Grundbegriff Erziehung

"Erziehung ist eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit und findet vor allem in der Familie sowie durch Institutionen statt."
Man gilt als gut erzogen, wenn man Manieren hat und/oder gehorcht
Erziehung wird in der Öffentlichkeit nur thematisiert, wenn sie scheitert
Erziehung gilt als unverzichtbar
Kant: "Wie kultiviere ich Freiheit bei dem Zwange?"
Erziehung soll einen selbstständigen Menschen und Neues hervorbringen und Grenzen aufzeigen, Befolgen von Regeln üben und Unterordnung lehren
Adorno formuliert Erziehung als "zur Mündigkeit bewegen"; Sinn der "Erziehung" ist die kritische Selbstreflexion und die Autonomie
Erziehung - erzählt
1. Kafka: "Brief an den Vater"
  1. das Werk hebt das asymmetrische Erziehungsverhältnis hervor
  2. "Der Vater hat ein Bild von Erziehung, in dem seine erzieherische Einwirkung die von ihm beabsichtigt Folge hat." (Ursache-Wirkungs-Zusammenhang)
  3. Die Macht des Vaters erscheint dem Zögling körperlich erdrückend
  4. Der Erzähler erlebt eine Welt in welche Regeln nur für ihn, nicht für andere gelten
  5. Erziehung ist für Kafka die schwierigste Aufgabe des Menschen
Der Begriff Erziehung
1. in der christlich-jüdische Tradition ist das Ziel der Erziehung uneingeschränkter Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes und des Gesetzen (hebräisch: "musar")
2. Übersetzung von "musar" in griech. "paideia"
3. paideia meint die freie Selbstentfaltung
4. ...umfasst heute beides (musar + paideia)
  1. Zucht
  2. Gehorsam
  3. Zwang
  4. Unterordnung
  5. Entfaltung
  6. Verbesserung
  7. Vervollkommnung
  8. Förderung
Anthropologische und metaphorische Entwürfe
1. Wenn man über Erziehung nachdenkt, werden immer eigene Erfahrungen durch Auffassungen von Erziehung widergespiegelt
2. Rousseau begreift den Menschen als von Natur aus gut, der Mensch wird von der Gesellschaft verdorben
3. Pestalozzi meint, wenn der Mensch sich selbst überlassen aufwächst, sei er unwissend, leichtsinnig, ...
4. Herder meint, der Mensch ist "der erste Freigelassene der Schöpfung; er steht aufrecht. Die Waage des Guten und Bösen, des Falschen und Wahren hängen an ihm: er kann forschen, er soll wählen."
Erziehungsmetaphoriken
1. stammen nur aus der Perspektive des Erziehers
2. Erzieher als Gärtner
  1. suggeriert erstmal ein freies Entfalten
  2. dahinter steckt pädagogische Führung, ähnlich dem Gedankenexperiments von Rousseau
  3. Gärtner kümmert sich um die Zöglinge und hofft auf Früchte
  4. zum "wachsenlassen" gehören auch Gartenarbeiten
  5. Man geht davon aus, dass man in die natürliche Anlage und Entwicklugn eingreifen muss, um die Natur zunehmend zu verbessern
3. Erzieher als Hirte
  1. Der Zögling findet den richtigen Weg mit Hilfe seines Begleiters
  2. "Die zu Erziehenden haben sich zu ihrem eigenen Wohle der Führung des Hirten der sie leiten wird, unterzuordnen"
  3. Nähe zur Vorstellung des Erziehers als "Anwalt des Kindes", der in Sorge und Fürsorge das Kind behütet
  4. "Der Führer allein kennt den Weg und das Ziel. Der Zögling hat mitunter auch blind und gegen seinen Willen zu folgen."
4. Erzieher als Belehrender
  1. Das Kind wird als "leeres Blatt" verstanden, welches erzieherisch beschrieben werden muss
  2. Das Kind ist nur Material; Form und Inhalt erhält es durch Belehrung und Unterricht
5. Erzieher als Schöpfer
  1. vielschichtige Metapher
  2. z.B. das Kind ist Schöpfer von sich selbst, oder der Erzieher als Architekt bzw. Baumeister
  3. "Das Kind steht im Kontext von Schöpfung und Zeugung [...] einer heilversprechenden, besseren Zukunft"
  4. Für Platon ist die Aufgabe der Erziehung die Zeugung des Schönen, zur Hinlenkung der Wahrheit
6. Erzieher als Aufklärender
  1. "Der Zögling wird 'erleuchtet', um sich der Wahrheit zuzuwenden."
  2. Der Mensch trägt die Möglichkeit der Erkenntnis von Natur aus in sich (Comenius)
  3. Daher kommt die Redewendung, dass jemandem ein Licht aufgeht
7. Erzieher als Schiedsrichter
  1. Erziehung wird als ein "Regelbefolgen" begriffen
  2. Gesellschaftliche Regeln werden gesetzt, in welchen verschiedene Strategien möglich sind
  3. "Erzieher fungiert als Schiedsrichter, scheinbar neutral, unbestechlich, unparteiisch"
  4. "Kontrollgesellschaftsform" >"die Regeln sind das Subjekt des Erziehens"
8. Erzieher als Disziplinierender
  1. Das Tier im Menschen muss gezähmt werden
  2. "...die Natur muss beherrscht und gebrochen werden, damit der Mensch seiner selbst gerecht werden kann." (Pestalozzi)
  3. "Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht." (Kant)
  4. Triebe und Bedürfnissen sollen gesteuert und beherrscht werden
  5. In der Praxis wird dies meist als "Brechen des Eigenwillens verstanden, ist aber so nicht gedacht
Bestimmungen des Erziehungsbegriffs
1. "[...] schärft seine Konturen durch den Zuchtgedanken, durch das metaphorische Feld des Ziehens und der Unterordnung unter ein Allgemeines."
2. Unterordnung ist abhängig vom Erziehungstil und dem sich Unterordnenden
3. Erziehung ist unverzichtbar, wichtig ist Machtstrukturen und Disziplinierung zu reflektieren
4. Intentionale Erziehung
  1. absichtsvolles Tun
5. Funktionale Erziehung
  1. Einflüsse der Erziehung die nicht intendiert sind (z.B. durch Gesellschaft, Medien, Freunde, ..)
6. Ist Erziehung Absicht oder Wirkung?
  1. Absicht: hinter dem erzieherischen Tun liegt eine konkrete Absicht; Wirkungen sind untergeordnet
  2. Wirkung: "sucht das Kriterium von Erziehung in den Wirkungen"

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	Erstellt von Yvonne Heitland vor mehr als 8 Jahre