Politik/ Wirtschaft/ Gesellschaft
Es ist notwendig, die Fülle von Elementen, die zu einer Gesellschaft wie der unsrigen gehört, zu ordnen, um sie beschreib- und durchschaubar zu machen. In den Sozialwissenschaften wird eine solche Ordnung dadurch erreicht, dass man zuerst die Bereiche Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unterscheidet.
Man kann dann sagen, dass Politik der Bereich der sozialen Wirklichkeit ist, in dem mit Mitteln der Macht die soziale Ordnung für jedermann verbindlich geregelt wird, damit Konflikte gewaltfrei ausgetragen werden können. Wirtschaft ist dagegen der Bereich, in dem die Lebens- und Produktionsmittel hergestellt, gekauft und verkauft werden, und damit die Versorgung gesichert wird. Und unter Gesellschaft versteht man dann die Formen des Zusammenlebens im weitesten Sinn.
Was ist „Soziale Wirklichkeit“?
Teilbereiche:
Politik; Beispiel: Parteien
Wirtschaft; Beispiel: Werbung
Gesellschaft; Beispiel: Familie
Diese Bereiche lassen sich in der Wirklichkeit nicht so streng trennen, wie wir es hier in der Theorie tun. Politische Entscheidungen beeinflussen die Wirtschaft und die Gesellschaft; ebenso wie umgekehrt wirtschaftliche Entwicklungen sich auf die Politik auswirken und gesellschaftliche Veränderungen auch die Wirtschaft und die politische Entwicklung berühren. Es besteht sozusagen in allen drei Bereichen eine Wechselwirkung.
Sozialstruktur
Diese Unterscheidung ist sinnvoll, weil sie die soziale Wirklichkeit für uns überschaubarer macht. Wenn wir im Folgenden die „Sozialstruktur der Bundesrepublik Deutschland“ betrachten, dann können wir uns ganz auf die Formen des Zusammenlebens konzentrieren. Die Frage ist nun nach welchen Prinzipien unser soziales Leben aufgebaut ist und welche Elemente für die Gesellschaft in unserem Land die wichtigsten sind. „Sozialstruktur“ meint also die wesentlichen Bausteine unserer Gesellschaft und die Art und Weise ihres Zusammenhalts.
2.1 Die Bevölkerungsstruktur
Auch wenn wir die Perspektive der Gesellschaft einnehmen, bleibt der Mensch das wichtigste Element in ihr. Die Zahl der Menschen, ihr Alter, die Verteilung nach Geschlechtern – das sind grundlegende Elemente für die Struktur einer Gesellschaft. Die Gesamtbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland betrug 2010 81,75 Millionen. Sozialwissenschaftler bemühen sich, mit statistischen Mitteln die Bevölkerungsstruktur einer Gesellschaft zu erfragen und darzustellen. Die Erkenntnisse, beziehen sich zunächst auf einfache biologisch bedingte Tatsachen. Wie viele Frauen und Männer gibt es in einer Gesellschaft; wie stark sind die jeweiligen Jahrgänge? Festgestellt werden kann die Größe der Bevölkerung im Kindes- und Jugendalter, im erwerbsfähigen Alter, im Rentenalter.
Altersstruktur
Vergleicht man das Bild der Bundesrepublik Deutschland von 2010 mit dem Deutschen Reich von 1910, so kann man sagen, dass die Altersstruktur 1910 eine gleichmäßig nach oben abnehmende Pyramide darstellt, dass die jüngeren Jahrgänge jeweils größer sind als die älteren, während eine solche gleichmäßige Verteilung 2010 nicht mehr existiert.
Geburtenrückgang
2010 gibt es in Deutschland mehr Alte als Junge: Die Generation der unter 20-Jährigen ist mit 19 % kleiner als die Generation 60 + (26 %). Es ist also in Deutschland ein erheblicher Geburtenrückgang zu verzeichnen. Solche Erkenntnisse sind nun für die gesellschaftliche Entwicklung und vor allem für die Planung politischer Maßnahmen von erheblicher Bedeutung. Beispiel :
Die Altersversorgung ist in der Bundesrepublik Deutschland darauf aufgebaut, dass die von der erwerbstätigen Generation bezahlten Rentenbeiträge an die Nicht-mehr-Erwerbstätigen ausbezahlt werden. Dieses System funktioniert nur solange, wie die Generation der heute 20- bis 60-jährigen die Zahl der Rentner deutlich überwiegt. Wenn aber diese Generation ihrerseits ins Rentenalter kommt, dann werden aufgrund des starken Geburtenrückgangs sehr viel weniger Menschen berufstätig sein, und die Belastung für die Altersversorgung der Elterngeneration für jeden Einzelnen sehr viel höher.Und ein weiteres Beispiel zeigt, dass die Bevölkerungsstruktur allein bisweilen auch zu falschen Prognosen und Planungen führen kann, wenn man nicht mitbedenkt, dass innerhalb einer Gesellschaft auch Verhaltensänderungen möglich sind:
Beispiel: Als sich in den 80er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland zeigte, dass die Hochschulen und Universitäten zunehmend überlastet sind, weil immer mehr Menschen studieren wollten, und die Hochschulen dennoch nicht erweitert wurden, war die Politik vor die Frage gestellt, wie sie mit diesem Problem umgehen soll. Man betrachtete also die Bevölkerungsstruktur und stellte fest, dass statistisch gesehen die Studentenzahlen spätestens 1990 deutlich abnehmen müssten, weil dann die geburtenschwachen Jahrgänge an die Hochschulen kommen würden. Wenn die Gesamtzahl der Kinder, die überhaupt studieren können, kleiner ist, dann müsse auch die Zahl der Studenten geringer werden. Eine Erweiterung der Hochschulen, so die Überlegung der Bildungspolitiker, wäre also überflüssig und teuer. Leider wurde übersehen, dass sich das Verhalten bezüglich des Ausbildungsweges mittlerweile verändert hatte. Zwar sind insgesamt weniger Kinder im hochschulfähigen Alter, aber der Prozentsatz der Studierwilligen ist enorm angestiegen, so dass die Hochschulen und Universitäten jetzt noch stärker überlastet sind als in den 80er Jahren.
Gravierender aber als die Bevölkerungsstruktur wirkt sich die Art und Weise der Produktion auf die Formen des menschlichen Zusammenlebens aus.
Aufgaben zur Selbstüberprüfung
1. Beschreiben Sie kurz, wie sich die Bevölkerung des Deutschen Reiches 1910 altersmäßig zusammensetzte.
Es gab wesentlich mehr junge als alte Menschen. Je höher das Alter, desto weniger Menschen gab es.
2. Wie setzt sich die Bevölkerung des Bundesrepublik Deutschland 2010 altersmäßig zusammen?
Die Jüngsten sind nicht mehr am stärksten vertreten. Die über 60-Jährigen sind zahlreicher als die unter 20-Jährigen.
3. Welche Tendenz erkennen Sie im altersmäßigen Aufbau der deutschen Gesellschaft, wenn Sie die beiden Aussagen von 1. und 2. gegenüberstellen?
Im Vergleich zwischen 1910 und 2010 hat sich der altersmäßige Aufbau der Gesellschaft verändert. In der Gesamtbevölkerung sind nicht mehr die ganz Jungen am stärksten vertreten. Vergrößert hat sich die Anzahl der Älteren. In den kommenden 30 Jahren zeichnet sich eine „Vergreisung der Gesellschaft“ ab.