Klinische Neuropsychologie - Aufmerksamkeitsstörungen

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Zusammenfassung von Kapitel 4 aus: Sturm, Herrmann, Münte (2009): Lehrbuch der klinischen Neuropsychologie
Joney Stoney
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Resumen del Recurso

Pregunta Respuesta
Allgemeines Aufmerksamkeit im Alltag sehr wichtig; beteiligt an inneren (u.a. Problemlösen) und äußeren (Beobachtung, Handlungskontrolle) Prozessen Konzeptuell und funktionell schwer von anderen kognitiven Funktionen abgrenzbar; wahrscheinlich Netzwerk statt einheitlicher Funktion Neben Gedächtnisstörungen eine der häufigsten Folgen nach Hirnschädigung
Klinische Aspekte von Aufmerksamkeitsstörungen Diagnose essentiell für weitere Behandlung, jedoch schwierig durch häufig gleichzeitiges Auftreten von Gedächtnis- Sprach- und Wahrnehmungsstörungen: -Subjektiv meist Beeinträchtigungsfokus eher bei Gedächtnisproblemen oder Ermüdbarkeit und gesteigertem Schlafbedürfnis -Beschwerden relativ stabil über größeren Zeitraum -Kein direkter Zusammenhang mit Schwere des Traumas Störung oft nicht unmittelbar erkennbar Ohne Diagnose Versuch der Kompensation durch mehr Anstrengung => allgemeineÜberlastung
Neuropsychologische Aufmerksamkeitskonzepte Aufmerksamkeit ist keine einheitliche Funktion => uneinheitliche Störungsbilder je nach Lokalisation der Schädigung Mindestens 4 Aufmerksamkeitsfunktionen: 1. Alertness (Aufmerksamkeitsaktivierung) 2. Sustained Attention (Daueraufmerksamkeit) 3. Selective Attention (selektive/fokussierte Aufmerksamkeit) 4. Divided Attention (geteilte Aufmerksamkeit) 1 und 2: Intensitätsaspekt 3 und 4: Selektivitätsaspekt
Aufmerksamkeitsnetzwerke nach Posner et al. (1994) 3 Aufmerksamkeitsnetzwerke (Dimensionen): Vigilance (intensität), Orienting (räumliche Aufmerksamkeit), Executive Attention (Selektivität)
Aufmerksamkeitsdimensionen: Aufmerksamkeitsintensität Vigilance (Bereich, Paradigmen) Vigilance Alertness: Zustand allgemeiner Wachheit, 3 Arten: 1. phasisch: kurzfristige Steigerung der Aufmerksamkeit nach Hinweisreiz 2. intrinsisch: Modellierung der Aufmerksamkeit in Erwartung eines Ereignisses 3. tonisch: Allgemeine, physiologische, Körperbezogene Reaktionsbereitschaft Paradigmen: Einfache visuelle oder auditive Reaktionsaufgaben ohne (Aktivierungsniveau) oder mit Warnreiz (phasische Aktivierung) Bei Schädigung: Schwer ansprechbar, zeitliche, örtliche und persönliche Desorientierung, allgemeine Verlangsamung, geringe Belastbarkeit
Aufmerksamkeitsdimensionen: Aufmerksamkeitsintensität Vigilance (Bereich, Paradigmen) Daueraufmerksamkeit: Alle Situationen, die längere Aufmerksamkeitszuwendung verlangen Paradigmen: Langandauernde einfache Signalentdeckungsaufgaben, hoher Anteil relevanter Stimuli Bei Schädigung: Hohe Bedeutung im Alltag, starke Einschränkungen Vigilanz: Spezielle Form der Daueraufmerksamkeit Paradigmen: Langandauernde monotone Signalentdeckungsaufgaben, niedriger Anteil relevanter Stimuli
Aufmerksamkeitsdimensionen: Aufmerksamkeitsintensität (Funktionale Netzwerke) Funktionale Netzwerke: Hirnstammanteil Formatio reticularis (v.a. noradrenerge Kerngebiete), präfrontaler Kortex, Dorsolateraler und inferiorer parietaler Kortex der rechten Hemisphäre, Intralaminare und retikuläre Thalamuskerne, Anteriorer Anteil des cingulären Kortex Theorie eines fronto-thalamischen gating-Systems: Netzwerk mit anteriorem Cingulum in zentraler Funktion (Kontrolle und Kanalisierung der vom Hirnstamm stammenden Aufmerksamkeitsaktivierung) Gleiches System wohl auch zur Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit nötig Zusammenhang zu Neglect: auch teils nach rechtshemisphärischen Läsionen, teilw. Verbesserung durch Aufmerksamkeitstraining
Aufmerksamkeitsdimensionen: Räumliche Aufmerksamkeit (Bereich, Paradigmen) Orienting Bereich: Räumliche Verschiebung des Aufmerksamkeitsfokus; 3 Leistungen vonnöten: Disengage: Loslösung von bisherigem Reiz Shift: Verschiebung der Aufmerksamkeit Engage: Fokussierung des neuen Reizes Offene und verdeckte Verschiebung des Aufmerksamkeitsfokus: Bei verdeckter Verschiebung Orientierung zu neuen Zielen im Raum zeitlich vor Augenbewegung Paradigmen: Aufgaben, welche den räumlichen Wechsel des Aufmerksamkeitsfokus durch räumliche Hinweisreize provozieren (Bspw. Pfeile nach links/rechts)
Aufmerksamkeitsdimensionen: Räumliche Aufmerksamkeit (funktionale Netzwerke, selektvie Beeinträchtigung) Funktionale Netzwerke: Inferiorer Parietalkortex (disengage), Colliculi superiores (shift), posterior-lateraler Thalamus, insb. Pulvinar (engage) Selektive Beeinträchtigung: Posteriorer Parietallappen: Disengage-Störung, wenn Aufmerksamkeit in zur Schädigung kontralaterale Raumhälfte verschoben werden soll (Ursächlich für Halbseitenneglect) Colliculus superior/benachbarte Gebiete: Shift-Störung Pulvinar und posterior-lateraler Thalamus: gestörte Fixierung, kontralateral Zudem: Aufmerksamkeitsorientierung an okulomotorische Prozesse gebunden Cross-modale Ausrichtung d. A.
Aufmerksamkeitsdimensionen: Aufmerksamkeitsselektivität (Bereich und Paradigmen) Executive Attention Fokus auf aufgabenrelevante Asspekte, Unterdrückung von Distraktoren Selektive Aufmerksamkeit: Räumt bestimmten Reizen hohe Priorität ein => moduliert Ansprechbarkeit auf bestimmte Reizkonstellationen, durch externe Faktoren (hervorstechende Reize) oder interne (Aufgabenstellung oder Erwartung) Fokussierte Aufmerksamkeit: Isolierung eines spezifischen Realitätsausschnitts zur genaueren Analyse Aufrechterhaltung des Fokus unter ablenkenden Bedingungen, Unterdrückung der Interferenz aus parallelen automatischen Verarbeitungsprozessen Paradigmen: Wahlreaktionsaufgaben (selektive A.), Aufgaben mit Störreizen zwecks Distraktion (fokussierte A.) Geteilte Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeitsflexibilität (divided attention) Paradigmen: Aufgaben, welche eine verteilung der Aufmerksamkeit auf mehrere "Informationskanäle" erfordern (Bspw. Dual-Task), Aufgaben zur Erfassung der "kognitiven Flexibilität" (Wechsel zwischen verschiedenen Quellen) Untersuchen Kapazitätsgrenzen
Aufmerksamkeitsdimensionen: Aufmerksamkeitsselektivität; selektvie und fokussierte Aufmerksamkeit (Funktionale Netzwerke und Störungen) Selektive und fokussierte Aufmerksamkeit: Funktionale Netzwerke: fronto-thalamische Verbindungen zum Nucleus reticularis des Thalamus, anteriores Cingulum (?), Inferiorer frontaler Kortex insbesondere der linken Hemisphäre (Inhibition?) Rechte Hemisphäre: Dominanz globale A. (Gyrus angularis) Linke Hemisphäre: Dominanz lokale A. (linker inferiorer occipitaler Kortex) Selektive Aufmerksamkeitsaufgabe: (Form, Farbe et.c beachten): Linker lateraler orbitofrontaler Kortex (evtl. Inhibition nicht geforderter Stimuli), Basalganglien, posteriorer Thalamus Frontalläsionen: Erhöhte Ablenkbarkeit, teils Orientierungsreaktion nach jedem neuen Reiz; Extremform: environmental dependency syndrome
Aufmerksamkeitsdimensionen: Aufmerksamkeitsselektivität; geteilte Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeitsflexibilität (Funktionale Netzwerke und Störungen) Geteilte Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeitsflexibilität: Funktionale Netzwerke: Präfrontaler Kortex (bilateral), vordere Abschnitte des Cingulum Verringerte Aktivität in sensorischen Verarbeitungsgebieten => Kapazitätsbegrenzung Nach Schädigung: Reduzierte Kapazität => Probleme mit Teilung, Deautomatisierung von Handlungen (Gehen, Sprechen), Kompensationseinschränkungen durch reduzierte Kapazität
Automatisierte vs. kontrollierte Prozesse Automatisierte Prozesse (bottom-up): Nicht von bewussten Auswahlprozessen abhängig, keine Kapazitätseinschränkungen bei Ausführung einer anderen Aufgabe Zielorientiertes Netzwerk: Posteriore dorso-parietale Regionen & dorso-lateral frontaler Kortex; Auch zentrale Rolle bei exekutiven Funktionen (u.a. AG) => Interaktion zwischen Aufmerksamkeit, Gedächtnis und exekutiven Funktionen Kontrollierte Prozesse (top-down): Bewusste Anstrengung, seriell; Zeitaufwand direkt abhängig von Anzahl benötigter Teilschritte => Starke Überschneidung mit bewusster Entscheidungsbildung und Kontrollprozessen im AG Stimulusabhängiges Netzwerk: Bottom-up-Reiz zieht Aufmerksamkeit auf sich; modelliert auch zielorientierte Aufmerksamkeit => enge Verknüpfung der Netzwerke
Diagnostik Achtung! Diagnostik-Teil stellt lediglich Auswahl an im Buch vorhandenen Verfahren dar! Wichtig u.a. bei Überprüfung auf Fahreignung nach Läsion
Untersuchung der Aufmerksamkeitsintensität Aufmerksamkeitsaktivierung (Alertness): Phasische: Einfache visuelle/auditive Reaktionsaufgaben mit und ohne Warnreiz (aV: Reaktionszeitdifferenz) Intrinsische: (optimales Maß an Aufmerksamkeitsaktivierung): Nur reaktionsgeschwindigkeit ohne Warnreiz Tonische: auch ohne Warnreiz Tests: bspw. Wiener Testsystem (Wiener Reaktionstest; Untertest: Alertness) oder TAP Längerfristige Aufmerksamkeit Daueraufmerksamkeit: Längerfristige Aufmerksamkeit unter hoher Reizfrequenz (bspw. Untertest Daueraufmerksamkeit, Wiener Testsystem) Vigilanz: eingeschränkte Reizbedingungen über langen Zeitraum (bspw. Vigilanztest (Wiener Testsystem) oder KVT (Konzentrations-Verlaufs-Test)
Untersuchung der räumlichen Aufmerksamkeit Fähigkeit zur Verschiebung der räumlichen Aufmerksamkeit zu Zielreizen: Reaktion auf peripheren oder zentralen Hinweisreiz in linker oder rechter Raumhälfte (Peripherie=bottom-up-Verschiebung; Zentral=top-down-Verschiebung) Beispiel: "Verdeckte Aufmerksamkeitsverschiebung" aus der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsüberprüfung (TAP)
Untersuchung der Aufmerksamkeitsselektivität Selektive oder fokussierte Aufmerksamkeit: Rasche Selektion auf Reiz- und/oder Reaktionsseite Auch AG-Prozesse relevant (Abspeichern von Stimulusbedingungen) und Inhibition von Störreizen, Meist Wahl-Reaktionsaufgaben (bspw. Durchstreichtests), => Aufmerksamkeitsbelastungstests d2 oder Untertest (Go-NoGo) aus TAP Spezielle Form der selektiven Aufmerksamkeit: Interferenzanfälligkeit => Stroop-Test Geteilte Aufmerksamkeit, kognitive Flexibilität: Geteilte Aufmerksamkeit: meist Dual-Task-Aufgaben mit "Supervisory attentional control" => flexibler Umgang mit konkurrierenden Infos und Auswahl des richtigen Antwortschemas, bspw. "Trail-Making-Test": rascher Wechsel zwischen Buchstaben und Zahlen Kognitive Flexibilität: schneller Wechsel des Aufmerksamkeitsfokus => Untertest "Reaktionswechsel" aus TAP
Testbatterien -TAP -WAF -Aufmerksamkeitsleistungen im Alltag -Aufmerksamkeitsdiagnostik bei Fahreignungsuntersuchungen
Testbatterien: TAP Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung Eigenschaften: -Computergestützt Aufgabe: -Selektiver Tastendruck nach gut diskriminierbaren, meist sprachfreien Reizen Erfasst: -Klassische Aufmerksamkeit, AG und visuelle Suchbewegungen Abhängige Variable: Reaktionszeit und Fehleranzahl
Testbatterien: WAF Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsfunktionen aus der Wiener Testbatterie Eigenschaften: -Meist visuelle und auditive Modalität => Erfassung modalitätsspezifischer Störungen möglich -Ausschluss der Verfälschung durch Wahrnehmungsbeeinträchtigung: einfache Stimuli, Untersuchung der Wahrnehmungsleistung der Stimuli vor Beginn Erfasst: -Untertests und Module zu allen Aufmerksamkeitsfunktionen vorhanden -Separate Erfassung von automatisierten und kontrollierten Aufmerksamkeitsaspekten durch Intensitätsanhebung ("Popping-out") oder -abschwächung (macht kontrollierte Prozesse nötig)
Aufmerksamkeitsleistungen im Alltag Verhaltensbeobachtung bei Patienten Systematisiert durch Schätzskalen und Fragebögen Beispiel: Ponsford & Kinsella (1991): 14 Items (Ermüdbarkeit, Ablenkbarkeit etc.) mit 5-Punkte-Skala; hauptsächlich nach schweren Schädel-Hirn-Traumata; Fremdeinschätzung
Aufmerksamkeitsdiagnostik bei Fahreignungsuntersuchungen Besonders nach Hirnschädigungen Tests zur Reaktionsgeschwindigkeit, selektiver und geteilter Aufmerksamkeit Beispiele: Tachistoskopischer Verkehrsauffassungstest (TAVT), Wiener Testsystem Zusätzlich: Fahrprobe (Dort jedoch Kompensation durch Erfahrung möglich)
Therapie Verbesserung der Aufmerksamkeitsfunktion durch Simulation einer bestimmten Aufmerksamkeitskomponente (Modellabhängig) Evaluation der Effizienz der Therapieprogramme (3 Ebenen): 1. Trainingsaufgabe = Evaluationsaufgabe Beispiel: Ben-Yishay et al. (1987): Orientation Remediatiion Model (ORM): Behandlung der häufigsten Störungen nach Schädel-Hirn-Trauma: Alertness, Aufmerksamkeitsschwankungen und mangelnde selektive Zuwendunng, Vigilanz und mangelnde/falsche Reaktionsweisen => - Apparatives Training in hierarchischer Reihenfolge; ansteigender Komplexitätsgrad - 5 Übungen, immer in gleicher Reihenfolge spezifisch für die 5 Felder der Aufmerksamkeit - Nur sehr spezifische Trainingseffekte, kein Transfer 2. Evaluation über psychometrische Tests 3. Beurteilung anhand der Auswirkung auf Alltagsleistungen
Therapie/Evaluation mithilfe psychometrischer, trainingsunähnlicher Aufgaben Attention Process Training (ATP; Sohlberg und Mateer, 1987) 5 Übungen: 1. Aufmerksamkeitsfokussierung: Entdeckung auditiver Zielreize 2. Daueraufmerksamkeit: Überwachung auditiver Stimulussequenzen mit steigender Schwierigkeit 3. Selektive Aufmerksamkeit: Sequenzen mit störenden Hintergrundgeräuschen 4. Aufmerksamkeitswechsel: z.B. Additions-/Subtraktions-Flexibilität 5. Aufmerksamkeitsteilung: "Dual-Task", visumotorische und auditive Informationen - Lediglich Verbesserung bestimmter Aufmerksamkeitsfunktionen, geringer Praxisbezug Aber: Vgl. mit KG Verbesserung bei Testleistungen und alltagsbezogenen kognitiven Funktionen
Alertnesstraining bei Halbseitenneglect Verbesserung der Neglect-Symptome nach Daueraufmerksamkeitstraining => evtl. Ausbreitung der Aufmerksamkeitsverteilung von frontalen auf parietale rechtshemisphärische Areale Pilot-Studie: Alertnesstraining bei linksseitigem Neglect: bessere Alertness-Leistung und signifikante Verbesserung bei Neglect => Erhöhte Aktivierung rechts präfrontal und parietal
Auswirkung der Therapie auf Alltagsleistungen Schwierige Erfassung (subjektiv (Fragebögen) oder zu grob (Wiedereingliederung)) Trotzdem einige Studien mit positiven Ergebnissen: verbesserte Fahrfähigkeit, bessere Alltagsbewältigung, Wiedereinstieg in Beruf Allerdings keine systematische Zuordnung zu Aufmerksamkeitsparadigmen möglich
Metaanalyse zur Effizienz von Aufmerksamkeitstherapie Robertson (1990): Training wirkt Neuere Studien: besonders effektiv bei komplexeren Aufmerksamkeitsfunktionen: Strategietraining Park und Ingles (2001): bester Therapieerfolg wenn Training und Testmethode zumindest teilweise ähnlich Wirksamkeit von Aufmerksamkeitstherapie bei Störungen von Alertness und Daueraufmerksamkeit bestätigt
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