archetyp des Genies erklärt ➔ entscheidend für die Dramentheorie des Sturm und Drangs ➔ wichtigsten Thesen: löst Shakespeare aus dem Bezugsfeld der Regelpoetik und geht damit weit über Lessing hinaus ➔ Shakespeare lässt sich weder an den frz. Klassizisten noch an den Griechen messen ➔ er ist ein dramatisch Gott, das Genie schlechthin Faszination der Ursprünglichkeit d. Dramen Shakespeares ➔ v.a. ihre innere Dynamik und Vielfalt lobt den Nuancenreichtum der einzelnen Charaktere, die unterschiedlichen Tonlagen und Sprachstile, Vielfalt der Themen und Handlungsstränge ➔ in ihm kommt eine Weltseele zum Ausdruck Wirkung des Theaters bestimmt er als Illusion ➔ greift Lessings Gedanken der Identifikation auf, radikalisiert ihn aber noch ➔ keine Rede von einem moralischen Zweck. Die Identifikation mit dem Bühnengeschehen bzw. Erregung von Leidenschaften erfolgt um ihrer selbst willen. ➔ ins Geschehen eintauchen und sich ergreifen lassen wird nicht von allen Vertretern des Sturm und Drangs geteilt ➔ Lenz und Schiller behalten den moralischen Zweck des Theaters bei, deuten ihn aber im Sinne gesellschaftskritischer Impulse und emanzipatorischer Inhalte um "Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit" 1774 Werders Geschichtsphilosophie ➔ fordert, jede Kultur und Nation nach ihren eigenen Maßstäben zu beurteilen ➔ gegen den ungebrochenen Fortschrittsglauben der Früh- und Hochaufklärung gerichtet ➔ begründet in D. den Historismus und Kulturrelativismus ➔ Herder behält den Fortschrittsgedanken bei, modifiziert ihn aber: Aufwertung des Mittelalters und des Orients Die Kunst der Antike gilt nicht absolut, sondern muss vor dem Hintergrund ihrer Zeit gesehen werden
Lenz' "Anmerkungen über das Theater" 1774 Theater hat sich an das ganze Volk zu richten Lenz versteht das Volk als die gegenwärtige Gesellschaft, nicht wie Herder und Goethe unter dem Aspekt des Naturhaften und Ursprünglichen und damit eine Rückkehr zu den eigenen Traditionen Unterscheidung zwischen Handlungs- und Charakterdrama ➔ Lenz propagiert das Charakterdrama ➔ Figuren stehen im Zentrum und nicht die Begebenheit ➔ wendet sich gegen aristotelische Poetik und gegen deren Deutung bei Lessing (In der Komödie geht es um die Charaktere, in der Tragödie dagegen um die Handlung) ➔ Lenz kehrt dies radikal um: Kern und zweck des ernsten Dramas sind seiner Meinung nach frei handelnde Menschen und die Vielfalt der Charaktere in gr. Tragödie ist der Einzelne als Opfer des göttlich vorherbestimmten Schicksals; Lenz : Einzelne zum Handlungsträger machen Kritik an antiker Poetik nicht zuletzt politisch motiviert_ religiösem und pol. Depotismus hält er das neuzeitliche Frieheitsideal entgegen Lenz sieht das Ideal des Charakterdramas in Goethes "Götz von Berlichingen" ➔ setzt selbst seine Poetik der Tragödie nicht um, sondern wählt im Letzten andere Formen in Komödie geht es für ihn weniger um die Charaktere, als um eine Begebenheit ➔ soll gesellschaftliche Wirklichkeit Wiederspiegeln ➔ Gemälde der Gesellschaft ➔ gesellschaftskritische Impetus ➔ Lenz Dramen später von Büchner und Naturalisten begeistert aufgegriffen Gesellschaft tritt bei Lenz an die Stelle des Schicksals in der gr. Tragödie ➔ das Tragische dringt in die Komödie ein ➔ nicht mehr die Charaktere sind Schuld an ihrem Schicksal, sondern die Situation Radikale Ablehnung der aristotelische Poetik und des frz. Klassizismus
Schiller: "Was kann e. gute stehende Schaubühne eigentlich wirken?" 1785 Funktionen des Theaters: sittliche Bildung: Schaubühne spricht das Gewissen der Zuschauer an, dient wie Religion dazu, Gesetz und Moral zu stützen ➔ erreicht anders als Religion aber nicht nur die unteren, sondern auch die gebildeten Bevölkerungsschichten ➔ Wegweiser durchs bürgerliche Leben Theater stabilisierende Funktion für den Staat, spricht der Schaubühne aber auch eine gesellschaftskritische Funktion zu ➔ klagt auch die Laster an, gegen die im Staat nicht vorgegangen wird Aufklärung des Verstandes: Schaubühne hat Bildung- und Aufklärungsfunktion ➔ Indem die von Vorurteilen und falschen Vorstellungen befreit, ermöglicht sie den Ausgang aus der Unmündigkeit Als Beispiel nennt er Lessings "Nathan der Weise"➔ hat Toleranz gegenüber anderen Religion gefördert Förderung des Nationalgeistes Ermöglichung einer ganzheitlichen Entwicklung: Theater bietet Rahmen, in dem der Mensch seine verschiedenen Anlagen frei entfalten kann ➔ Verbindet Bildung des Verstandes mit edelster Unterhaltung
Umsetzung Themen und Symbole das Vielfache, Widersprüchliche und Disparate des Seins wird hervorgehoben, anstelle statischer Ordnung tritt Dynamik, an Stelle logischer Zusammenhänge und ganzheitlicher Konzepte die Zersplitterung des Einzelnes, an Stelle des Handlungs- das Charakterdrama typische Charaktere: Genie, das nach freier Entfaltung strebt, werden meist schwächliche Charaktere entgegengestellt, Genie aber bei einzelnen Dichtern unterschiedlich gedeutet: Klinger: Helden als urwüchsige Kraftkerle Goete: innere Tragik solcher Genies kommt zum Ausdruck, stärker noch bei Lenz klassische Geschlechterrollen häufig wiederkehrende Themen: Rückgriff auf nationale Bühnenstoffe Natur vs. Kultur, Leidenschaft vs. Konvention, Gefühl vs. Vernunft, Freiheit vs. Grenzen Kerker und Turm als Metapher der Welt als Gefängnis und des Lebens als Kerkerhaft Individuum im Konflikt mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit ➔ Emanzipationsstreben des Einzelnen Familie nicht mehr als Hort der Geborgenheit, sondern wirkt einengend wird damit zum Sinnbild der politischen Situation: Bruderzwist, Generationenkonflikt e nach freier Entfaltung strebenden Helden scheitern an der Verhältnissen ➔ es kommt also nicht zu einer revolutionären Lösung, stattdessen können die Helden ihre Identität nur durch Mord, Selbstmord oder Selbstverstümmelung wahren Formen: Im Drama konnten die Ideale des Sturm und Drangs am Besten zum Ausdruck kommen ➔ bewusste und radikale Missachtung der überlieferten Regeln Ständeklausel wird ignoriert drei Einheiten bewusst gesprengt Schwerpunkt von der Handlung auf die Charaktere gelegt ➔ Szenenzusammenhang daher oft lose, Handlungsfortgang nicht immer plausibel, sondern durch willkürliche Entscheidungen des Helden und symbolischer Zufälle bestimmt Aufsplitterung in Kurzszenen nicht bei allen Sturm und Drang-Dramen gleichermaßen gegeben ➔ am radikalsten Götz von Berlichingen ➔ in ersten Fassung nicht aufführbar ➔ Dauer eines Menschenlebens Decorum zu Gunsten von Natürlichkeit und Volksnähe verworfe Verwendung von Prosa selbstverständlich ➔ versch. Tonlagen und Sprechweisen ➔ erhöhter Sprachrealismus Tabuthemen werden bewusst aufgegriffen, das charakteristische über das Schöne gestellt, Emanzipation von gesellschaftlichen Konventionen typisch: aufgeregte, ungebändigte Sprache und Charaktere, Verwendung von Soziolekten, Forcierung von Kraftausdrücken, Ausrufe, Satzfetzen, kurz: expressive Sprache Übersteigerter Pathos und ausgiebige, emotionsgeladene Monologe ➔ münden dabei oft ins Sprachlose, ins Stammeln, ins Sich-Überstürzen Kurzdialoge, Lapidarstil usw. ➔ Reduktion der Sprache ➔ Aufwertung des Mimischen und des Schau-Spiels. also des Sinnlichen, unmittelbar Erfahrbaren Zwiespältige Charaktere: von den wenigsten durchgehalten, aber bei Lenz: Figuren sind nicht nur zwiespältig, er verzichtet ganz auf Helden Vermischung von Tragischem und Komischem: v.a. bei Lenz ➔ Erfinder der Tragikomödie
Götz von Berlichingen 1771/73 von Goethe Inhaltliches Erster Aufzug: Weißlings Gefangennahme und seine Rückkehr nach Bamberg Götz von Berlichingen ➔ Fede mit Bischof von Bamberg nimmt Weißling gefangen, Jugendfreund ➔ bringt ihn auf seine Burg Jagsthausen ➔ überzeugt ihn auf seine Seite zu wechseln Weißling verlobt sich mit Götz Schwester Maria Liebetraut, ein Höfling, überredet Weißling doch zurück nach Bamberg zu gehen Weißling wird unsicher und wagt einen kurzen Besuch in Bamberg Zweiter Aufzug: Adelbert W. verliebt sich in Adelheid - und bleibt in Bamberg Weißling verliebt sich in der Bischofsresidenz in Bamberg in Adelheid von Walldorf ➔ nimmt den Dienst beim Bischof wieder auf Berliching verbindet seine Schwester darauf hin mit Franz von Sickingen Dritter Aufzug: Bann durch Kaiser und Festnahme Götzens Berliching überfällt weitere reiche Kaufleute ➔ wird vom Kaiser gebannt (von Weißling gedrängt) Jagd auf ihn Berliching verschanzt sich in seiner Burg Muss Belagerung doch nachgeben, handelt freien Abzug aus, wird aber entgegen der Abmachung festgenommen Vierter Aufzug: Götz wird durch Franz von Sickingen befreit B. im Rathaus von Heilbronn vor Gericht gestellt ➔ beteuert seine Unschuld ➔ Sickingen befreit ihn mit Gewalt ➔ rückt mit 200 Mann auf die Stadt zu und droht, sie anzuzünden ➔ Berlichingen zieht auf seine Burg zurück Fünfter Aufzug: Götz wird in den Bauernkrieg verwickelt Aufständische Bauern wollen Berlichingen nach ersten Morden und Bränden zu ihrem Hauptmann machen ➔ lässt sich überreden, Aufgabe für kurze Zeit zu übernehmen, Bedingung ist aber Verzicht auf Gewalttaten ➔ aber Miltenberg wird kurz darauf überfallen und niedergebrannt Erneute Gefangennahme Götz durch Weißling Intrige Adelheid gegen ihren Mann Weißling ➔ ist ihm überdrüssig geworden, strebt nach Gunst des neuen Kaisers Weißlings Knappe Franz, ihr Geliebter, lässt sich dazu überreden Weißling zu vergiften ➔ Verzweiflung über die Tat lässt ihn Selbstmord begehen Adelheid wird von einem Femegericht wegen Ehebruchs zum Tode verurteilt Berlichingen stirbt in Gefangenschaft ➔ Freiheitsliebe im Turm zu Heilbronn gefangen, wo er in Anwesenheit seiner Frau und seiner Schwester stirb (anders als im hist. Berlichingen)
Charaktere, Symbole und Themen Historischer Hintergrund: Figur Götz (1480-1526) steht an Grenze zweier Epochen ➔ kann sich der Entwicklung nicht anpassen, er muss zugrunde gehen Epoche die zu Ende geht: des freien reichsunmittelbaren Rittertums Anbruch der neuen zentralistischen Staatsverwaltung ➔ umfassende Rechtsreform ➔ löst ritterliches Fehdenrecht ab Gesellschaftskritik: Kritk an der Gesellschaft seiner eigenen Zeit ➔ im Götz anbrechende Absolutismus nach wie vor herrschende Staatsform Götz aber nicht unbedingt Identifikationsfigur für das Bürgertum ➔ stellt Lebensweise des Adels und bürgerliche Werte in Frage -➔ Besitz- und Bildungsbürgertum kommen schlecht weg wichtigsten Themen: Freiheit und Gefangenschaft: strukturbildenden Oppositionen des Dramas Freiheit sind Begriffe Natur, Edlen zugeordnet ➔ Gegenpol die verderbte Welt des Feudaladels Bischof und Adelheid spielen in ihrer ersten Szene Schach Götz in erster Szene unter freiem Himmel vor einer Herberge im Wald Westling und übrigen Höflinge sprechen gestochenes Hochdeutsch Götz' Redeweise volkstümlich und unkompliziert, mundartlich gefärbt und mit biblischen Wendungen durchsetzt Götz als Tatmensch und Selbsthelfer: Symbol der eisernen Hand: Zentralmetapher ➔ ambivalent: rechte Hand und eisern suggerieren positive Wertvorstellungen wie Treue und Standhaftigkeit andererseits steht die Prothese bildhaft für die Demontage des freien und naturhaften Individuums ➔ Verdrängung des Faustrechts durch das römische Recht beschneidet die Handlungsfähigkeit des Ritters Götz scheitert am notwendigen Gang des Ganzen ➔ Rede zum Shakespeare-Tag kann als eine Art Kommentar zum Drama gelesen werden es gelingt ihm weder, die aufgebrachten Bauern zu lenken, noch den Niedergang des freien Rittertums aufzuhalten Gegenbild Weisling: nicht selbst-, sondern fremdbestimmt keine Tatkraft, sondern ist immer auf die rechte Hand eines anderen angewiesen ➔ nur Werkzeug Träume über die eiserne Hand von Götz und Weißling keine festen Ideale und Überzeugungen ➔ hat sich von sich selbst entfremdet doppelter Treubruch: An Götz und seiner Schwester Maria Gemeinsamkeiten Götz und Weißling: sterben fast gleichzeitig ➔ galten in ihrer Jugend als Zwillingsbrüder Versuchen beide, die Gunst des Kaisers zu gewinnen Götz Ideal des autonomen Individuums, sing ordnet sich den Bedingungen des Hofes unter ➔ Leitbild des zukünftigen Bürgers vs. reale Bedingungen des bürgerlichen Lebens Figur der Adelheid Prototyp des Adels ➔ Namen durch ihre Figur wird höfische Lebensweise kritisiert ➔ reiht sich in die Reihe der Hofkurtisanen des bürgerlichen Trauerspiels: verführerisch, berechnend, kaltblütig Kalkül und Intrige vs. Intuition und Ehrlichkeit (Götz) körperliche Triebe bei Götz als natürlich dargestellt, bei Adelheid ist Sexualität instrumentalisiertes Laster➔ Mittel zum Zweck kann Interessen nicht selbst durchsetzen, sondern bedient sich einer fremden Hand ➔ gewinnt die Hand durch ihre erotische Ausstrahlung Gemeinsamkeiten Schicksal Götz und Reich: beide krüppeligen Körper Kaiser kann sich nicht gegen Partialinteressen der Fürsten wehren Tod des Kaisers, Zerfall des Reiches und die Zerstörung und Auslöschen des Individuums vollziehen sich gleichzeitig gesellschaftlichen Bedingungen lassen keine freie Entfaltung des Individuums zu
Formales: Radikale Befreiung von den Formgesetzeder aristotelische Poetik Drama weist zwar fünf Akte aus, Schwerpunkt liegt aber auf den Einzelszenen ➔ ca. 50 Stück! ➔ oft nur aus wenigen Redebeiträgen ➔ Fetzenszenen Keine der drei Einheiten wird eingehalten Handlungszeit bleibt offen Ort wechselt häufig: Jagsthausen, Wald, Bamberg, Heilbronn es gibt keinen zentralen Konflikt, aber eine enorme Anzahl an Personen Ungebundene, volkstümliche Sprache, Mischung von Sprachstilen neu: Goethe entnimmt den Stoff nicht der Antike, sondern der deutschen Geschichte Rezeption: Friedrich II. empört über die Nachahmung der schlechten Shakespeare-Stücke ➔ junge Generation dagegen hellauf begeistert ➔ enorme Wirkung! (bis zu Büchner!)
Begriff und Periodisierung Begriff "Kunstperiode" stammt von Heinrich Heine ➔ bezieht sich auf Zeit Goethes ➔ enorme künstlerische Produktivität, Ende fällt für Heine mit Goethes Tod zusammen, da Goethe aus seiner Sicht die bestimmende Figur ist Ebenso plausibel: Anfang und Ende auf die beiden Revolutionen datieren: 1789 und 1830 literarisch: Blütezeit, innere Vielfalt: Weimarer Klassik, Früh- und Spätromantik, Goethes Alterswerk und lit. Jakobinismus, Ausnahmegestalten Jean Paul, Kleist und Hölderlin ➔ Zwischenstellung zwischen Romantik und Klassik, Entstehen Trivialliteratur (Kotzebue) zeitliche Einteilung: Weimarer Klassik: 1786-1805: Goethes Italienreise bis Schillers Tod Frühromantik Spätromantik Jakobinismus
Zeitgeschichtlicher Hintergrund: Zwischen Restauration und Revolution wichtigsten Ereignisse: französische Revolution Revolutionskriege Frankreichs gegen europäische Koalitionen Befreiungskriege Wiener Kongress Julirevolution in Frankreich entscheidende Ereignis für die Kunstepoche ist frz. Revolution ➔ Anfänglich als Durchbruch gefeiert, aber durch blutigen Verlauf mit zunehmender Skepsis betrachtet ➔ seit beginn der Jakobinerherrschaft vehement abgelehnt literarische Diskussion der Zeit von einer Frage bestimmt: Elche Funktion kommt der Literatur zu? Darf sie zu revolutionären Umbrüchen beitragen oder nicht? ➔ 3 unterschiedliche Positionen Weimarer Klassik: Bevor sich die Verhältnisse ändern, muss sich der Mensch ändern ➔ für Politik folgt daraus, dass Veränderung allmählich und schrittweise erfolgen muss ➔ Evolution statt Revolution; für Literatur: Aufgabe, den Menschen moralisch und sittlich auf die Veränderungen vorzubereiten ➔ Konzept der ästhetischen Erziehung Romantik: lehnen die Revolution ab, obwohl sie mit gesellschaftlichen Situation nicht zufrieden waren ➔ ziehen aber andere Konsequenzen für ihr Leben daraus verstehen sich nicht mehr als Erzieher, sondern als frei schaffende Genies anstatt einen didaktischen Anspruch zu erheben, erheben sie Anspruch auf Autonomie der Politisierung setzen sie die Poetisierung der Welt entgegen Kunst wird dabei zur Religion stilisiert➔ Kompensation der eigenen pol. Ohnmacht Jakobinismus: Versteht Literatur als Agitationsinstrument ➔ greift Topos des "prodesse et delectare" wieder auf Formen sind politische Reden, Flugschriften, satirische Romane und Gedichte etc. stark zeitgebunden, daher heute nur schwer verständlich bekanntester Vertreter: Georg Forster
Grundsätzliches Klassik ein unscharfer Begriff klassisch: musterhaft, normativ, zeitlos, idealtypisch Klassik: im engeren Sinn die Kunst und Kultur der griechisch-römischen Antike außerdem kulturelle Blütezeit, in der auf die antike Klassik Bezug genommen wird ➔ jede europäische Nationalliteratur hatte eine solche klassische Phase: Italien: Renaissance: 16. JH England: Zeit Elisabeth I.: Ende 16./Angang 17. JH (Shakespeare) Frankreich: Ende 17./Anfang 18. JH Molière Deutschland: Weimarer Klassik, Goethe und Schiller Klassik vs. Klassizismus: Klassizismus betrachtet die Antike als gültiges Modell für jede Zeit (Winckelmann) ➔ setzt Antike absolut Klassik betrachtet die antike Kunst als historisch optimale Verwirklichung eines überhistorischen Kanone, der entsprechen der eigenen Kultur zu realisieren ist ➔ sieht Antike idealisierend vor dem Hintergrund ihrer Zeit Weimarer Klassik beschränkt sich im Wesentlichen auf Goethe und Schiller ➔ zum erweiterten Personenkreis gehören Herder, Wielandd und Wilhelm von Humboldt Wichtige Daten: Goethe wird als Berater Carl Augusts nach Weimar gerufen 1775 ➔ wird in den folgenden Jahren mit Regierungsgeschäften betraut, ein Jahr später folgen Lenz und Herder Goethes Italienreise 1786-1788 Schiller kommt nach Weimar 1787 Schillers Beschäftigung mit Kant 1791.93 durch gemeinsame Ablehnung der frz. Revolution Kommens ich Goethe und Schiller langsam näher ➔ ästhetische Koalition wichtigsten Zeugnisse der Freundschaft: Briefwechsel und gemeinsame Arbeit an der Zeitschrift "die Horen" 1795-97, der Xenien-Almanach (kulturkritische Epigramme) Balladenjahr 1797 Spätklassik 1805-1830/32
Historischer und philosophischer Hintergrund historischen Umwälzung werden als bedrohliche Auflösung empfunden ➔ Sehnsucht nach Bestand und Harmonie wichtigsten philosophischen Einflussgrößen: Immanuel Kant: "Kritik der reinen Vernunft! 1781: zeigt Grenzen des Verstandes auf: Das Sein an sich bleibt dem Verstand unzugänglich Von den empirisch fassbaren Erscheinung zu unterscheiden sind die Ideen, die weder empirisch erfahren, noch widerspruchsfrei gedacht werden können, aber als regulative Prinzipien wichtige Funktionen haben ➔ 3 großen metaphysischen Ideen sind nach Kant: Gott, Freiheit und Unsterblichkeit "Kritik der praktischen Vernunft" 1788 Frage nach den allgemeinen Grundlangen ethischen Verhaltens Moralisch ist eine Handlung nur dann, wenn sie aus Pflicht und nicht aus Neigung oder Furcht getan wird Pflicht ist dabei ein Moralisches Gesetz, das und sie Vernunft vorgibt Indem wir uns diesesGesetz selbst setzen und es, wenn nötig, entgegen unseren Neigungen erfüllen, erweisen wir uns als frei und autonom Freiheit ist also freiwillige Bindung an das moralische Gesetz in uns Pflichten sind kein empirischer Gegenstand, sondern vernünftige Prinzipien bzw. Maxime, die sich aus dem kategorischen Imperativ ableiten lassen "Kritik der Urteilskraft" (1790) enthält Kants Ästhetik entscheidend ist, dass er der Kunst Autonomie zuspricht das Schöne zeichnet sich dadurch ab, dass es von äußeren Zwecken unabhängig ist Herder: Briefe zur Beförderung der Humanität 1793-97 positives Menschenbild: Der Mensch ist frei und von Natur aus gut Humanität in unseren Anlagen Anlagen zu wecken und zur Entfaltung zu bringen und zu fördern, ist nach Herder die alles entscheidende Aufgabe Literatur kommt dabei besonderer Bedeutung zu
Antike als Vorbild Schlüsselwerk: "Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst" 1755 von Johann Joachim Winckelmann ➔ gibt der Antikenrezeption in D. die entscheidenden Anstöße lenkt die Aufmerksamkeit von der röm. auf die griech. Antike ➔ vom römischen Despotismus zur attischen Demokratie v.a. anhand der Laokoon-Gruppe ➔ verdeutlicht die Vorbildlichkeit der antiken Kunst, deren Schönheit durch ihre edle Einfalt und stille Größe bedingt ist weitere Kennzeichen: Harmonie und Ausgewogenheit Einheit in Vielfalt Schönheit im Sinne von Gesetzmäßigleit und bewusster Begrenzung Aufhebung des Besonderen im Typischen das Ideal, das darin zum Ausdruck kommt: beherrschte Gefühle und eine gesetzte Seele gegen die verspielte, überladene und allegorische Kunst des Barocks und Rokoko gerichtet Auch die Klassiker sehen ihr Schönheitsideal in der Antike verwirklicht ➔ Rücksendung zu idealen und geordneten Welt der Antike ist dabei nicht zuletzt als Reaktion auf die enttäuschende Gegenwart zu verstehen alte Griechenland als Gegenentwurf zum Chaos der Revolution und dem Despotismus des feudalen Systems
Grundsätze der Klassik Schillers Ankündigung der Monatsschrift "Die Horen" 1794 enthält das Programm der Klassik Abkehr von dem der historischen, politischen-gesellschaftlichen Wirklichkeit, dem Parteigeist der Gegenwart, dem Charakteristischen des Sturm und Drangs ➔ Hinwendung zum Allgemeingültigen, Zeitlosen: dem Wahren und Schönen Versteht sich als Gegenpol zum damaligen Zeitgeist Autonomie der Kunst wird betont Ziel: Veredelung der Menschheit, ästhetische Erziehung zur Humanität ausgewogenes und ganzheitliches Persönlichkeitsideal: Mensch soll all seine Anlagen entfalten und auf diese Weise das Allgemeinmenschliche in sich verwirklichen --> Grundlage von Humboldts Schulreform) Ausgleich der Gegensätze und Wiederherstellung der seit der Antike verloren gegangenen Harmonie Vernunft und Gefühl, Sittlichkeit und Sinnlichkeit, Kunst und Natur, Gesetz und Freiheit, Körper und Geist, Individuum und Gesellschaft Goethe: "einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil" 1789: weder einfache Nachahmung der Natur, noch Aufdrücken eines eigenen Stempels (Manier), sondern darum, das Wesen der Dinge, das zugleich das Schöne und Wahre ist, zu erkennen und darzustellen (Stil) einerseits in der individuellen Erscheinung das Allgemeine zu erkennen andererseits das Allgemeine durch die individuelle Erscheinung sinnlich erfahrbar zu machen --> stilisierte, aber trotzdem nicht leblose Literatur Gegenstand der Kunst ist nicht das Lebens selbst, sondern dessen allgemeine Gesetze, nicht die Wirklichkeit, sondern die Wahrheit--> idealisierende Kunst Weglassen des Zufälligen, Darstellung des Notwenigen, der Einzelne als Exemplar der Gattung, usw. Rückkehr zu Maß, Gesetz und Formstrenge --> Abkehr von den Idealen des Sturm und dRangs hat versch. Gründe Schon in der Form zeigt sich die Autonomie der Kunst Die Form unterstreicht die Individualisierung und Stilisierung der Wirklichkeit Die formalen Gesetze der Kunst entsprechen der Gesetzmäßigkeit in der NAtur Maß, Gesetz und Selbstbeschränkung als gesellschaftspolitische Ideale und Reaktion auf das pol. Chaos der Gegenwart
Allgemeines zum klassischen Drama: Typ des idealistischen Ideendramas: Handlung und Charaktere werden einer herrschenden Idee untergeordnet ➔ Typisierung der Figuren, geschlossene Handlung, abstrakte Darstellung ➔ Goethe experimentierte in seiner Funktion als Direktor des Hoftheaters mit antiken Masken zentrales Thema: Autonomie, Konflikt zwischen Wirklichkeit und geistiger Ideenwelt Innerseelische Konflikte korrelierten mit dramatischer Handlung Einbettung des Geschehens in eine harmonische Ordnung: Nemesis-Motiv Synthese von frz. und engl. Stilelementen Geschlossenheit, Maß und harmonischer Aufbau treten in den Vordergrund: 5 Akte, Einhaltung der Einheiten, glanzvolle Aktschlüsse Stilisierte Sprache: Blankvers, wichtige Stellen gereimt, Sentenzen
Dualistisches Welt- und Menschenbild Im Anschluss an Schillers Kantstudien entstehen folgende Schriften: "Über Anmut und Würde" 1793 "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" 1795 "Über naive und sentimentale Dichtung" 1795 ➔ enthalten Quintessenz seines ethische und ästhetischen Programms Schiller unterscheidet ebenfalls zwischen einer geistigen Welt der Ideen und der sinnlich wahrnehmbaren Welt erste entspricht der Vernunft, letzterer der Natur Mensch ist Teil der beiden Welten ➔ ist von zwei antagonistischen Trieben bestimmt: dem sinnlichen Trieb, dem unsere wechselnden Neigungen entsprechen und dem Formtrieb, dem die allgemeinen und zeitlos gültigen Gesetze der Vernunft entsprechen ➔ wirken einerseits gegeneinander, andererseits bedingen sie sich wechselseitig Ziel: beide Triebe miteinander in Einklang zu bringen ➔ nur dann ist der Mensch ganz er selbst im Sinne eines ganzheitlich ausgebildeten Wesens ➔ harmonische Totalität Um das Ziel zu erreichen, bedarf es des "Spieltriebs" ➔ in ihm wirken beide Triebe zusammen, ohne den Menschen zu nötigen, zum Ausdruck kommt er in der Kunst Gegensätze zwischen denen sich Schiller in seinen theoretischen Schriften und seinen Dramen bewegt, sind also: Natur vs. Vernunft Materie vs. Geist "Sinnlicher Trieb" vs. Formtrieb Sinnlichkeit vs. Sittlichkeit Neigung vs. Pflicht Naturgesetz vs. Moralisches Gesetz Gefühl vs. Wille Subjektivität vs. Allgemeingültigkeit Glückseligkeit vs. Vollendung Wandel vs. Beständigkeit Erscheinung vs. Idee Inhalt vs. Form Geschichte vs. Individuum eigentliche Bestimmung des Menschen = Ideal der schönen Seele ➔ in ihr harmonieren Sinnlichkeit und Sittlichkeit, Neigung und Pflicht, Natur und Vernunft ➔ in ihr kann sich der Wille ruhigen Gewissens dem natürlichen Gefühl überlassen, denn die schöne Seele bringt das moralische Gesetz mit den eigenen Neigungen in Einklang ➔ von physischen und moralischen Zwängen frei ➔ Ausdruck findet sie in Anmut bzw. Grazie bei der schönen Seele handelt es sich aber nur um eine Idee bzw. ein Ideal: Sie ist zwar zeitlebens anzustreben, aber letztlich weder zu beobachten noch zu erreichen Es ist dem Menschen in der Realität also letztlich verwehrt, ein harmonisierendes Ganzes zu sein aber: es ist möglich, eine erhabene Gesinnung zu zeigen ➔ Ausdruck ist die Würde Die Würde besteht darin, trotz des inneren Kampfes die Pflicht über die Neigung zu stellen ➔ sich willentlich von den natürlichen Trieben lösen, sofern sie im Widersprich zu Vernunft und Sittlichkeit stehen Der Mensch, der sich die Würde bewahrt, ist demnach frei von natürlichen Zwängen, bzw. über sie erhaben, erfährt diese Freiheit jedoch als eine innere Notwendigkeit bzw. Pflicht Die Utopie ist die Schönheit und Anmut: schöne Seele = innere Harmonie; Pflicht und Neigung sind eins ➔ Erscheinungsform ist Anmut Umsetzung liegt in der Erhabenheit und Würde: erhabene Gesinnung = innerer Kampf, Sieg der Vernunft ➔ Erscheinungsform ist die Würde Aufgabe der Kunst: das ethische Ideal der "schönen Seele" darzustellen ➔ dem Menschen vor Augen führen, woran seine Bestimmung liegt ➔ so wird im Menschen das Bedürfnis geweckt, dieser Bestimmung gerecht zu werden und das dargestellte Ideal anzustreben ethische Ideal der schönen Seele ist zugleich ein ästhetisches ➔ als schön empfinden wir, wenn uns die uns eigenen Möglichkeiten greifbar vor Augen geführt werden, das Ideal in der Kunst Gestalt annimmt, Freiheit sinnlich erfahrbar wird ➔ Gegensätze, unter denen wir im Alltag leiden, sind hier aufgehoben ➔ objektive Schönheit (anders als bei Kant) Bei der Darstellung der schönen Seele, kann und darf die Kunst aber nicht stehen bleiben -> Harmonie wird nur als solche verstanden, wenn sie vor dem Hintergrund der Disharmonie betrachtet wird➔ Schönheit wird erst vor dem Hintergrund des Erhabenen verständlich ➔ das Erhabene zeigt zweierlei: der innere Konflikt zwischen Vernunft (Pflicht und Natur (Neigung) die mögliche Herrschaft der Vernunft über die Natur und damit unsere moralische Unabhängigkeit von dieser ➔ Das Erhabene weckt unsere sittliche Energie
Das "Pathetischerhabene" wichtigsten Schriften: "Über die tragische Kunst" 1792 "Über das Pathetische" 1793 "Über das Erhabene" letzter Zweck der Kunst ist die Darstellung des Übersinnlichen und die tragische Kunst bewerkstelligt dies dadurch, dass sie uns die moralische Independenz von Naturgesetzen im Zustand des Affekts verdinglicht Übersinnliche meint ihr: das was den Menschen über die bloße Natur erhebt, nämlich Idee bzw. das Ideal der Freiheit, die sein Wesen ist moralische Independenz von Naturgesetzen ist das "erhabene" , der Zustand des Affektes das "Pathetische" Darstellung bzw. Versinnlichung des Übersinnlichen: Worum es der Kunst geht, ist die Darstellung der Freiheit und damit die Darstellung dessen, was der Mensch eigentlich ist, bzw. was er sein kann ➔ problematische Bestimmung ➔ Freiheit als Idee ➔ sie kann nicht erfahren, nicht einmal widerspruchsfrei gedacht werden ➔ Was sich die Kunst vornimmt ist demnach ein Ding der Unmöglichkeit ➔ Schiller ist sich dessen bewusst ➔ das zeichnet sich aber aus: sie vermag den Widerspruch zu lösen, dass es ihr also gelingt, das Übersinnliche indirekt zu versinnlichen Das Pathetische: Schiller übersetzt Pathos ebenfalls mit Leiden ➔ Pathetisch ist eine Tragödie dann, wenn die Figuren leiden und zwar so, dass der Zuschauer Mitleidet ➔ erster Grundsatz der Tragödie: Darstellung der leidenden Natur" wendet sich gegen frz. Dramen, in denen die höfische Dezenz die leidende Natur oft verdrängt Das Erhabene: Das Leid um seiner selbst Willen zeigen ist nach Schiller verfehlt ➔ Darstellung des Leids nur dann ästhetisch gerechtfertigt, wenn damit zugleich dessen geistige Bewältigung und damit die erhabene Würde des Helden zum Ausdruck kommen -> zweiter Grundsatz: "Darstellung des moralisch Widerstandes gegen das Leiden" Das PAthetischerhabene: Das Pathetische und das Erhabene bedingen sich wechselseitig : Das Erhabene kann nur durch das Pathetische veranschaulicht werden, das Pathetische ist nur ästhetisch, wenn es Erhaben ist Pathetische: notwendiges Mittel bzw. die Form Erhabene: der Zweck bzw. die erwünschte Wirkung ➔ erst durch das Zusammenspiel beider Phänomene wird die Doppelnatur des Menschen vergegenwärtigt ➔ Der Zuschauer erfährt sie gewissermaßen an seinen eigenen Reaktionen: Als sinnliches Wesen leidet er am dargestellten Leid; als Vernunftwesen mach er die beglückende Erfahrung, dass es dem Menschen möglich ist, sich über die Natur zu erheben gemischte Gefühl ➔ schaurige Lust ➔ Macht Faszination von Tragödien aus➔ Das Vergnügen besteht darin, zu sehen, dass wir unser Leiden geistig bewältigen können ➔ erhabene Rührung Moralischer Zweck: er betont nun auch die Autonomie der Kunst ➔ Abrücken von der moralischen Anstalt Zweck besteht nicht darin, das Moralisch-Gute zu vermitteln, sonder Vergnügen zu bereiten --< entspricht dem Erleben der tragischen Affekte bzw. der erhabenen Rührung gute Tragödie zeigt sich daran, in wiefern es ihr gelingt, das Erhabene zu zeigen, also das Vermögen des Menschen sich über die Natur hinwegzusetzen ➔ sekundär ob sich die Erhabenheit in moralisch guten oder schlechten Taten zeigt ➔ ethisches und ästhetisches Urteil können auseinandergehen trotzdem moralsicher Anspruch erhalten ➔ besteht aber nich in konkreter Unterweisung Grundgedanke: Je öfter der Mensch mögliches Unglück ästhetisch antizipiert und sich moralisch darüber erhebt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er auch im tatsächlichen Leben erhaben handelt und seine Würde als Mensch bewahrt ➔ Tragödie als Inokulation des unvermeidlichen Schicksals ➔ präventive Stärkung der eigenen Willenskraft Tragödie ist die wirksamste Erlebnisform des Erhabenen, sofern sie sinnlich-lebhafte Vorstellungen des Leidens mit dem Gefühl der eigenen Sicherheit verbindet
Praktische Umsetzung Organisation des Stoffes: Im Zentrum muss ein ideeller und dramatischer Konflikt stehen➔ davon ausgehend eine zusammenhängende, in sich abgeschlossene Handlung zu entwickeln ➔ der dramatische Konflikt bildet den Höhepunkt, auf ihn läuft die Handlung zu und durch ihn wird sie gelöst ➔ meist im dritten Akt (Tektonik des kl. Dramas) Wallenstein: Verbindung mit den Schweden Maria Stuart: Treffen zw. Maria und Elisabeth möglichst zwingender und prägnanter Beginn, in dem das tragische ende bereits antizipiert wird ➔ Beginn als Krise konzipierte aus der der Konflikt und due Katastrophe hervorgeht Maria Stuart: Verurteilung Marias Einheit des Ortesund der Zeit: kein formeller Zwang mehr, sondern ergibt sich aus dem Aufbau --< durch den zentralen Konflikt liegen Anfang, Höhepunkt und Katastrophe zeitlich und räumlich eng beieinander, Begrenzung der Figurenzahl und Schauplätze Auch im Geschcihtsdrama geht es nicht um historische, sondern um poetische Nachahmung ➔ Dichter darf frei mit dem hist. Stoff umgehen und entsprechend deuten und organisieren Ziel: Das Realistische zu Idealisieren ➔ geschichtlicher Rahmen ein Vehikel, um allgemein und zeitlos gültige Ideen zu vermitteln und die Wirklichkeit zu entrücken Maria Stuart und Elisabeth haben sich in Wahrheit nie getroffen Tragödie muss Mitleid erregen ➔ Zuschauer muss sich mit dem Geschehen identifizieren ➔ Schiller fordert nicht nur gemischte, sondern vernünftige Charaktere ➔ Unglück soll durch den Zwang der Umstände bzw. die Kollision zweier Pflichten zustande kommen vertritt wie Lessing eine Wirkungsästhetik ➔ Tragische zeichnet sich durch die Affekte des Zuschauers aus Unterschiede: Mitleid ist nicht Zweck, sondern lediglich Mittel Mitleid muss daher dosiert werden, um für die Erhabene Rührung Platz zu lassen Mitleid wird auch nach Schiller durch Identifikation erreicht, das Verbindende ist aus seiner Sicht jedoch nicht der Stand, sondern das Allgemeinmenschliche, genauer: die Vernunft ➔ vernünftige Charaktere Mit-leid im Sinne Schillers ist ein umfassenderes Mit-leiden als bei Lessing ➔ Einfühlen in alle dargestellten Affekte➔ mitleidende Furcht, mitleidender Schrecken ➔ der mitleidige Affekt, den Schiller vor Augen hat, ist die Summe aller Affekte, denen der Zuschauer ausgesetzt ist Das Leiden der Figuren (das Pathetische) darf nicht zu weit getrieben werden ➔ Zuschauer muss dich über das Leid erheben können ➔ affektive Wirkung der Tragödie darf nicht zwingend sein: Zuschauer muss sich einerseits mit dem Leid identifizieren, andererseits davon distanzieren ➔ Illusion des Theaters muss daher immer wieder durchbrochen werden In Braut des Messina: Wiedereinführung des antiken Chaos epische Momente Schiller kann keine fehlende Natürlichkeit vorgeworfen werden ➔ er idealisiert, stilisiert und typisiert bewusst. ➔ Natur ist das, in dem wir aus seiner Sicht befangen sind, und aus dem wir uns durch die Kunst und unseren Willen z befreien habe n ➔ Form und Inhalt sind aufs engste aufeinander abgestimmt Was für Affekte gilt, gilt genauso für die Moral: Nemesis spielt zwar eine bed. Rolle in seinen Dramen, man findet so gut wie nie aber ein eindeutiges Gefälle zwischen gut und böse ➔ gem. Charaktere Schuldfrage meist bis zuletzt offen gelassen, um sich auf diese Weise das Interesse aufrecht zu erhalten und den Zuschauer weder moralisch noch sinnlich zu nötigen
Goethe entwirft keine zusammenhängende Dramentheorie ➔ Überlegungen sind verstreut und müssen aus den verschiedenen Schriften rekonstruiert werden Briefwechsel mit Schiller einschlägigen Gespräche in Wilhelm Meisters Lehrjahre zum Thema Theater beiden Abhandlungen über Shakespeare Gespräche mit Eckermann "Nachlese zu Aristoteles Poetik Regeln der aristotelische Poetik: während Sturm und Drang Zeit radikal verworfen, später rehabilitiert➔ versteht sie nicht als Este Gesetze, sondern als sinnvolle Ratschläge, deren Befolgung vom Sujet abhängig zu machen ist Handlung der Figuren sollte symbolisch bedeutsam sein Das Tragische Versteht er als das "unversöhnliche" ➔ beruht auf einem unausgleichbaren Gegensatz ➔ eigenwilliges KAtharsisverständnis: Bezieht den Begriff nicht auf die Zuschauer, sondern auf das Drama ➔ aussöhnende Abrundung der tragischen Handlung ➔ Katharsis= Ausgleich des Tragischen Im strengen Wortsinn gibt es in Goethes Dramatik keine Tragik!
Begriff, Periodisierung, Vertreter, Zeit- und Geistesgeschichte vom Begriff Roman abgeleitet ➔ romanhaft , also phantastisch, abenteuerlich, irrational heterogene und ambivalente Bewegung lässt sich grob unterteilen in Frühromantik 1795-1804: Zentrum ➔ Jena Brüder August und Friedrich Schlegel ➔ Zeitschrift Athenäum Johann Gottlieb Fichte: Die Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre" Friedrich Schleiermacher: Über die Religion Novalis (Philipp Friedrich von Hardenberg): "Hymnen an die Nacht", "Heinrich von Ofterdingen" Ludwig Tieck: "Der gestiefelte Kater" Spätere Romantik ca. 1804-1830: Zentren: Berlin und Heidelberg Clemens Brentano Bettina und Achim von Arnim Joseph von Eichendorff Joseph Görres E.T.A Hoffmann Die Brüder Grimm Zeitgeschichte: frz. Revolution Koalitionskriege Ende des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen Wiener Kongress pol. beengtes Deutschland beginnende Industrialisierung ➔ Krisenbewusstsein, Entfremdungsgefühle, Enttäuschung, Rückzug ins Innere ➔ erschuf sich in der grenzenlosen Phantasie poetische Gegenwelten zur Wirklichkeit Vorbereiter: Religiöse Mystik Spinoza Pantheismus Rousseaus Kulturkritik Herders Rückbesinnung auf Volkstum und Geschcihte Shakespeare-Rezeption Empfindsamkeit und Sturm und Drang Philosophischer Hintergrund bzw. philosophische Stichworte Fichte Wissenschaftslehre 1794: Kants Sein an sich gibt es nicht, stattdessen geht jede Sinngebung vom erkennenden Subjekt, dem "absoluten Ich" aus ➔ Welt als Produkt unserer subjektiven, singstiftenden Einbildungskraft➔ subjektiver Idealismus Schellings: "Ideen zu einer Philosophie der Natur" 1799 unser Bewusstsein ist ein Teil der Natur, die Natur selbst ist mit Bewusstsein ausgestattet ➔ Weltseee Schleiermachers Reden über die Religion 1799 Religiosität als Sinn und Geschmack fürs Unendliche gehört zum Menschen genauso wie die theoretische und praktische Vernunft
Poetologisches Zentrale Motive und Anliegen der Romantik Betonung des Gefühls, der Phantasie und des subjektiven Empfinden ➔ später auch des Irrationalen, Geheimnisvollen, Pathologischen, Unterbewussten und Unheimlichen ➔ schwarze Romantik Autonomie der Kunst: gegen moralische Funktionalisierung ➔ künstlerische Freiheit Sehnsucht als das bestimmende Gefühl der Romantik ➔ v.a. nach harmonischem Einklang mit der Natur, aber auch nach Gott ➔ kurz: nach dem Unendlichen, Unaussprechlichen Symbol für die Sehnsucht: Blaue Blume Neubewertung der eigenen nationalen Literaturtraditionen ➔ Begeisterung für die Volksdichtung v.a. in Heidelberger Romantik: Brentano und Armin geben Sammlung von Volksliedern heraus: "Des Knaben Wunderhorn" 1805 auch Brüder Grimm sammeln Sagen und Märchen ➔ Rückkehr zum Einfachen, Naiven, Ursprünglichen politisches Ideal einer geeinten Nation gewinnt zunehmend an Bedeutung Aufwertung des Mittelalters gegenüber der Antike Rückkehr zu religiösen Motiven Dichtung als umfasende Weltdeutung, Ziel: Poetisierung der Wirklichkeit Verzauberung der Wirklichkeit bewusste Abkehr vom Rationalismus ➔ Schlegel fordert neue Mythologie ➔ Verbindung von Kunst und Religion Problematische Künstlerexistenz: zwischen Philistertum und freier Entfaltung ➔ unverstandene Außenseiter Das 116. Athenäum-Fragment von F. Schlegel: enthält das neue Programm der Frühromantik ➔ zentraler Begriff: Progressive Universalpoesie➔ Aufhebung aller Grenzen enthält und mischt alle Gattungen der Literatur, ebenso wie Philosophie, Rhetorik und Kritik sofern sie auf das Unendliche zielt, erweist sie sich als permanenter Prozess ➔ Nicht die Nachahmung der Wirklichkeit, sondern deren Poetisierung und die Aufhebung der Grenzen zwischen Kunst und Leben Romantische Ironie: Es gibt keine eindeutige Definition Ziel: Grenzen des Kunstwerkes aufzuheben ➔ indem dessen Illusion ironisch durchbrochen wird, verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, Werk und Autor Der Autor behält die Freiheit, sich über sein eigenes Werk und damit über sich selbst zu erheben Das Kunstwerk, das aufs Unendliche gerichtet ist, hebt sich, in dem es sich zum Gegenstand macht, gewissermaßen selbst auf und bleibt dadurch hoffe für das, worauf es bezogen ist: das Unendliche! ➔ Es gibt sich nicht als vollendetes Ganzes. sondern weist auf eine höhere Ebene Umsetzung: Vermischung der Gattungen, am besten im Roman möglich offene Formen ➔ Progressivität, romantische Ironie Motive: Nacht, Träume, am Fenster, Freiheit, Wahnsinn, Phantastisches kaum romantische Dramen, bei den wenigen handelt es sich meist um Lesedramen, die im kleinen Kreis vorgelesen, aber nur selten aufgeführt wurden
Inhaltliches und Formales Tieck versteht sein Drama als Lesedrama, es ist für eine imaginäre Bühne geschrieben ➔ Mischung der Gattungen innovative Experimentaldramatik: Radikale Durchbrechen des Illusionstheaters ➔ Figuren Falles aus der Rolle, der Dichter selbst betritt mehrmals die Bühne ➔ erinnert an Brecht ➔ aber: von Tieck nicht dazu verwendet eine politische Botschaft zu vermitteln, sondern primär als Literatursatire gedacht ➔ Aufklärungsliteratur und Banalität des Bildungsbürgertums werden aufs Korn genommen Intertextuelle Metadramatik: Literatur über Literatur ➔ Lächerlich wird dabei v.a. Gottscheds Regelpoetik, aber auch Lessings Mitleiddramaturgie, die Empfindsamkeit und Schillers Idealismus Hanswurst tritt auf Einheiten spielen überhaupt keine Rolle ➔ Auflösung der klassischen Finalstruktur, Einzelnen Szenen und Handlungsstränge stehen für sich, sind mosaikartig ineinander verwoben Publikum mokiert sich immer wieder über mangelnde Wahrscheinlichkeit des Märchens ➔ ist sich nicht darüber bewusst, selbst Teil der Fiktion zu sein Leander, der Hofgelehert, fasst am Ende des Märchen dessen Moral fürs Publikum zusammen ➔ Kater sind nützliche Tiere Liebespaar, das mit der sonstigen Handlung nichts zu tun hat, tritt einmal glücklich verliebt auf und hat sich bei der nächsten Begegnung völlig entzweit Kater Hinze bezwingt seine Affekte und nimmt das Kaninchen für den König mit, anstatt es aufzufressen ➔ erhält hierfür vom Publikum tosenden Beifall und muss die schöne Stelle noch mal aufsagen Neben dem zeitgenössischen Literaturbetrieb werden auch die politische Verhältnisse mit Polemik bedacht Kleinstaaterei wird aufs Korn genommen ➔ König erscheint als infantiler Tyrann, er und seine Tochter kennen kein Getreide ➔ Anspielung auf Marie Antoinette König des Nachbarstaates, König "Popanz" verwandelt sich in eine Maus und wird vom Kater gefressen
Historischer Hintergrund Nach Befreiungskriegen hofft man in D. auf eine liberale Verfassung und einen Nationalstaat ➔ Hoffnungen auf dem Wiener Kongress enttäuscht Die Vorrevolutionäre Ordnung wird unter Metternich wiederhergestellt und eine Phase der Restauration eingeläutet Reaktionäre Aktionen: 1819: Verabschiedung der Karlsbader Beschlüsse ➔ gesetzliche Grundlage der Demagogenverfolgung ➔ Überwachung der Universitäten, Verbot von Burschenschaft, Zensur Anlass: Ermordung Katzebues durch den Studenten Sand Revolutionäre Aktionen: 1817: Wartburgfest ➔ Zusammenkunft enttäuschter Studenten, um an Luthers Reformationen und die Völkerschlacht in Leipzig zu erinnern 1830: Julierevolution in Frankreich 1832: Hambacher Fest 1833: Frankfurter Wachensturm ➔ gescheiterter Versuch, eine deutsche Revolution auszulösen 1844: Schlesischer Weberaufstand 1848: Deutsche Märzrevolution zunehmende Urbanisierung und Entstehung des Frühproletariats sensibilisieren für die soziale Frage und die soziale-ökonomische Abhängigkeit des Einzelnen Kultureller Hintergrund: David Friedrich Strauß: Bibelkritik Ludwig Feuerbach "Das Wesen des Christentums" 1841 Marx/Engels "Das kommunistische Manifest 1848 Materialismus, Positivismus
Allgemeines zur Epoche Literatur der Restaurationszeit bewegt sich zwischen zwei Polen: Restauration (Biedermeier) und Revolution (Vormärz, junges Deutschland) ➔ gestritten wird um die Frage, welche Aufgabe der Literatur zukommt: zeitlich und überparteilich? oder auf aktuelle Situation Bezüglichg nehmen und ins pol. Leben eingreifen? ➔ Auseinandersetzung um das Erbe der Romantik und Klassik Junges Deutschland:gegen Klassik und Romantik, für pol. engagierte Literatur, Ziele: Schaffung eines Nationalstaates und einer demokratischen Verfassung Ludwig Börse: Klassik und Romantik stehen für elitäres und wirklichkeitsfernen Kunstverständnis, v.a. Goethe wirft er pol. Gleichgültigkeit vor ➔ fordert ein engagiertes Zeitschriftstellertum ➔ ähnlich Gutzkow und die anderen Jungdeutschen Heinrich Heine: kritisiert pol. Folgenlosigkeit der Kunstperiode ➔ fordert neue, der zeit angemessene Literatur Autoren de sBiedermeiers: Wenden sich bewusst von der pol. Wirklichkeit ab ➔ Rückzug ins innerliche und ins Privatleben resignativ-melancholischer Grundton ➔ Sehnen nach der guten alten Zeit, bürgerliche Idylle, intaktes Familienleben, der schönen Natur, usw. konservativ, Betonung zeitloser Werte betrachtet Erbe der Klassik weiterhin als verbindlich an, nimmt jedoch zunehmend realistische Elemente auf und orientiert sich am Kleinen ➔ Detailtreue, Alltagsnähe, unheroische Figuren Zentrum ist Österreich, insbesondere Wien: Grillparzer, Nestroy, Raimund, Stifter, usw. zum Biedermeier werden außerdem gezählt: Eduard Mörike, Wilhelm Hauff, Annette v. Droste-Hülshoff usw.
Büchners Kunstverständnis keine kunsttheoretischen Schriften verfasst, lässt aber in seinen Werken und Briefen immer wieder poetologische Gedanken einfließen Camilles Kunstmonolog in Dantons Tod Literaturgespräch in der Erzählung Lenz beton atniidealistische Kunstauffassung In Danton Tod beschreibt er Figuren idealistischer Künstler als "Rock und Hosen", "hölzerne Kopien" und Marionetten Problematisch laut Büchner: Menschen entfremden sich auf dieser Weise von der Wirklichkeit ➔ sie halten sie für zu gewöhnlich, anstatt ihren Wert zu erkennen versteht seine Dramen als bewusste Absage an das klassische Drama ➔ Ziel: Wirklichkeit so zeigen, wie sie ist, und nicht so, wie sie sein soll ➔ Vorläufer des Naturalismus
Hintergrundinformationen und Inhalt Veröffentlichung 1835, Uraufführung erst 1902 schildert in vier Akten die letzten zwei Wochen vor der Hinrichtung Dantons 1794 in Paris ➔ hält sich so eng wie möglich an historische Fakten unterschied Geschichtsschreiber und Dichter: erstere kann unmittelbaren Eindruck von Ereignissen vermitteln, beiden geht es darum, die Wirklichkeit so getreu wie möglich wiederzugeben grundlegend anderes Verständnis vom Geschcihtsdrama wie Schiller rund 1/6 des Dramentextes ist den Quellen entnommen ➔ die Reden werden von Büchner nur geringfügig bearbeitet ➔ Vorläufer des dokumentarischen Theaters Handlung spielt an einem entscheidenden Wendepunkt der Revolution ➔ Während Jakobiner unter Führung Robespierres auf Entscheidung der soz. Frage pochen, sind die Anhänger Dantons vom Verlauf der Revolution enttäuscht und fordern deren Ende Danton: resigniert, melancholisch, fatalistisch, flieht in Hedonismus Robespierre: Rigorist in politischer und moralischer Hinschicht ➔ Tugendhaft, unbestechlich Grundton des Dramas ist fatalistisch: keine der Figuren kann sich aus ihren Fesseln lösen ➔ Danton befangen in Resignation undSinnlichkeit, Robespierre in Ideologie und Tugendhaftigkeit, Volk in Armut Figuren sind nicht Täter, sondern Getriebene besonders Danton bringt fatalistischen Grundton immer wieder zur Sprache ➔ Passagen ganz im Ton von Büchners Fatalismusbrief gehalten ➔ Menschen als Puppen beschrieben, die von unbekannten Gewalten am Draht gezogen werden Selbst Robespierre entpuppt sich als tragische Figur ➔ hat auf Drängen von St. Just der Verhaftung seines Freundes Camille zugestimmt und vergleicht sich dann selbst mit Christus: er nehme die Sünde auf sich Revolutionärer Aktivismus vs. nihilistischer Fatalismus nihilistischer Grundton aufgrund Büchners politischem Aktivismus äußerst befremdlich ➔ unterschiedliche Interpretationen in der Literaturwissenschaft Problem klärt sich aber, wenn man darauf verzichtet, Büchner mit einer Figur identifizieren zu wollen ➔ sofern es ihm um eine objektive Darstellung geht ist er weder auf der Seite Dantons, noch auf Robespierres ➔ beide Figuren erweisen sich stattdessen als problematisch : Ihnen ist gemeinsam, dass sie sich vom Volk entfernen Robespierre will die Vernunft mit Gewalt und ohne Rücksicht auf den einzelnen durchsetzen, ohne etwas am eigentlichen Problem, dem Hunger, zu ändern Danton: pflegt seinen bourgeoisen Lebensstil auf Kosten des Volkes wird dem Leser schon in den ersten beiden Szenen vor Augen geführt ➔ Schilderung des Alltags Danton vs. Schilderung des Alltag des Volkes Zentrales Thema: Die Krise des individualistischen Menschenbildes der Aufklärung Dem Vernunft- und Fortschrittsglauben wird eine Absage erteilt: Fatalismus statt Fortschritt, Determinismus statt Freiheit Die allgemeine Vernunft entspricht nicht der individuellen, sondern muss aufoktroyiert werden ➔ schlägt damit letztlich in Gewalt um keine Lösung sich ihr zu entziehen, wie Danton es versucht ➔ mündet in bloßen Triebegoismus Individualismus mündet in Einsamkeit, Isolation und Sprachlosigkeit: es findet kein Dialog mehr statt Gefängnis-, Grab- und Sargmetaphorik, Bild derEnge Zur Entfremdung vom anderen tritt die Entfremdung vom eigenen Ich: Nachts überfallen Danton Ängste und Gewissensbisse wegen der Septembermorde Auf Leibniz zurückgehende Theodizee wird im Gefängnisgespräch ab absurdum geführt ➔ Die Welt ist nicht die beste aller möglichen Welten, sondern so, wie sie sich dem Menschen zeigt: ein Chaos! Kurz: Das Drama verlangt nach einer Neubestimmung der Verhältnisse von Individualität und Allgemeinheit, Selbstverwirklichungsstreben und sozialer Verantwortung, zeigt aber selbst keine Lösungen auf, sondern bleibt offen
Form Vermehrung und soziale Differenzierung des Personals und Auflösung des klassischen Figurenkonstellation ÜBER 30 FIGUREN Es stehen sich nicht Einzelne gegenüber, sondern Parteien, die in sich wiederum vielfältig sind Das Geschehen wird aus unterschiedlichen Perspektiven geschildert: Volk, Dantonisten, Jakobiner, Lucille, Kein klassischer Aufbau ➔ szenisches Drama es gibt keinen Höhepunkt nicht Kausalität, sondern Diskontinuität und Pluralität bestimmen den Handlungsablauf ➔ Szenen können teilweise vertauscht oder ganz weggelassen werden, ohne das die Handlung dadurch unverständlich würde ➔ meist sind sie einander konstruktiv zugeordnet Nicht die Handlung, sondern die Atmosphäre steht im Vordergrund Es findet keine Entwicklung auf Seiten der Figuren statt➔ dargestellten Konflikte bleiben dementsprechend ungelöst ➔ offenes Ende Drama bildet keinen in sich abgeschlossenen Mikrokosmos, sondern weist über sich hinaus ➔ Spätere Hinrichtung Robespierres wird implizit vorausgesetzt ohne selbst thematisiert zu werden Sprachliche Variabilität Revolutionsführer: ausgewählte Sprache, lange Reden Volk: derbe Sprache, kurze Sätze
Hintergrundinfos und Inhaltliches Vermutlich 1836 entstanden, aber erst 1878 posthum veröffentlicht, Uraufführung 1913 Gilt als das erste soziale Drama in Deutschland ➔ enormer Einfluss auf Literaturgeschichte ➔ Aufnahme durch Naturalisten und Expressionisten Stoff geht auf Leipziger Mordfall zurück ➔ erregt großes Aufsehen, weil die Zurechnungsfähigkeit des offenbar geisteskranken Täters diskutiert wurde ➔ medizinischen Gutachten dienten Büchner als Grundlage nach der äußeren Handlung nach handelt es sich um ein Eifersuchtsdrama, aber es gibt nicht eine Vielzahl weiterer Motive: Wahnsinn Triebhaftigkeit soziale Ungleichheit Sprachlosigkeit Isolation Themenkomplexe werden durch Figur Woyzeck zusammengehalten ➔ Tat auf vielfältige Weise motiviert: Armut und Soziologie-ökonomische Abhängigkeit rauben ihm die Zeit mit Marie und seine physische Gesundheit ➔ Erbsenexperiment Szenen mit Marie fast ausschließlich Abschiedsszenen finanzielle Armut zugleich sprachliche Armut ➔ Woyzeck ringt immer wieder vergeblich um Worte, es gelingt ihm aber nicht, sich verständlich zu machen ➔ Entfremdet sich von seiner Umwelt und von sich selbst ➔ Anstatt die Ursachen für seine Not zu erkennen, verfällt er in eine Mischung aus Wahnsinn und Aberglauben sein Freund Andres zeigt sich desinteressiert und führt seine Situation auf ein Fieber zurück Wahnsinn: Schon in der ersten Szene wird der Leser mit seinen Warnvorstellungen konfrontiert Stimmen unter der Erde treiben ihn schließlich zum Mord Soziales Drama: Nach Dantons Tod wird das einfache Volk ins Zentrum gestellt ➔ etablierte Klasse des Bürgertums steht ihr gegenüber ➔ repräsentiert durch den Doktor und den Feudaladel ➔ Lebensstil und Philosophie kommen in der Figur des Hauptmanns zum Ausdruck Woyzeck wird vom Hauptmann und vom Doktor in der dritten Person angesprochen ➔ als Objekt betrachtet Auf Ebene Autor -LEser ist Verhältnis zwischen Charakterisierung und Typisierung genau umgekehrt: Nur die Armen haben einen eigenen Namen, die Adligen sind dagegen Typen Zahlenverhältnis aufschlussreich: Vertreter der Oberschicht (Hauptmann, Doktor) steht eine ungleich größere Menge des Volkes gegenüber, das sich untereinander jedoch nicht versteht Aufklärungskritik: Reden des Doktors und des Hauptmanns zeigen, dass das humanistische Erbe der Aufklärung und Kunstperiode zu bloßen Worthülsen verkommen sind ➔ haben genau wie die Religion keine systemverändernde, sondern gesellschaftsstabilisierende Wirkung Begriffe Tugendhaftigkeit und Freiheit sind sinnentleert damit Verbundenen Konzepte sind ein Privileg der Reichen und Gebildeten idealistische Menschenbild der Klassik erweist sich als wirklichkeitsfern und elitär romantische Empfindsamkeit des Hauptmanns zeigt die Falschheit dieser Haltung ➔ Muss weinen, wenn er seinen Rot ab der Wand hängen sieht, das Schicksal Woyzecks ist ihm aber egal Im Doktor begegnet der Fortschrittsglaube der Aufklärung in seiner pervertierten Form: er dient nicht dem Menschen, sondern der Karriere einzelnenr Fazit: Alles was ursprünglich der Motor der bürgerlichen Emanzipation war, ist zum Machtinstrumen und zur leeren Sprachlose verkommen ➔ Projekt der Aufklärung ist gescheitert Natur: weder harmonistisches Ideal (Klassik) noch entschlüsselbar (Aufklärung) oder Auslöser metaphysischer Sehnsucht (Romantik) ➔ im wahrsten Sinne des Wortes: unheimlich ➔ durch Gewalt und Triebhaftigkeit bestimmt und kein Symbol der Freiheit, sondern der Gefangenschaft Wirtshausszene: Woyzeck beobachtet Marie und den Tembourmajor von außen beim Tanzen ➔ drastische Schilderung der Sexualität, Verzweiflung Woyzecks Freies Feld: Der Boden ist hohl➔ nicht nur Kultur, sondern auch auch Naturdemnach bloß Fassade ➔ Woyzeck selbst ist nicht frei, sondern in seinen Warnvorstellungen gefangen Abend. Die Stadt in der Ferne: An sich romantisches Szenario wird zum Tatort Nihilistisches Fazit: Weder Natur noch Zivilisation bieten einen Ausweg Sichtweise wird illustriert durch das Antimärchen der Großmutter ➔ Kontrafaktur des Sterntalermärchens und der "sieben Raben"
Formales offenes Drama, aber der Text ist nur als Fragment überliefert und die von Büchner intendierte Szenenfolge bis heute nicht mit Sicherheit konstruiert Figuren: erste dt. Tragödie, in deren Zentrum ein Angehöriger der Unterschicht steht ➔ Radikale Suspendierung der Ständeklausel ähnlich im Lustspiel "Leonce und Lena" Figuren erscheinen nicht als Handlende, sondern Getriebene ➔ soziale und biologische Determiniertheit sind nicht in der Lage, über ihre Situation zu reflektieren, noch können sie die zugrunde liegenden Zusammenhänge durchschauen Das Drama bedarf also interpretatorischer Kommentare körperliche Dimension der Figuren gewinnt im offenen Drama an Bedeutung hohe Anzahl von Personen und Aufhebung der klassischen Figurenkonstellation ➔ Woyzeck hat keinen gleichbedeutenden Antagonisten ➔ ihm gegenüber steht die Umwelt er ist kein Held, sondern ein Anti-Held Handlung: es fehlt der gesamte gestufte Aufbau und die Gliederung durch Akte, da es keine in sich geschlossene Handlung gibt, stehen die einzelnen Szenen meinst unvermittelt nebeneinander- und lassen sich problemlos austauschen ➔ nicht die Funktion, die Handlung voranzutreiben, sondern Ausschnitte aus Woyzecks Leben zu vermitteln ➔ szenischer Aufbau einzelnen Szenen sind nicht nur die Handlung miteinander verknüpft ➔ Anstelle des kausalen Verknüpungsprinzip treten nach Volker Klotz Variation, Kontrast und metaphorische Verklammerung Variation: bestimmte Szenentypen kehren in versch. Varianten immer wieder: zB 3 Wirtshausszenen, in denen das selbe Motiv (Sexualität, Gewalt) auf unterschiedliche Weise dargestellt wird: 1. Wirtshaussszene: Marie tanzt mit Tambourmajor 2. Tambourmajor und Woyzeck kämpfen 3. Woyzeck tanzt nach dem Mord mit Käthe Kontrast: Szenen sind einander kontrastiv zugeordnet: v.a. durch Handlungsort: Freies Feld vs. Maries Kammer; Stadt vs. Natur, Draußen vs. Drinnen Metaphorische Verklammerung: bestimmte Metaphern durchziehen leitmotivisch das Drama: halten die zersprengte Handlung auf sprachlichen Ebene zusammen ➔ Wortfeld Blut und die Farbe rot Offener Schluss: es steht nicht fest, ob Teichszene wirklich die letzte Szene ist, es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob sich Woyzeck in dieser Szene das Leben nimmt Einheit des Ortes und der Zeit ist aufgebrochen, bestimmte Szenen können als simultan betrachtet werden ➔ zB Rasierszene und die Verführszene in Maries Kammer Im offenen Drama kann der Sinnzusammenhang nicht im Dialog deutlich werden. Die Figuren können schließlich ihre eigene Situation nicht überblicken und leiden an Sprachlosigkeit ➔ es bedarf eines Kommentars ➔ wird meistens Nebenfiguren in den Mund gelegt und formal vom Rest abgehoben ➔ in epischer Form dargeboten Ausführungen des Marktschreiers Märchen der Großmutter "Predigt" des Handwerksburschen vom Wirtshaus Sprache: Stil: Figuren durch Sprachstil gekennzeichnet mundartliche Färbung Umgangssprache vs. Hochsprache Sprache des Doktors zur Groteske gesteigerte Wissenschaftssprache ➔ Fach- und Fremdwörter, komplizierter Satzbau Satzbau: beim einfachen Volk: Parataxen, Ellipsen, Anakoluthe Metaphorik: nicht der Mythologie, Geschichte und Literatur entnommen, sondern aus der Bibel, Volksliedern und Märchen Dialog/Monolog: Figuren reden aneinander vorbei ➔ Dialoge scheitern es gibt aber wenige Monologe ➔ Figuren sind sich schließlich ihrer Situation und der Zusammenhänge nicht bewusst!
Historischer und geistesgeschichtlicher Hintergrund soziale Frage Industriailisierung und Verstädterung ➔ Entstehung des Proletariats ➔ Verelendung der Abeiterschicht, insbes. in den großen Städten, aber auch in den Provinzen all Marx Geschichtsphilosophie: "historischer Materialismus" ➔ gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein ➔ nicht die Ideen, sondern die materiellen Verhältnisse sind demnach der Motor der Geschichte ➔ Geschichte läuft dabei nach klaren Gesetzmäßigkeiten ➔ Geschichte der Klassenkämpfe und Revolutionen Aufstieg der Naturwissenschaften Positivismus_ Nur was sich auf empirische Daten stützen kann,lann anspruch auf wissenschaftliche Gültigkeit erheben ➔ Forderung nach absoluter Objektivität Taine entwickelt eine positivistische Geschichtsphilosophie, die auf den Determinanten Rasse, Milieu und historisches Moment beruht Darwins Evolutionstheorie weitergeführt von Erst Haeckel ➔ betont universale Gültigkeit des Kausalitätsprinzips und negiert den freien Will ➔ Alles hat seine Ursache Feuerbach: Religion als Projektion Fazit: der Mensch als biologisch und sozioökonomisch bedingtes Produkt der Faktoren Erbgeburt, Milieu und geschichtliche Situation klassische Drama ➔ Selbstbestimmung des Individuums zur Voraussetzung dramatischer Konflikte ➔ muss anachronistisch erscheinen literarische Einflüsse aus dem Ausland: Frankreich: Zola: 20-bändiger Romanzyklus ➔versucht über 5 Generationen die Auswirkungen des Erbguts und des Milieus aufzuzeigen Skandinavien: Dramen Strindbergs und Ibsens ➔ Büchigkeit der bürgerlichen Weltordnung wird aufgezeigt Russland: Tolstoi und Dostojevski Vorläufer in D.: Büchner, Hebbel und der bürgerliche Realismus (Fontane)
Kunst- und Selbstverständnis der Naturalisten konsequentester Vertreter: Arno Holz und Johannes Schlaf➔ verstanden die von ihnen entwickelte Kunstform als Revolution Begriff Moderne taucht erstmals im Zusammenhang mit dem Naturalismus auf Von dem Umfeld wurden die Naturalisten aufgrund ihres Senudngsbewusstseins als neue "Stürmer und Dränger" verspottet Ziele: Idealismus zu überwinden, stattdessen die empirische Wirklichkeit, analog zu den Naturwissenschaften, möglichst detailgenau und objektiv wiederzugeben Dichter als Beobachtet ➔ Vermeidung jeder Form von Künstlichkeit Arno Holz bringt Kunstverständnis auf eine mathematische Formel: Kunst=NAtur-x ➔ Ziel: Das x möglichst klein zu halten Neben Methode sollten auch die Inhalte der Naturwissenschaft in die Kunst einfließen: soziologische, psychologische und biologischen Determinanten menschlichen Verhaltens, die durch die Wissenschaften aufgezeigt worden waren, sollten in der Kunst sichtbar gemacht werden ➔ Ideal der Milieutreue Themen der Naturalisten Großstadt, Armut, Bürgertum vs. Proletariat eterminiertheit des Menschen ➔ Ersetzung des antiken Schicksals durch Milieu, Vererbung, Triebe Darstellung des Hässlichen: Alkoholiker, Prostituierte, Kranke usw. im Zentrum ➔ Antihelden eigener anspruch nach neutraler und absichtsloser Darstellung der Wirklichkeit ➔ implizit durchaus gesellschaftskritisch adäquateste Gattung: Drama ➔ Autor tritt am stärksten in den Hintergrund Wichtigsten Kennzeichen bzw. Drstellungsmitteln: Sekundenstil: Größtmögliche Annäherung der Erzähltest an die erzählte Zeit Photographische Methode:Verdrängung der Hochsprache zugunsten einer möglichst exakten Nachahmung der natürlichen Sprechweise Anakoluthe, Ellipsen, Stottern, Stammeln, grammatikalisch falsche Umgangssprache, Atempausen, Versprecher, Soziolekt, Psycholekt, Dialekt, Idiolekt Verzicht auf Monologe und Beiseite-sprechen ➔ unnatürliche ➔ Aufwertung des stummen Spiels keine progressiven Dialoge, sondern Zustandsdialoge ➔ Wiederholung von Äußerungen, Sprache und Verhalten der Figuren werden durch äußere Impulse gelenkt, zB Hintergrundgeräusche ➔ Figuren reagieren auf ihre Umwelt Bühnenbild erhält stärkeres Gewicht ➔ von den Autoren minutiös festgeschrieben Umfangreiche Regieanweisungen entsprechen dem Anliegen, die Wirklichkeit möglichst detailgetreu wiederzugeben Handlung tritt in den Hintergrund, nach Holz lediglich Mittel zum Zweck ➔ im Zentrum stehen die Charaktere und die Atmosphäre Beschränkung auf wenige Figuren ➔ diese möglichst realistisch darstellen ➔ psychologische Genauigkeit Einheit der Zeit und des Raumes werden streng gewahrt ➔ Zimmerdramen ➔ Erhöhung der Wahrscheinlichkei, bedrückende Darstellung der Enge des Milieus und der Befangenheit des Menschen Auflösung des geschlossenen Dramenaufbaus ➔ Ziel ist es nicht, eine in sich abgeschlossene Handlung darzustellen, sondern einen flüchtigen, dafür aber realistischen Wirklichkeitsausschnitt wiederzugeben -> Vorliebe für analytischen Hanldungsaufbau, Entwicklung findet jedoch nicht statt ➔ reine Zustandsbeschreibung Neutralität und Objektivität ➔ Ende des pädagogischen Anspruchs des Theater Naturalismus eine heterogene Bewegung und für viele Vertreter nur ein Durchgangsstadium .➔ Unterscheidung der Werke Gerhard Hauptmanns (konsequenter Naturalismus) von Arno Holz war nur von kurzer Dauer und wurde bald von anderen Strömungen abgelöst, dennoch bleibenden Einfluss für dt. Literaturgeschichte Erschließt neue Themenbereiche für die dichterische Darstellung Natürliche Sprache
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